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Helden auf Rädern: Mazda Rotary Pick-up

Frommer kuppeln

Wenn man ein simples Arbeitstier schon überzeichnet, dann bitte ordentlich. Dass dem Mazda Rotary Pick-up dennoch keine große Karriere zuteil wurde, lag vor allem am schlechten Timing. Aber auch am Charakterdarsteller Wankelmotor.

Die Liga der Pick-ups, also der ursprünglichen, klassischen, das ist eine eher spartanische Angelegenheit. Simpel, robust, viel Blech, wenig Ausstattung, mit dem einzigen und wichtigen Zweck, möglichst lange ohne Ansprüche und Zicken irgendein Zeug durch die Gegend zu führen. Keine Notwendigkeit für irgendwelche Leistungsorgien oder moderne Technik – solange man am Besten nichts investieren und daran arbeiten muss, umso besser. Kein Wunder, dass sich die großen Drei aus Detroit bei dieser Klientel die Hände rieben, denn so konnte man maßlos veraltete Technik nach wie vor massenhaft verkaufen, was auch gut gelang, denn die Preise bewegten sich ewig auf fast schon absurd niedrigem Niveau.

Es ist also nicht ganz klar, was Mazda in den Sinn kam, Anfang der 1970er hier mit einem Modell in den Export zu gehen, dass manche dieser grundlegenden Regeln des Segments über die Ladebordwand warf. Jedenfalls war man seinerzeit in einem so enormen Höhenflug, dass man sich dachte: Die Coolness von RX-3 oder Cosmo, das muss doch auch in so einem Brot-und-Butter-Segment unterzubringen sein. Und so begab es sich, dass 1974 tatsächlich mit dem Rotary Pick-up ein Pick-up auf den Markt kam, der einen Zweischeiben-Wankelmotor unter der vorderen Haube hatte. Unkonventionell definitiv. Aber passend? Da scheiden sich heute noch die Geister.

Man legte sich jedenfalls mächtig ins Zeug. Speziell für den damaligen Traummarkt USA entwarf man eine eigene Karosserie mit ausgestellten Kotflügeln, einem hübschen Innenraum und Fahrleistungen, die praktisch jeden anderen Pritschenwagen damals in den Schatten stellten. Die 135 PS des 1.3 Liter großen Wankels reichten aus, um in nur neun Sekunden auf 100 km/h zu sprinten, was seinerzeit fast schon obszöne Werte waren. Und die 160 km/h Höchstgeschwindigkeit waren vermutlich schon so sündig, dass man sie in den südlichen Bundesstaaten angeblich gar nicht in den technischen Daten angab. Aber hey: Das waren die wilden 70er. Alles war bunt und schrill, die Geister und der Zeitgeist frei schwebend und die Bewusstseinserweiterung aufgrund frisch entdeckter Substanzen auf dem Vormarsch. Warum sollte man nicht also auch einen Pick-up auf Speed bauen dürfen?

Blöd gesagt: Weil das letzte Wort nun einmal immer der Kunde hat. Und der war in dieser Klasse meist Agrarökonom, fern ab der weltoffenen Küstenstädte im Westen und Osten und legte bei seinem fahrbaren Untersatz die gleichen Grundwerte an den Tag wie bei seinem Tagesablauf: fromm, löblich und asketisch. Es war tatsächlich so, dass viele den Rotary Pick-up einfach nicht verstanden. Was soll das ganze überhaupt, wenn die Ladefläche deswegen nicht größer ist? Ganz zu schweigen vom weit anfälligeren Motor, der tatsächlich mehr als nur einen Ölwechsel im Fahrzeugleben braucht als die alten Eisenschweine in den Detroiter Gurken. Und auch die Charakteristik des Wankels lag nicht unbedingt der Stammklientel. 640 Kilogramm Nutzlast in Ehren, aber Überladung gehörte immer schon zu der Grundausstattung eines echten amerikanischen Nutzesels, was den Drehmoment-losen Rotarys natürlich überhaupt nicht lag. Man könnte heute noch Mitleid bekommen mit den armen Kupplungen, die wild schleifend den Heldentot starben, während der Landwirt versuchte, die tonnenschweren Heuballen irgendwie vom Feld zu bekommen.

Obendrein kam dann auch noch die Ölkrise hinzu, die dem mit elf Litern Verbrauch nicht sonderlich fromm lebenden Mazda erst Recht den Garaus machte. Zeitweise war die Nachfrage sogar so mies, dass man in Yokohama die Produktion aussetzen musste, denn in den nur drei Jahren Bauzeit konnte zwar eine fröhliche und treue Kundschaft aufgebaut werden. Die bewegte sich aber meist nur in den südkalifornischen Surfer-Hochburgen, liebte den leichten und überdrehten Lebensstil und konnte mit dem Rotary Pick-up all das ausleben, ohne aber auf amerikanische Grundfeste verzichten zu müssen: Es ist ja immer noch ein Pick-up. 1977 endete der kalifornische Traum nach nicht einmal 20.000 Exemplaren schon wieder, es zahlte sich einfach nicht aus. Die Party war also endgültig vorbei, die nüchternen 1980er bahnten sich langsam ihren Weg in die Verkaufsräume. Und mit ihnen auch moderne Technik, die V8 und Wankelmotor gleichermaßen wieder interessant machten. Aber das sollte erst dem RX-7 zu Gute kommen.

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