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De-La-Chapelle Typ 55: die 1989 wiedergeborene Legende

Es begann mit einem Bierdeckel

Auf einen eben solchen soll Jean, Sohn des genialen Automobil-Konstrukteurs Ettore Bugatti, 1932 angeblich mit wenigen gekonnten Bleistiftstrichen die Umrisse eines der schönsten Sportwagen aller Zeiten gezeichnet haben: Typ 55, ein zweisitziger Roadster mit scheinbar endloser Motorhaube, schwungvoll-eleganten, langgezogenen Kotflügeln und dem typischen Bugatti-Kühler in Hufeisenform.

mid/mid

Xavier de la Chapelle, Spross einer französischen Industriellenfamilie, die sich schon um 1900 mit den Anfängen des Automobilbaus beschäftigte, ließ die Legende 1989 sodann wieder auferstehen: als De-La-Chapelle Typ 55, in der Linienführung mit dem großen Vorbild identisch, in der Technik jedoch auf dem Stand von damals. Eine glückliche Hand bewies de la Chapelle insbesondere bei der Auswahl des Antriebs: Motor, Getriebe, Kardan und Differenzial sind dem BMW 325i entnommen. Der seidenweiche Sechs-Zylinder begeistert - wie schon im Original - auch hier durch Drehfreudigkeit, Elastizität und eine für ein Cabrio schon fast überzogene Endgeschwindigkeit von 197 km/h.

Das Fahrwerk war ebenfalls vom seinerzeit Feinsten. Einzelrad-Aufhängung rundum, doppelte Querlenker, vorne mit McPherson-Federbeinen, hinten mit Schraubenfedern. Zusammen mit einer idealen Gewichtsverteilung von 45 Prozent vorne zu 55 Prozent hinten ermöglicht diese im Rennsport entwickelte Fahrwerkkonstruktion Querbeschleunigungswerte, wie sie sonst nur noch bei reinrassigen Sportwagen der 90er zu finden sind.

Der besondere Reiz des mit feinstem Leder und poliertem Nussbaum-Armaturenbrett äußerst edel ausgestatteten Renners lag aber weniger im oberen Geschwindigkeitsbereich, zumal das handgenähte Verdeck dank einer wenig sinnreichen Druckknopf-Konstruktion schon ab zirka 80 km/h größere Frischluft- oder gegebenenfalls auch Wasserportionen ins Innere lässt als den Insassen lieb sein kann. Nein, die hier beschriebene Faszination eines solchen Open-Air-Fahrzeuges liegt im ungehinderten Sehen und Gesehenwerden, ohne störendes Verdeck, mit Lederhaube a' la Red Baron, ausgestellten Seitenscheibchen, auf den kurvenreichen Landstraßen des Oberbergischen zum Beispiel oder im Flaniertempo auf der Münchener Leopoldstraße.

Wirkliche Oldtimer-Enthusiasten mögen die Nase rümpfen und etwas wie "billiges Plastikspielzeug" murmeln, aber damit tun sie dem De-La-Chapelle unrecht. In zirka 1.200 Stunden liebevoller Handarbeit entstand mit jedem Typ 55 ein kleines Kunstwerk, in dem gerade die handwerklichen Traditionen weiterlebte, die der Oldtimer-Liebhaber beim Großserien-Automobilbau so schmerzlich vermisst.

Dementsprechend war der Spaß auch niemals billig. Anno 1989 wurden für diese Reminiszenz an die "gute alte Zeit" fast 120.000 DM fällig. Unzulänglichkeiten wie rutschige Sitze, eine stößige Lenkung und die Außenspiegel verstellenden Türen gab es gratis dazu. Sicher war und ist: Spaß macht es.

mid/mid

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