Hans Peter Voglhuber's Kolumne | 06.09.2001
Schumacher und Ferrari - simply the best!
Die Scuderia Ferrari war heuer einfach nicht zu schlagen, bleibt zu hoffen, dass McLaren 2002 ein "Comeback" feiert...
Hans Peter Voglhuber
Der Gewinn der diesjährigen Formel1-Weltmeisterschaft durch Ferrari und Schumacher war noch weniger ein Zufall, wie der Sieg in der vorjährigen Formel1-WM. Mit dem Engagement von Fahrer Michael Schumacher, Rennleiter Jean Todt, Cheftechniker Ross Brawn und Aerodynamiker Rory Byrne hatte Ferrari jene Voraussetzungen geschaffen, welche für ein erfolgreiches Abschneiden in der WM erforderlich waren.
Jeder einzelne dieses Quartetts ist eine starke Persönlichkeit, verfügt über überdurchschnittliche fachspezifische Fähigkeiten und scheint mit seinem Arbeitsumfeld bestens zu harmonieren. Die beiden gewonnenen Weltmeisterschaften sind das verdiente und beinahe logische Ergebnis der letzten fünf Jahre, in denen die Leute aus Maranello kontinuierlich und zielstrebig auf den Titel hingearbeitet haben.
Ferrari vs. McLaren:
Die Scuderia im Hoch, bei den Silbernen kündigen sich erste "Ermüdungsbrüche" an
Ich sehe auch bei Ferrari weder Übermenschen noch Superhirne, aber eine gewisse Vormachtstellung kann dem derzeitigen Ferrari-Kollektiv nicht abgesprochen werden. Während bei Mercedes sich die ersten "Ermüdungsbrüche" ankündigen - siehe Adrian Newey, wo der Bruch gerade noch einmal gekittet werden konnte - befindet sich das Team Ferrari in einem absoluten Hoch.
Einen weltbesten Fahrer, ein weltbestes Auto usw. gibt es für mich allerdings ebenso wenig, wie etwa die schönste Frau der Welt. Zuviel Faktoren spielen bei Rennsieg oder Niederlage und erst recht bei der Erringung des WM-Titels eine Rolle, um Erfolg oder Misserfolg lediglich auf ein paar Personen oder gar auf eine einzige Person reduzieren zu können.
Was nicht heißen soll, dass Schumacher nicht doch einige Qualitäten besitzt, die bei anderen Spitzenfahrern vielleicht nicht ganz so ausgeprägt sind. So konnte zum Beispiel Schumacher den Leuten bei Ferrari seine Erfahrungen mit dem Renner und die diesbezüglichen Wünsche zweifellos so klar definieren, dass ihm zumindest für den Großteil der Rennen ein sehr gut abgestimmtes Auto zur Verfügung stand. Während ich bei Barrichello nicht immer das Gefühl hatte, dass er mit einem optimal abgestimmten Gerät unterwegs war.
Und bei McLaren wollte man heuer anscheinend den Eigenheiten beider Spitzenfahrer, vor allem aber dem von David Coulthard, gerecht werden. Am Ende hatte McLaren einen Kompromiss-Boliden fabriziert, der zwar dem Fahrstil beider Fahrer entgegenkam, dafür aber in der Performance gegenüber dem Ferrari leicht ins Hintertreffen geriet. Dazu kommen noch eine Menge technischer Probleme bei den McLaren, die in dieser Häufigkeit schon etwas zu denken geben, womit wir wieder bei den Abnützungserscheinungen innerhalb des McLaren-Mercedes-Teams wären. Es würde mich nicht überraschen, wenn es bei McLaren bereits zum Jahreswechsel einige gravierende personelle Änderungen gibt.
Der Wunsch:
McLaren-Mercedes und BMW-Williams sollten Ferrari 2002 wieder ernsthaft fordern können
Was den deutlichen Erfolg von Ferrari betrifft, so kamen die richtigen Leute, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort zusammen. Natürlich nicht ganz zufällig. Zumindest Michael Schumacher und Jean Todt sind auf Niki Laudas Empfehlung hin von Ferrari angeheuert worden. Mit Ross Brawn und Rory Byrne war das Erfolgsquartett perfekt.
Michael Schumacher konnte in den letzten beiden Jahren nicht nur ein starkes und schnelles, sondern auch ein extrem zuverlässiges Gerät über die Rennstrecken der Welt hetzen. Es scheint, als wären Gründlichkeit und Zuverlässigkeit nicht die sprichwörtlich deutschen, sondern italienische Tugenden. Diese internationale Supertruppe - ein Deutscher, ein Engländer, ein Franzose und ein Südafrikaner - hat in das kreative, aber nicht selten chaotische Ferrari-Team jene straffe Organisation und Generalstabsmäßigkeit hineingebracht, die es brauchte, um wieder ganz vorne mitzumischen.
Dass Jean Todt nicht über 2004 hinaus aktiv sein will, zeugt von Klugheit und von einem hervorragenden Timing. Spätestens zu dem Zeitpunkt werden nämlich auch bei Ferrari wieder stärkere Abnützungserscheinungen zu bemerken sein. Schließlich wird ja niemand im Team jünger und spätestens bei der ersten größeren Misserfolgsserie werden sich auch im zurzeit erfolgsverwöhnten Stall der roten Renner Unzufriedenheit, Unsicherheit und Misstrauen ins eigene Material, respektive Team breit machen. Ein völlig normaler Ablauf. Wäre dem nicht so, das Leben wäre langweilig.
Als Motorsportfan kann ich dem gesamten Team aus Maranello zu seinem WM-Titel nur gratulieren und wünsche mir für die nächstjährige Formel1-WM, dass sie wieder ausgeglichener wird; soll heißen, möglichst bis zum letzten Rennen spannend. Die gewaltigen Ressourcen von McLaren-Mercedes und das klare Aufzeigen von Williams-BMW in der diesjährigen Weltmeisterschaft lässt für nächstes Jahr jedenfalls einiges erwarten, auch wenn Williams-BMW seinen Ralf neulich am Start "sitzen" ließ.
Ihr Hans-Peter Voglhuber