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Opel Insignia OPC – im Test

Torpedo Rüsselsheim

Opel schickt den Insignia in die OPC-Kraftkammer, 325 Turbo-PS verteilt auf vier angetriebene Räder sind das bemerkenswerte Ergebnis.

Johannes.Gauglica@motorline.cc

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Opel hat die größten Schlagzeilen rund um wirtschaftliche Turbulenzen hinter sich, zur Jagd nach verlorenen Marktanteilen krempelt die europäische GM-Tochter sukzessive ihre Modellpalette um; den Anfang machte 2008 der große Insignia. Das Mittelklassefahrzeug hat sich in der Zwischenzeit als erfolgreich erwiesen, es kommt jetzt auch zu Export-Ehren in Übersee unter dem Namen Buick Regal.

Motorline.cc hat den Insignia bereits in mehreren Versionen getestet, so als Limousine mit Allradantrieb und 220-PS-Benzinmotor und als
Kombi namens Sports Tourer mit 160 Diesel-PS.

Und weil die Herrschaften im hessischen Stammwerk immer schon von großem Sportsgeist beseelt waren, hat man natürlich auch den Insignia zum Trainingscamp ins Opel Performance Center geschickt. 325 PS aus einem 2,8 Liter großen V6-Motor mit Turboaufladung, sechs Gänge, Allradantrieb, und keine falsche Bescheidenheit - was unter dem Kürzel OPC auftritt, ist traditionell kein Tarnkappenbomber.

Beim Insignia sind die OPC-Akzente vergleichsweise sparsam gesetzt; dass sich unser Testwagen nicht im Verkehrsgewühl verstecken kann, liegt an seiner Farbe. Den sowieso nicht kleinen Insignia macht das strahlende Schneeweiß optisch wuchtiger. Während wir also bei der Außenfarbe eine andere Wahl treffen würden, gefallen uns die Räder in Größe 19 Zoll umso besser.

Die Leichtmetallfelgen in mattem Silber sind stilistisch gelungen und im Alltag pflegeleichter als glänzend polierte Hammerln (und dazu auch bedeutend geschmackvoller). Auf dem Kofferraum findet eine Spoilerlippe ihren Platz, sie deutet gemeinsam mit den polyedrischen Auspufföffnungen den „Nachfahren“ an, was da vor ihnen unterwegs ist.

Die Vorderansicht wird von den gierig nach Luft hechelnden Nüstern geprägt, die die Straße inhalieren wollen. Was er in anderen Versionen nur andeutet, darf der Insignia als OPC ohne Hemmungen sein: Sexy. Interessanter Nebeneffekt ist ein für Opel-Fahrzeuge bislang nicht gekanntes Überholprestige, denn auch Bayern-Fahrer setzen mitunter den Blinker und geben die linke Spur frei.

Germany’s Top Model

Der Listenpreis des Opel Insignia OPC beträgt 49.790,- Euro und damit praktisch das doppelte des Einstiegsmodells der Baureihe.

Dazu kommen in unserem Testwagen Extras wie Bi-Xenon-Scheinwerfer mit Kurvenlicht (1.450,- Euro), Frontkamera mit Verkehrsschildererkennung und Spurassistent (698,- Euro), Zweizonen-Klimaautomatik (397,- Euro), die Recaro-Sportsitze (1.772,- Euro), Bluetooth-Freisprecher (483,- Euro), Parkpilot vorne und hinten (537,- Euro), Reifendruckkontrollsystem (247,- Euro) und Diebstahlalarm (430,- Euro).

Alles in allem ergibt sich für das Testauto der Preis von 55.804,- Euro. Der Innenraum wird von den beiden voluminösen Sportsitzen dominiert. Sie bieten den Seitenhalt, den man von ihnen erwartet, und sind ebenfalls erwartungsgemäß keine Fauteuils. Beim Ein- und Aussteigen bemüht man sich automatisch um entsprechend sportlich-elastische Haltung; man möchte ja sein Auto nicht blamieren!

Im Alltag werden die Sitzmöbel nicht zur Qual, auch breiter gebaute Herrschaften finden darin ihren Platz, die hervorragende, weil verstellbare Schenkelauflage soll nicht unerwähnt bleiben. Im Fond geht es zu wie im „normalen“ Insignia, und das bedeutet akzeptable, aber nicht üppige Platzverhältnisse.

Der Coupé-hafte Schwung des Daches zwingt schon zu Zugeständnissen in Sachen Kopffreiheit. Immerhin finden vier bis fünf Personen ihren Platz, dazu kommt ein Kofferraum von 500 Litern Fassungsvermögen. Die dunkelgrau gehaltene Lederausstattung ist mit hellen Ziernähten abgesetzt; quer durchs Interieur erinnern OPC-Logos daran, wo man sich befindet.

Das an seiner Unterseite abgeflachte Sportlenkrad, der griffige Schaltknauf und die Alu-Pedalerie erzählen uns von Nordschleife & Co.: Jockel, Manuel und wir – echte Helden fahren Tourenwagen! Sie haben dabei allerdings kein Navi-Soundsystem und keine Zweizonen-Klimaanlage zur Verfügung, kein Kurvenlicht leuchtet ihnen den rechten Weg zur Ideallinie, und den Tempomaten brauchen sie sowieso nicht.

Mr. Hyde auf Hausbesuch

Es ist nicht so, dass der Insignia OPC seine FahrerInnen mit üppiger Leistung und Traktion stets zu Hetzjagden verleiten würde. Mit dem satten Drehmoment (immerhin 435 Nm) des 2,8l-Turbomotors lässt es sich auch bestens bei knapp über 1.000 Touren dahinbummeln. Allerdings legt man sich zu diesem Zweck kein derart leistungsstarkes Fahrzeug zu.

