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„Man müsste eigentlich wieder etwas mehr zum Rennfahren zurückkommen..."

Zwischen 1953 und 1961 bestritt Hans Herrmann 18 F1-Rennen und fuhr zusammen mit Juan-Manuel Fangio – ein Interview.

Hans Herrmann erblickte am 28.02.28 in Stuttgart das Licht der Welt. Die Eltern betrieben ein Cafe in der Innenstadt und so musste der folgsame Sohn Konditormeister werden.

Als Junge besuchte er bereits Rennen auf der nahe liegenden Solitude–Rennstrecke und träumte fortan von einer Karriere im Automobilsport, die er dann ab 1951 mit Rallyes im eigenen Porsche startete.

1953 landete Hans Herrmann erstmals im Werksteam von Porsche, sicherte sich den Titel des Deutschen Sportwagenmeisters (1956), erreichte einen Klassensieg bei der Mille Miglia und bestritt auch sein erstes Formel 1-Rennen im Veritas beim GP von Deutschland auf dem Nürburgring, wo er als Neunter das Ziel erreichte.

1954 lockte Mercedes mit der Formel 1. Hans Herrmann bildete ein Team mit Juan-Manuel Fangio und Karl Kling. Er wurde unter anderem Dritter beim GP der Schweiz und erzielte in Frankreich die schnellste Rennrunde.

Insgesamt bedeutete das Platz 6 in der Fahrer-WM. Auch die neue Saison begann mit Platz 4 in Argentinien recht viel versprechend, doch nach einem schweren Trainingsunfall in Monaco mit Wirbelbrüchen und einer sechsfachen Oberschenkelhalsfraktur war sie auch schon wieder vorbei.

Da sich auch Mercedes nach dem Drama in Le Mans aus dem Rennsport zurückzog, bestritt Herrmann bis 1966 weitere Grand Prix auf Maserati, BRM, Cooper, Porsche und Brabham.

Hans Herrmann galt als Spezialist für Langstreckenrennen, dies unterstreichen nicht nur die Siege in Sebring mit Olivier Gendebien, bei der Targa Florio mit Jo Bonnier (beide 1960) und der Sieg in Le Mans 1970 mit Dickie Attwood.

Der Schwabe war sehr temperamentvoll, entwickelte sich aber zu einem absolut zuverlässigen, vielseitigen und abgeklärten Piloten, der zahlreiche Erfolge auf Renn- und Sportwagen feierte, wovon hier nur ein kleiner Teil erwähnt wurde.

An einer seiner alten Wirkungsstätten, der Solitude (Zweiter 1960, 1968), stand Hans Hermann zu Interview bereit.

Mit welchen Gefühlen kehrten Sie auf die Solitude zurück?

Hans Herrmann: Ich halte es für eine tolle Sache, dass man die Solitude als Rennstrecke nicht vergisst, aber sie war ja auch weltberühmt. Leider können wir nur noch den Teil befahren, der bereits vor 100 Jahren rund um das Schloss geführt hat.

Meine Erinnerungen sind natürlich eng mit den 5 oder 6 Rennen verbunden, die ich hier gefahren bin auf Porsche, Lotus und Abarth. Es freut mich einfach, nach 1964, als plötzlich Schluss war, wieder hier zu sein.

Welches Ihrer Fahrzeuge steuerten Sie am liebsten?

Es kam immer darauf an, welches Fahrzeug vom Fabrikat her in der Lage war zu gewinnen. Es war natürlich sehr viel möglich in der Formel 1 mit Mercedes, da war ich im ersten Jahr (1954, Anm. d. Red.) Sechster in der Fahrerweltmeisterschaft und dabei auch ein paar Mal auf dem Treppchen, wie man heute sagt. Fangio, das war unser großer großer Fahrer, der in dieser Zeit zweimal Weltmeister auf Mercedes wurde, insgesamt sogar fünfmal.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihren Le Mans–Sieg von 1970?

Na gut, es war mein letztes Rennen. Ein Rennen, das ich endlich zusammen mit dem Richie Attwood, einem Engländer, gewinnen konnte. 1969 bin ich sehr knapp von Jacky Icky geschlagen worden, der ja mit nur 1,5 Sekunden Abstand gewonnen hat.

Er hatte damals einen Ford GT 40, wir hingegen nur den 3 Liter, aber 1970 hatten wir eben auch einen großmotorigen Rennwagen, den Porsche 917. Nach dem Sieg dachte ich, jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt abzuschließen, nach 20 Jahren.

Am ersten und zweiten August 1959 wurden die Rennen auf der Avus von schlimmen Unfällen überschattet. Sie hatten als „Hans im Glück“ sehr viel Glück, was Ihren Kollegen Jean Behra im Sportwagenrennen am Vortag leider versagt blieb. Wie haben Sie diese Tage erlebt?

Mit Jean Behra war ich ja sehr eng befreundet, er lieh mir auch häufig seinen Wagen. Ich bin mit ihm am Samstag zum Start gegangen. Er fuhr Sportwagen und hatte eine gute Chance das Rennen gegen von Trips, der auch Porsche fuhr, zu gewinnen, aber es regnete sehr stark.

Ich hab ihn auch gewarnt vor der Steilwandkurve, die oben so was von rutschig war. Es regnete ja, es war eine sehr, sehr gefährliche Strecke, also dieser Teil jedenfalls und leider, leider... Es hat mich sehr, sehr getroffen.

Am Sonntag startete ich im Formel 1-Rennen mit dem BRM von Stirling Moss und meine Bremsen versagten. Ich bin mit 280 Stundenkilometer rausgeflogen, hatte aber ein riesiges Glück - ein riesiges Glück. Ich bin ja 70 Meter geflogen, war ja 12 Meter hoch mit dem Auto. Es hat mich zweimal überschlagen.

Bevor der Wagen erstmals aufschlug, war ich bereits am Boden und bin 60 Meter entlang gerutscht und hab mir dabei den kleinen Finger gebrochen, allerdings auch überall Abschürfungen und Fleischwunden. Das sind die Erinnerungen an den August.

Wie beurteilen Sie den technischen Fortschritt im Laufe der Zeit?

Die Zeiten sind natürlich nicht vergleichbar. Wir hatten damals ein Auto, dazu einen Regenreifen und einen Trockenreifen. Auch ein einfaches Lenkrad, ein heutiges Lenkrad hat dagegen mindestens 20 Funktionen. Es ist alles zu elektronisch geworden.

Man müsste eigentlich wieder etwas mehr zum Rennfahren zurückkommen, zum richtigen Autofahren. Ich weiß aber nicht, ob diese Entwicklung aufzuhalten ist. Man wollte wieder reduzieren, das ist allerdings bisher noch nicht gelungen.

Welchen der heutigen Rennwagen würden Sie gerne mal fahren?

Eigentlich überhaupt keinen. Mit dem Mercedes von Fangio bin ich allerdings noch zwei oder dreimal im Jahr unterwegs.

Vielen Dank für das Gespräch, wir wünschen Ihnen weiterhin alles Gute!

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