Honda Gold Wing F6B Interstate - schon gefahren | 03.05.2013
Sichtbarer Sixpack
Honda stellt der Gold Wing die F6B Interstate zur Seite. Abgespeckt und daher deutlich agiler, vermittelt sie durchaus Fahrspaß.
Thilo Kozik/mid
Wenn ein Motorrad für Reisen mit Luxus und Komfort steht, dann die legendäre Honda "Gold Wing". Ihr zur Seite stellt Honda das Schwestermodell "F6B Interstate", mit dem die Japaner Freunde der "Bobber"-Modelle - wie die Harley Davidson "Road Glide" und "Street Glide" - bedienen wollen. "Bobber" sind großvolumige Motorräder mit wenig Wetterschutz, geräumigen integrierten Koffern und auf das Wesentliche reduzierter Optik.
Purismus trifft bei der "F6B" nicht zu, doch im Vergleich zur "Gold Wing" basiert, präsentiert sie sich abgespeckt. Der Leichtmetallbrückenrahmen und die Einarmschwinge sind wie Gabel, Bremsen, Räder, Instrumente und Scheinwerfer vom Schwestermodell übernommen.
Ihren frischen Auftritt verdankt die "F6B" der kleinen Scheibe sowie dem Verzicht auf das Topcase und den großen Soziussitz. Ebenfalls nicht an Bord sind das integrierte GPS-Navigationssystem, der Airbag, der elektrische Rückwärtsgang, der Tempomat, beleuchtete Schaltereinheiten, selbst zurückstellende Blinker und die Sitzheizung.
Mit der schmaleren Verkleidung und der neuen Linienführung der "F6B" ist aus der Reisesänfte "Gold Wing" ein deutlich dynamischeres Gefährt geworden.
Dieser Eindruck täuscht nicht, auch wenn die Maschine mit 385 Kilogramm alles andere als ein Leichtgewicht ist. Bei Handling, Komfort und Fahrgefühl sticht sie die im Luxusschiff-Segment gerühmte "Gold Wing" deutlich aus. Auf den Geraden bleiben sämtlichen Unebenheiten in den sanften Federelementen hängen. Die "F6B" fährt unglaublich satt und komfortabel, selbst auf Asphalt unterhalb üblicher Highway-Güte.
In den Kurven und Kehren kann die "F6B "dann Reisefreunde begeistern: Kaum zu glauben, wie wenig Zug am Lenker nötig ist, um das große Motorrad in die Radien zu drücken, oder wie sauber die fette Fuhre auf der Linie bleibt - immer in Relation zu Tourendickschiffen.
Ein wenig vermisst der Fahrer im Sportmodus die auf Knopfdruck verstellbare Federung der Gold Wing, doch insgesamt macht die Neue ihren Job so gut, dass dies nicht negativ auffällt. Ungesunde Dynamik-Überschüsse bremst die effektive Integralbremsanlage mit drei Bremsscheiben mit serienmäßigem ABS ohne große Mühe.
Doch über allem prangt das einzigartige Triebwerk. Der 1,8-Liter-Sechszylinder-Boxermotor begeistert auf ganzer Linie mit Laufkultur, Durchzug und exakt kontrollierbarer Kraftentfaltung. Der gigantische Zweiventiler produziert sein machtvolles Drehmoment von 167 Nm schon bei 4.000/min, die respektable Maximalleistung von 87 kW/118 PS liegt bei 5.500 Touren an.
Sein Ansprechverhalten ist so exakt und sauber, wie man es sich nicht besser wünschen könnte. Dabei beherrscht der Motor lässiges Cruisen bei 2 000 Touren im letzten Gang bei 70 km/h oder eine Reisegeschwindigkeit bis 160 km/h gleichermaßen. Sauber arbeitet das Fünfgang-Getriebe mit drehzahlschonend als Overdrive ausgelegter letzter Getriebestufe. Der Kardanantrieb bleibt stets unauffällig.
Ob deshalb nun die Bobber-Welle über den Atlantik nach Europa schwappt, bleibt abzuwarten. Zwar bietet die "F6B Interstate" das breitere Einsatzspektrum gegenüber einer "Gold Wing", doch bei einem Preis vonfür 27.990 Euro ist die Luft auch für begeisterte Freunde amerikanischer Zweirad-Lebensart dünn.