OPC-typisch ist auch der Fahrkomfort, denn die der Leistung adäquate Bodenhaftung bekommt man um den Preis einer gewissen Straffheit. Man wird allerdings auch nicht durchgedroschen, wie das in manch früherem OPC-Modell vielleicht der Fall war; hier bleibt der Insignia seiner Stärke als Reiseauto treu.

Die eingebaute Dekadenz wird in drei Stufen serviert, die auf Knopfdruck an der mit Knopferln recht überladenen Mittelkonsole abrufbar sind. „Tour“ ist der Modus für den Alltag, hier fährt Dr. Jekyll. Das Auto reicht Kraft und Traktion relaxt an die Außenwelt weiter, das Fahrwerk offeriert den größten Komfort.

Etwas störend beim entspannten Dahinrollen ist das Dröhnen, das bei 2.000 Touren – also in der Praxis beispielsweise bei Tempo 80 auf der Stadtautobahn - den Innenraum erfüllt. Diese Geräuschkulisse ist mag für die einen sportlich sein, für andere ist sie bereits nervtötend.

Im Modus „Sport“ spitzt der große Opel die Ohren und lauscht aufmerksamer den Kommandos vom Fahrersitz. "OPC“ schließlich bedeutet das große Zähnefletschen.

Das Ansprechverhalten wird noch direkter. Dazu erglimmen die Instrumente in sardonischem Rot. Die Lenkung strafft sich, der 1,5 Tonnen schwere Wagen lässt sich präzise auf der Straße platzieren.

Auf kurvigen Bergstraßen hetzt der Insignia mit beeindruckender Leichtfüßigkeit von Kurve zu Kurve. Dabei sind stets Sicherheitsreserven vorhanden, die man nur bei großem Mutwillen ankratzen kann. Flagranten Übermut bestraft das ESP mit kurzzeitigem Spaßentzug, für die nötige Entschleunigung sorgt eine starke Bremsanlage mit mit innenbelüfteten und gelochten Scheiben.

Kontrolle ist besser

Die aktiven Sicherheitssysteme strotzen nur so vor Assistenten und Kontrolleuren: Das ABS kommt mit Bremsassistent und Kurvenstabilitätskontrolle, Geradeausbremskontrolle, Untersteuerungskontrolle und elektrischer Bremskraftverteilung, das ESP kontrolliert nebenberuflich auch die Traktion.

Der Assistent zum Einhalten der Fahrspur beschränkt sich auf akustische Warnungen beim Spurwechsel ohne Blinken. Wir nehmen das System zur Kenntnis, wenngleich wir es nicht für eine essentielle Verbesserung halten.

Das Sechsganggetriebe wird ganz klassisch via Knüppel bedient, die Schaltwege sind Opel-typisch lang, für ein Auto mit sportlichem Anspruch vielleicht eine Spur zu lang.

Um die Kraft der Maschine auch in Antrieb umsetzen zu können, bietet Opel einen cleveren Allradantrieb auf, der auch eine elektronisch gesteuerte Sperre des Mittel- und Hinterachsdifferentials aufweist. Der Mensch wird von diesem System nicht um seine Meinung gefragt, FahrerIn muss/darf vom Cockpit aus keine Einstellungen vornehmen; die Kraftverteilung geschieht per Computer.

Ebenfalls an Bord ist ein adaptives Fahrwerk, das Federn und Dämpfer automatisch an die jeweilige Fahrsituation anpasst. Mit vereinten Kräften ist der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 in sechs Sekunden erledigt. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 250 km/h, weil die Elektronik es so will. Außerhalb der Kriminalliteratur fallen uns keine Notfälle ein, in denen wir mehr benötigen würden.

Der Verbrauch zaubert ein leises Lächeln auf die Lippen jedes Tankwartes; dennoch geht er in Anbetracht der gebotenen Fahrleistungen in Ordnung. Bei längeren sparsamen Etappen konsumierte der Insignia OPC durchschnittlich 11 Liter Superbenzin auf 100 Kilometer; mehr spaßbetonte Fahrweise (dies allerdings auf den Autobahnen im deutschen Nachbarland, wie wir ausdrücklich anmerken möchten!) verschob den Schnitt in Richtung eines Dreizehner-Wertes.

Testurteil

Plus

+ beeindruckende Fahrleistungen
• in seinem Segment faires Angebot
• komplette Ausstattung
• gute Verarbeitung

Minus

- Platzangebot im Fond nicht üppig
- Benzinverbrauch der Leistung entsprechend

Unser Eindruck

Verarbeitung: 1-2
Ausstattung: 1-2
Bedienung: 1-2
Komfort: 2
Verbrauch: 2-3
Fahrleistung: 1
Sicherheitsausstattung: 1

Resümee

Der Opel Insignia OPC weiß noch mehr als andere Modelle aus dem Opel Performance Center Fahrspaß und beeindruckende Fahrleistungen mit Kultiviertheit zu verbinden. Nachdem die Minivan-Modelle von Opel in Zukunft voererst nicht mehr ins OPC-Trainingslager gehen dürfen, ist der Insignia OPC die ideale Besetzung für den schnellen Reisewagen aus Rüsselsheim, gerne auch abseits der Hauptreiserouten!



Weitere Testdetails:

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Techn. Daten, Ausstattung, Preise

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