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Fahren ohne Fahrer

Eine Zeitenwende im Individualverkehr zeichnet sich ab: das selbstständig fahrende, autonome, Auto. Dass es funktioniert, hat der Mercedes S 500 Intelligent Drive jetzt bewiesen.

mid/wop

Das Forschungsauto hat seine eigenständige Fahrt über rund 100 Kilometer auf Land-, Bundesstraßen und Städte im dichten Verkehr mit Bravour absolviert. Und das auf der historischen Route zwischen Mannheim nach Pforzheim, wo Anfang August 1888 Bertha Benz ihre heimliche Fahrt mit dem Benz Patent-Motorwagen Nummer 3 unternahm und damit dem Automobil zum Durchbruch verhalf.

Bis zum Fahren im öffentlichen Verkehr werden noch Jahre vergehen. Die Besonderheit seines wegweisenden Erfolgs ist, dass er nicht durch den Einsatz extrem teurer Spezialtechnologie erreicht wurde. Die autonome Fahrt stützt sich auf seriennahe Technik, wie sie ähnlich heute bereits in der neuen Mercedes E- und S-Klasse im Einsatz ist.

Die Testfahrt verdeutlicht: Das autonome Fahren ist keine Vision mehr. Selbstverständlich saß in dem Mercedes S 500 Intelligent Drive ein Mensch, der im Notfall hätte eingreifen können, doch er musste es nicht. Der autonom fahrende Versuchsträger nutzt die gleichen Sensortechnologien, die ähnlich schon heute in Mercedes-Benz Serienfahrzeugen eingebaut sind. Weiterentwickelt wurden jedoch Anzahl und Anordnung der Sensoren, um beispielsweise Fahrzeugumfeld-Informationen von 360 Grad zu erhalten. Mit der Positionsbestimmung per digitaler Karte und der Analyse des befahrbaren Freiraums plant der Computer des autonom fahrenden Autos die eigene Fahrtstrecke. Das dafür benötigte rechnerische Verfahren erarbeitete die Mercedes-Benz-Forschungsgruppe zusammen mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Für die Fahrt von Mannheim nach Pforzheim haben sie eine dreidimensionale und besonders exakte, digitale Karte der Strecke erstellt, die speziell auf die Anforderungen eines autonomen Fahrzeugs angepasst ist. Sie umfasst neben Straßenverlauf, Anzahl und Richtung der Fahrspuren sowie Verkehrsschildern auch die Positionen von Ampeln. Solche Karten sind eine wichtige Voraussetzung für das autonome Fahren. Mercedes-Benz und "HERE", ein auf digitale Karten spezialisierter Geschäftsbereich von Nokia, werden auch zukünftig bei der Entwicklung "intelligenter" Karten für autonome Autos kooperieren.

Die drei Entwicklungsstufen führen vom teil- zum hoch- und dann erst zum voll-automatisierten autonomen Fahren. Beim teil-automatisierten Fahren muss der Fahrer die automatischen Funktionen ständig überwachen und darf keiner anderen fahrfremden Tätigkeit nachgehen. Beim hoch-automatisierten Fahren muss er das System dann nicht mehr dauerhaft überwachen. Das System gibt aber in seinem Grenzbereich die Fahraufgabe rechtzeitig und mit genügend Zeitreserve zurück an den Fahrer. Beim voll-automatisierten Fahren kann das System alle Situationen autonom bewältigen; der Fahrer muss das System nicht mehr überwachen und darf sogar fahrfremden Tätigkeiten nachgehen. Ebenso ist in dieser Stufe fahrerloses Fahren möglich.

Systeme für teil-automatisiertes Fahren gehören schon heute bei Mercedes-Benz und anderen Autoherstellern zum Angebot: so etwa die Abstandsregelautomatik Distronic Plus mit Lenk-Assistent und der Stop-and-go-Pilot, die das Auto weitgehend automatisch durch den Stau lenken. Das System ist der Kern des "Mercedes-Benz Intelligent Drive". Der Schritt zum hoch-automatisierten Fahren ist laut Bosch gegen 2020 vorstellbar, wenn "Stau-Assistenten" auch für den automatischen Stop-and-go-Verkehr in Baustellen auf Autobahnen gerüstet sein könnten.

Als erster Autohersteller der Welt hat Mercedes-Benz mit dem Forschungsfahrzeug S 500 Intelligent Drive belegt, dass außer auf Autobahnen auch im Stadtverkehr sowie im Regionalverkehr auf Land- und Bundesstraßen autonomes Fahren möglich ist. Aber auch andere Autohersteller wie Audi, BMW, Nissan, Toyota, VW und Volvo forschen in dem Bereich sowie die Zulieferer Bosch, Continental und Schaeffler. Selbst Google, Nokia und IT-Anbieter wie Cisco und IBM wollen in den lukrativen Zukunftsmarkt einsteigen. Denn schon im Jahre 2035 könnten solche Autos etwa drei Viertel aller Neuzulassungen weltweit ausmachen, stellt eine Studie der amerikanischen Unternehmensberatung Navigant Research fest.

Doch das Machbare hat neben technischen und preislichen Hürden auch eine juristische zu nehmen. Denn nach herrschender internationaler Rechtslage wie der Wiener Straßenverkehrskonvention sind nur Personen als Fahrzeugführer erlaubt. Gleichfalls sind für das autonome Fahren auch technische Vorschriften zu überarbeiten, etwa dass verpflichtende Spiegel nun durch Kameras ersetzt werden können. Ganz abgesehen von dem, was die Kfz-Versicherer an Einwende aufwerfen.

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