CLASSIC

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

Geburtsort Weissach

Bei Porsche gehört er zur „erweiterten Familie“: Die Biographie des Herbert Linge ist ein Teil der Firmengeschichte des Stuttgarter Herstellers.

Als Multitalent hat Herbert Linge die Entwicklung des Unternehmens während der vergangenen sechs Jahrzehnte persönlich miterlebt und mitgestaltet. Der ehemalige Werksrennfahrer und Betriebsleiter des Porsche-Entwicklungszentrums in Stuttgart feiert dieser Tage seinen 80. Geburtstag.

Die einzigartige Karriere des „Urgesteins“ begann bereits am 1. April 1943, als der damals 15jährige in die Porsche KG eintrat. Nach dem Krieg kehrte er 1949 zu Porsche zurück und war an der Produktion der ersten in Stuttgart gebauten 356er beteiligt.

1952 entsandte ihn Ferry Porsche nach Nordamerika, wo er entscheidend beim Aufbau des Porsche-Auslandskundendienstes mitwirkte. Nach seiner Rückkehr 1956 ging Linge, neben seiner Arbeit in der Versuchs- und Entwicklungsabteilung, auch für das Porsche-Werksteam als Rennfahrer an den Start.

Mit den Zweirad-Rennen begann er 1951. Im Rennauto saß er erstmals 1954, als Beifahrer von Hans Herrmann bei der Mille Miglia. Bei dieser Gelegenheit entstand das erste professionelle „Gebetbuch“.

Kopf einziehen!

Linge notierte im Training den Streckenverlauf mit Bemerkungen wie „voll“ oder „schnell“. Für „Vollgas“ zeigte er Herrmann im lauten offenen Spyder eine grüne, für „Bremsen“ eine rote Tafel. Hierbei passierte es, dass Herrmann dem in Buch vertieften Beifahrer den Kopf tief ins Cockpit drückte: Ein Bahnschranken hatte sich unerwartet geschlossen - und da gab es nur eins: „Augen zu und unten durch“!

In Le Mans war er 15 mal am Start, Platz 4 im Jahr 1965 mit dem 904/6 war sein größter Erfolg: „Damit haben wir die Indexwertung für das beste Verhältnis von Leistung, Verbrauch und Geschwindigkeit gewonnen“, zeigt sich Linge noch heute stolz.

Im selben Jahr schaffte er auch einen Klassensieg bei der Rallye Monte mit dem 911; es war der erste Renneinsatz des berühmtesten Porsche aller Zeiten.

Über einen Zeitraum von 20 Jahren war er bei zahlreichen Rennen erfolgreich. Insgesamt gehen nicht weniger als 90 Klassensiege und sechs internationale Rekorde auf sein Konto.

Renn- und Filmgeschichte

Als 1970 für den Kinofilm „Le Mans“ ein Double für den amerikanischen Schauspieler Steve McQueen benötigt wurde, startete er beim 24 Stunden Rennen mit einem zum Kamerawagen umfunktionierten Porsche 908/2.

Unter der Nennung von McQueens Firma Solar Productions fuhr das Auto, mit dem McQueen selbst 1970 beinahe die 12 Stunden von Sebring gewonnen hätte, als regulärer Teilnehmer im Rennen mit.

Insgesamt drei Filmkameras waren am Auto montiert, das Wechseln der Filmrollen nahm bei jedem Stop einige Zeit in Anspruch. Der Wagen wurde nicht gewertet, dennoch hätte die fahrerische Leistung von Linge und seinem Teamkollegen Jonathan Williams für Platz 9 im Klassement gereicht.

Als schnellste Kameraleute der Welt haben sie seinen atemberaubenden Inboard-Aufnahmen dafür gesorgt, dass der Film – obzwar ursprünglich kein großer Kassenerfolg - Kultstatus erlangte.

Pionier in Weissach

Mit 42 Jahren beendete Herbert Linge seine Rennfahrerkarriere und wechselte ins damals neu geschaffene Porsche-Entwicklungszentrum Weissach, wo er bis zum Ende seiner beruflichen Laufbahn als Betriebsleiter tätig war. Auch bei der Planung und Konzeption des Entwicklungszentrums hatte Linge von Beginn an maßgeblichen Anteil.

Als Porsche gegen Ende der 50er Jahre ein Gelände zum Bau einer Teststrecke suchte und Ferry Porsche die Betonierung fruchtbarer Felder kategorisch ablehnte, brachte Herbert Linge seine Heimatgemeinde Weissach ins Spiel. Mit der Bemerkung: „Dort wächst nichts außer Schlehen“ konnte er den Porsche-Chef überzeugen, und schon 1961 folgte der erste Spatenstich.

Im Dienst der Sicherheit

Neben seiner Tätigkeit als Betriebsleiter der Porsche-Versuchswerkstätten engagierte sich Herbert Linge in besonderer Weise für die Sicherheit des Motorsports.

Aus seiner langjährigen Rennerfahrung kannte er dessen Gefahren und gründete daher 1972 die Sicherheitsstaffel der der deutschen Sportbehörde ONS.

Auch als Pensionist war Linge ab 1987 weiter auf Rennkursen in aller Welt zu finden. Bis 1990 leitete er die ONS-Sicherheitsstaffel, 1993 übernahm er die Leitung der Markenpokal-Rennserie Porsche Carrera Cup.

Mit Porsche ist Herbert Linge bis heute verbunden: Sein Name findet sich immer wieder auf den Teilnehmerlisten von historischen Motorsportveranstaltungen, wo er als Fahrer von klassischen Modellen wie dem 356, 550 Spyder oder 718 immer wieder Tausende von Zuschauern begeistert.

News aus anderen Motorline-Channels:

Weitere Artikel:

Unter Mithilfe des Gegners

Helden auf Rädern: Wismar Hannover

Die Eisenbahn lukrativ zu betreiben, ist seit jeher ein Problem. Vor fast 100 Jahren zeigte die Waggonfabrik Wismar aber mit dem Schienenbus Hannover, wie ausgerechnet mit Kfz-Technik jede Menge Kosten eingespart werden können.

Pannonia-Historic mit Start in Gols

Oldtimer-Magnet Burgenland

Eine der größten Oldtimer-Rallies, die Int. Vredestein Pannonia-Historic, startet am 6. Oktober in Gols. Das Ziel am 7. Oktober liegt in Halbturn.

Legenden unter sich

Lancia Delta Date in Limburg

Lancia hat die Rallye-Sport- Erfolge des Delta mit einer ganzen Reihe von Sonder- und Kleinstserien gewürdigt, die heutzutage echte Raritäten sind. Einige trafen sich jetzt im hessischen Limburg.

Einen De Tomaso fahren, noch dazu im Alltag, das war gar nicht so schwer. Nur die Begleitumstände machten das Leben des Innocenti Mini, der später zum De Tomaso wurde, etwas wenig glorreich.

Die Mühen vieler Väter

Helden auf Rädern: Audi 60

Schöne Audis heißen Avant. Früher aber nicht, wobei es Anfangs nicht einmal für einen Beinamen gereicht hat. Die „60“ bekam der F 103 als erster Nachkriegsaudi auch erst später verpasst.

In der siebten Ausprägung des Riviera lernte Buick vieles über den Fahrzeugbau. Was man darf. Was man nicht darf. Und was man nur zur rechten Zeit darf.