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Helden auf Rädern: BMW Glas 3000 V8

Die Opfer des Wunders

Weil das Wirtschaftswunder schneller Wohlstand brachte, als es manche Firma recht war, griff Glas mit dem 3000 V8 gleich nach den Sternen. Dazu fehlte es dann aber doch an Strahlkraft.

Hans Glas war gewiss ein cleverer Mann. Schnell auf Änderungen im Markt zu reagieren, lag dem Niederbayern quasi im Blut, sodass er nach dem zweiten Weltkrieg durch den Switch von Landmaschinen zu kleinen und leistbaren Pkw zu einem der ersten Profiteure des Wirtschaftswunders zählte. Sein Goggomobil war für die frühen 1950er die richtige Wahl – leicht zu produzieren, gefällig im Äußeren und leistbar für jedermann. Alles cool soweit, wenn, ja wenn das Wirtschaftswunder nicht weit schneller Wohlstand in die Bevölkerung brachte als das gerade den Produzenten der Minimalmobilität in die Karten gespielt hätte. Schnell wollte man mehr Luxus, Leistung, Status. Billig und einfach? Eher etwas zum abgewöhnen. Die Firma Glas war also unter Zugzwang, denn während sich Mercedes, Porsche oder langsam auch BMW schon die Hände rieben, kämpfte man in Dingolfing mit dem Kampf um die Bedeutungslosigkeit. Man musste also den Schritt nach vorne wagen.

Dies tat man mit unglaublicher Schlagkraft, wenn man sich ansieht, was von Glas in den 1960ern alles auf den Markt kam. Nicht mehr nur Kleinst- sondern auch Kleinwagen, Quasi-Kompaktklassen, kleine Limousinen, es gab wirklich fast eine gesamte Palette, wo natürlich auch das Thema Coupé nicht zu kurz kommen durfte. Und so folgte nach dem 1600er GT dann noch ein Nobelzweitürer oberhalb, der direkt auf die süddeutsche Nobelkonkurrenz abzielte. Niemand geringer als Frua zeichnete für das Design verantwortlich, und vom ursprünglichen Plan, einen Sechszylinder einzubauen, kam man aus Budgetgründen recht schnell ab und setzte auf einen V8. Ja, wirklich, denn so konnte man aus zwei bestehenden Vierzylindern eben einen Acht-Ender zusammenstecken, was natürlich nicht ganz so einfach war, wie es jetzt klingt. Heraus kamen jedenfalls 2,6 Liter Hubraum und 150 PS, gepaart mit technischen Feinheiten wie etwa schon Zahnriementrieb, was seinerzeit seiner Zeit weit voraus war.

Jetzt war es so, dass es am Produkt nichts auszusetzen gab. Der 2600 V8 spielte alle Stückerln, die man sich von einem großen GT nur wünschen konnte. Gerade in den mondänen 1960ern war das ein goldrichtiges Konzept, wenn man sich ansieht, was die noble Konkurrenz von Maserati bis eben Mercedes alles an den Mann brachte – und genau das war das große Problem. Glas, das waren ja die mit diesen Wunzmobilen, den Goggos. Aber von denen etwas großes, starkes, luxuriöses? Der große Glas hatte also nichts anderes als ein Imageproblem, und da half es auch nichts, dass man schon an einer Drei-Liter-Version arbeitete, die 160 PS stemmte und sogar bereits einen 3,2 Liter in der Pipeline hatte. Dazu kamen falsche Sparzwänge, die sich bitter rächen sollten: Wer will etwa ein teures Coupé haben, das zum Beispiel die gleichen Scheinwerfer hat wie ein Mercedes-Lkw?

Nachdem auch die anderen Modelle einfach nicht so zogen, wie der Cash Flow und die gigantischen Entwicklungskosten es benötigt hätten, kam es 1966 wie es kommen musste: Glas war zahlungsunfähig und quasi mit Handkuss sprang BMW ein und übernahm den ganzen Laden. In München fing die Welle des Erfolgs mit der neuen Klasse damals schließlich so richtig zum laufen an, und so störte es nicht weiter, nicht nur eine schöne weitere Fabrik sein Eigen nennen zu dürfen. Auch ein paar Glas, darunter des 1700er GT aber auch der V8 liefen ab sofort unter dem Zeichen des Propellers. Und der eigentliche Clou daran: Die Verkaufszahlen waren für derartige Nischenprodukte jetzt gar nicht so schlecht, wobei man bei BMW schon wusste, dass man hier nur von einer Übergangslösung sprach. Der GT zum Beispiel bekam noch den BMW-typischen Nierengrill verpasst. Beim V8 verzichtete man schon auf derartig teure Lösungen und klebte lediglich die neuen Firmenembleme drauf – das musste für die letzten zwei Produktionsjahre reichen. Denn dann kamen die ersten großen Coupés schon direkt aus München.

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