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S2000 & andere Projekte: Talk mit Andreas Waldherr

Wann ist der zweite VW Polo nach Österreich gekommen?
Circa vor drei Wochen, dann haben wir es karosseriemäßig auf Vordermann gebracht. Jetzt haben beide Autos das gleiche Design, die gleiche Beklebung. Das ist ein Vorteil, falls bei einer Veranstaltung etwas passiert, können wir gleich diese Teile verwenden. Ein Riesenvorteil, weil wir zwischen den Veranstaltungen Zeit sparen und vernünftig testen können und einige Sachen übernehmen.

Also kein Ersatzteilspender, sondern ein Einsatzauto zu Testzwecken bzw. auch zu Rennzwecken?
Das steht derzeit noch im Raum. Aber man wird das Auto jedenfalls bei der Weiz-Rallye erstmals in Österreich sehen.

Sind die beiden Autos technisch ident?
Sie werden ident sein, derzeit sind sie es noch nicht ganz; wir fahren eine neuere Fahrwerk-Ausbaustufe. Ob ich die für die Lavanttal-Rallye übernehmen kann, testen wir noch aus. Wenn das nicht geht, wird nocheinmal umgebaut. Ansonsten sind die Autos vom Grundaufbau her komplett gleich.

Was ist der Unterschied des S2000 zu andere Rallyeautos?
Ich fahre den S2000 seit Oktober 2007, davor einen Golf IV KitCar, also ein Zweiliter-Auto mit Frontantrieb und sequentiellem Getriebe. Der große Unterschied ist der Motor: im Golf war ein 20-Ventil-Motor verbaut, im Polo S2000 ist ein 16-Ventiler verbaut. Den hat man verwendet, weil er mehr Drehmoment hat, und durch den Allradantrieb geht ja viel Drehmoment verloren. Zu den Gruppe-N-Autos ist der große Unterschied der Saugmotor.

Und vom Fahren her?
Vom Handling her ist der S2000 wirklich ein kleines World Rally Car ohne Turbolader. Und man braucht viel Drehzahl, denn der Motor hat ein kleineres Drehzahlband. Wir sind auf 8.500 Umdrehungen limitiert, was uns nicht grad hilft, weil’s eigentlich genau dann erst so richtig gut gehen tät’! Aber dort haben wir den Limiter. Man muss das Auto zwischen 6.500 und 8.500 halten, dort funktioniert es am besten. Und das ist die Kunst daran, mit einem S2000 schnell zu fahren: in den Kurven muss man in diesem Drehzahlbereich bleiben. Dann hat es wirklich sehr viel Punch!

Und das in einer gemeinsamen Klasse mit den seriennaheren Gruppe N. Inwieweit lassen sich die beiden Konzepte gegeneinander ausbalancieren?
Ich finde schon, dass man diese Autos in eine Klasse geben kann. Sicher kommt immer wieder der Unterschied im Einsatzgewicht zum Vorschein. Das ist ein großer Faktor, zumal beim Bergabfahren. Aber man darf nicht vergessen, dass wir bei unserem Auto ein Drehmoment von 245 bis 260 Nm zur Verfügung haben, ein aktueller Mitsubishi aber 450, 480 Nm. Von den PS her wird kein großer Unterschied sein: ca. 280 PS bei uns, annähernd 300 bei den Gruppe N. Ein Vorteil für uns ist das sequentielle Getriebe, die Kupplung brauche ich nur zum Wegfahren und Stehenbleiben. Die Mitsubishi haben ein Dogbox-Getriebe, brauchen auch nicht zu kuppeln, müssen aber im H-Schema schalten.

Welche Bedingungen, welche Strecken favorisieren welches Auto?
Bei Schnee, Schotter oder schmierigem Untergrund hat man im Mitsubishi ein aktives Differential, kann drei Einstellungen elektronisch wählen. Wir haben eine vollmechanische Sperre, die wir nicht wirklich tauschen können. Mir kommt im S2000 vor allem entgegen, wenn die Strecke bergab geht. Ich fahre gerne bergab und kann dort meine Erfahrung aus dem frontgetriebenen, sehr leichten KitCar einbringen und sehr späte Bremspunkte wählen. Das ist sicher ein Vorteil gegenüber den Gruppe N, weil um 150 Kilo weniger anschieben. Ich mag winkelige Asphaltstrecken, die meinem stil eher entgegenkommen – ich fahre eher auf Linie, weniger spektakulär. Fürs Lavanttal hoffe ich, dass es ein bisschen regnet und nass wird, denn dann muss man wirklich sehr feinfühlig fahren. Ich denke, das liegt mir besonders.

