CLASSIC

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

Party, Picknick, Pferdestärken

Vom Messerschmitt Kabinenroller bis zum Horch-Unikat - eine unglaubliche Vielfalt für die Besucher der 8. "Classic Days" auf Schloss Dyck.

Text und Fotos: Thomas Lang/mid

In seiner über tausendjährigen Geschichte hat das rheinländische Schloss Dyck (es liegt bei Jüchen, zwischen Mönchengladbach und Düsseldorf) viel gesehen. Belagerungen, Zerstörungen als "Raubritterburg" 1383, im Dreißigjährigen Krieg oder durch Bomben 1945. Aber auch den Bau des heute noch bestehenden Wasserschlosses ab 1645, die Anlage des Parks ab 1779 oder das Zentrum der Landesgartenschau in Nordrhein-Westfalen 2002.

Seit 2006 öffnet die Stiftung, die die Schlossanlage betreut, im August die Anlagen des Parks für die "Classic Days", einer der inzwischen renommiertesten Veranstaltung für historische Automobile in Europa.

Mit den "Classic Days" wollten die Initiatoren Wolfgang Graf Berghe von Trips ehren. Der 1928 geborene, letzte Nachfahre eines der ältesten niederrheinischen Adelsgeschlechter verunglückte in der Formel 1 auf WM-Kurs liegend 1961 in Monza tödlich.

Die Attraktivität der Veranstaltung resultiert jedoch nicht aus musealer Präsentation historischer Automobile, sondern auf dem Treffen von Tausenden von Fahrzeugen aus allen Epochen des Autobaus, die verteilt in den weitläufigen Schlossanlagen unverwechselbare eigenständige Partyzentren bilden, nicht im Geist johlender Ballermann-Exzesse, sondern als Picknick und Treffpunkt für Familien. Generationenübergreifend, friedlich, beschaulich und so voller Überraschungen, dass drei Tage eigentlich nicht ausreichen, um jedes Auto in allen Details zu begutachten.

Das Spektrum der Fahrzeuge, das die "Classic Days" präsentieren, ist mit dem Attribut "atemberaubend" nur unzulänglich beschrieben. Es reicht vom "Quadracycle", dem ersten von Henry Ford 1896 gebauten Auto, bis zum Formel-1-Boliden von Toyota. Das Verhältnis zum Oldtimer an sich und zum eigenen Fahrzeug im Speziellen ist so vielfältig wie die Fahrzeuge.

Ob mit Patina in allen Stadien oder perfekt restauriert ist dem Eigner überlassen. So darf ein Messerschmitt-Kabinenroller aus den Fünfzigern seine Rostflecken auf der matt gewordenen Karosserie ebenso selbstbewusst tragen, wie die von Ergmann & Rossi gebaute Einzelanfertigung eines Coupés auf Horch-Basis aus den Dreißigern ihren auf Hochglanz polierten Neulack.

Bollernde Bentleys präsentieren sich in Aktion ebenso wie Rallye-Boliden aus den Siebzigern und Achtzigern, amerikanische Limousinen aus den Fünfzigern blenden mit größeren Flächen in Chrom, als ein Standardkäfer von 1949 in Blech aufweisen konnte.

Nicht nur die Pkw finden in den Schlossgärten bei Jüchen eine Bühne, auch die Nutzfahrzeuge des Wirtschaftswunders dürfen in perfektem Restaurierungszustand glänzen. Hersteller wie Volkswagen haben den Oldtimer-Trend als einträglichen Geschäftsbereich erkannt und bieten in eigenen Abteilungen jeden Service von der Teilebeschaffung bis zur Vollrestaurierung.

Darum können sich die Besucher nun über "Bullys" aus den Fünfzigern im Neuzustand erfreuen, die ihr Blech für die Deutsche Lufthansa ebenso zu Markte trugen wie für Dr. Oetker oder die Bausparkasse von Schwäbisch Hall.

Ford überführte für die drei Tage ein Dutzend seiner Sammlungsfahrzeuge in den Schlossgarten, Toyota präsentierte Rallye-Autos und eine komplette Ahnengalerie des kompakten Corollas. Mercedes oder Volkswagen zeigten alles auf vier Rädern, was fürs Herumstehen im Museum an so schönen Sommertagen viel zu aufregend ist.

Zum standesgemäßen Auftritt auf Schloss Dyck gehört nicht nur ein historisches Fahrzeug. Auch Garderobe und Musik der Zeit werden von Jahr zu Jahr wichtiger. Von den passenden Accessoires wie Koffer und Picknickkorb bis zum originalen Wohnwagen ganz zu schweigen.

News aus anderen Motorline-Channels:

Weitere Artikel:

Der internationale Kompromiss

Helden auf Rädern: Monteverdi Safari

Wenn keiner mehr luxuriöse Sportwagen möchte, liegt die Lösung nicht immer bei preisgünstigen Modellen. Luxuriöse Offroader sind eine probate Alternative, und so verhalf der Safari Monteverdi zum größten Erfolg der Firmengeschichte.

Wenn Yankees Tee kochen

Helden auf Rädern: Jaguar X-Type

Jaguar ist nicht unerfahren darin, sich neu zu erfinden. Beim X-Type lief eine an sich coole Idee aber aus dem Ruder, weil Ingenieure, Konzernlenker und Strategen alle das Richtige wollten – die Kombination aber nur einen Rohrkrepierer zuließ.

Die Schnellladefläche

Helden auf Rädern: Chevrolet S-10 EV

Noch seltener als der Chevy EV-1 war sein praktischerer und weit patriotischer Ableger. Der S-10 EV war ein Frühversuch elektrischer Nutzfahrzeuge, bei denen den Machern ein entscheidender Fehler passierte.

Gleich, aber nicht

Helden auf Rädern: VW Mitra

Dieser VW Transporter ist kein VW Transporter. Oder zumindest nur teilweise. Jedenfalls nicht so, wie man es anhand der Optik vermuten würde. Eine wirre Geschichte, die nicht lange gutgehen konnte.

Kooperationen und Übernahmen unter Konzernen sind wahrlich keine Erscheinung der Neuzeit. Und dennoch hat der Zusammenschluss, der zum Ford Corcel führte, eine ganz sonderbare Wendung, die zeigt, wie wirr und verworren ehemals die Verbandelungen unter den Autoherstellern waren.