Zwei konzernverwandte S2000, auch mit signifikantem Unterschied beim Entwicklungsbudget – gibt es Vergleichswerte?
Die gibt es. Wir sind über fast jeden Schritt informiert, den Skoda macht. Wir wissen sehr genau, was der Fabia leistet und wie viele Testkilometer es im Vorfeld abgespult hat. Raimund Baumschlager ist voriges Jahr 5.500 Kilometer mit dem Auto gefahren. Es ist ausgereift und wirklich schnell, das hat man in Monte Carlo gesehen. Das muss man dann aber auch erst in Österreich umsetzen. Die ÖM ist sehr speziell: bei uns wird sehr schnell gefahren; im Lavanttal zum Beispiel fährt man sehr viel in den Bergen; es liegt sehr viel Splitt auf der Straße, teilweise ist die Straße vom Schnee noch nass. Der Skoda ist ein reinrassiges Werksauto; der VW Polo wurde zwar auch vom Werk, aber in Südafrika gebaut und auf Schotter entwickelt. Die gesamte Asphalt-Entwicklung machen wir gemeinsam mit René Georges in Belgien. Seit Jänner kooperiere ich mit ihm, er wird bei jeder Rallye mit einem Ingenieur und einem Mechaniker vor Ort sein. Ich erwarte mir davon sehr viel. Wie man gelesen hat, ist in Belgien Francois Duval mit dem Polo unterwegs, und der ist ja wirklich sehr schnell. Ich erwarte mir, dass wir gemeinsam das Auto schneller machen können.

Wie lässt sich die Streckencharakteristik in Belgien und Österreich vergleichen?
Das ist die Schwierigkeit: in Belgien gibt’s ned wirklich Berge! Wir in Österreich fahren von 400 Metern Seehöhe bis hinauf auf 1.800 Meter und auf der anderen Seite wieder runter… - Durch die gute Kooperation mit dem Motorentuner Lehmann haben wir auch dort einen Schritt vorwärts gemacht. René Georges entwickelt sehr viel auch in puncto Fahrwerk. Ich habe ein neues Fahrwerk bekommen ,von dem ich mir sehr viel erwarte. Ich denke, miteinander können wir das Auto noch schneller machen. Denn uns fehlen immer noch die Testkilometer.

Jetzt ist für den Polo ein Modellwechsel angekündigt worden; er kommt wahrscheinlich 2010 auf den Markt. Geht’s bei Euch bis auf weiteres mit dem aktuellen Auto weiter oder gibt es den Wunsch, sobald als möglich mit einem neuen Auto zu fahren?
Man wird immer schauen, dass man zum neuesten Auto kommt. Ich weiß, dass für den neuen Polo gerade ein Chassis in Südafrika entwickelt wird. Das ist derzeit allerdings noch schwierig, weil wir den genauen Weg von VW Motorsport noch nicht wissen; wir arbeiten sehr eng mit Hannover und Wolfsburg zusammen, und auf deren Entscheidung müssen wir warten, bevor wir mit einem neuen Projekt anfangen.

Welche anderen Autos hat Waldherr Motorsport heuer in Betreuung?
Neben den zwei S2000 haben wir einen Polo S1600, der ab der Bosch-Rallye von Univ.Prof. Alois Ferscha gefahren wird. Er wird „just for fun“ fahren, wann immer er Zeit hat. Alfred Leitner wird ab der Lavanttal-Rallye mit einem Golf V TDI starten, einem haarneuen Auto, das wir über den Winter aufgebaut haben; er fährt die ganze Meisterschaft. Unter anderem wird auch Hermann Berger mit einem Auto von uns teilnehmen, er wird bei uns im Team integriert, setzt das Auto aber mit seinen Mechanikern selbst ein. Was in der Challenge oder international passiert, da lassen wir die Tür noch offen.

International – geht es da um Andreas Waldherr selbst?
Es gibt einige Pläne, die mich persönlich und auch das zweite Auto betreffen, aber alle noch nicht spruchreif sind.

Geht es um einen Ausflug ins benachbarte Ausland?
Einerseits benachbart bei der Barum-Rallye in Tschechien, andererseits über zwei Grenzen - es ist ja kein Geheimnis, dass wir mit René Georges kooperieren. Wir werden schauen, ob wir in Belgien die eine oder andere Rallye fahren können.

Das Rundstreckenprojekt ist also momentan eingeschlafen?
Die Situation ist derzeit schwierig. Bei einem solchen Projekt braucht man pro Auto mindestens vier Fahrer. Wir waren für das 24-Stunden-Rennen in Dubai im Jänner gut gerüstet, haben das Auto fixfertig gehabt. Nur sind uns drei Wochen vor der Verladung des Equipments zwei Fahrer abgesprungen. So kurzfristig zwei Fahrer aufzutreiben, ist sehr schwierig, drum haben wir absagen müssen. Wir arbeiten jetzt schon dran, 2010 wieder in Dubai an den Start gehen zu können. Und vielleicht gibt es das eine oder andere Rennen in Deutschland - ich selbst plane wieder mit der RSG Wolfsburg die 24 Stunden am Nürburgring zu fahren. Da müssen noch einige Details geklärt werden. Dort ist noch nicht spruchreif, mit welchem Auto gestartet wird. Details werden wir dann auch auf unserem neuen Website bekanntgeben; auf www.volkswagen-motorsport.at erzählen wir alles von unseren Aktivitäten!

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