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Roland „The Rat“ Ratzenberger: Spät eingestiegen und viel zu früh gegangen...

Im Jahr 1994 hat sich Roland Ratzenberger den Traum von der Formel 1 erfüllt. Doch am 30. April wurde der Salzburger in Imola brutal aus dem Leben gerissen.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Christof Huber (www.roland-ratzenberger.at)

Zehn Jahre ist es her. Imola 1994 – das Wochenende, an dem die Formel 1 von einem Schock in den nächsten taumelte. 1994 war auch das Jahr, in dem Roland Ratzenberger sich mit 32 seinen Traum erfüllen konnte: Er fuhr sein erstes Formel-1-Rennen. Zwei Wochen später, in Imola, wurde dieser Traum brutal beendet. Die leider nur so kurze Debütsaison des Roland Ratzenberger. Die Enttäuschung der Nichtqulifikation in Brasilien, das erste Rennen in Japan und dann Imola...

Roland-Ratzenberger-Memorial-Site

Am 30. April 1994 um 13.18 Uhr verstarb Roland Ratzenberger in Ausübung seines geliebten Berufes. Am 30. April 2004 um 13.18 Uhr ging die von Christof Huber (Drexler-Motorsport) ins Leben gerufene Roland-Ratzenberger-Memorial-Site online. Ende des Jahres soll auch ein Buch über Roland und seine Karriere erscheinen. Huber sagt: „Viele Ex-Kollegen haben mir ihre Hilfe angeboten: Mika Salo, Roberto Ravaglia, Photo Sutton ...“. Sie finden die Site unter:
www.roland-ratzenberger.com
www.roland-ratzenberger.at

25. März 1994: Roland Ratzenberger debütiert in der Formel 1!

Wir schreiben das Jahr 1994. Saisonauftakt in Brasilien. Das Publikum ist aus dem Häuschen. Ayrton Senna holt bei seinem ersten Grand Prix für Williams die Pole-Position. Österreich hat gleich drei Piloten im Fahrerlager. Gerhard Berger, Karl Wendlinger und nun auch Roland Ratzenberger. Der Salzburger debütiert im Alter von 32 Jahren in der Königsklasse. Im Fahrerlager der Formel 1 kennt man den späten Debütanten. Er ist ein beliebter Kollege. In England nannte man ihn „Roland the Rat“, auf der Insel des Nieselregens und in Japan fuhr er von 1986 bis 1993 Sportwagen- und Formel 3000-Rennen.

Rückblick: Bereits 1985 machte Ratzenberger in der Formel Ford auf sich aufmerksam, gewann die Meisterschaften in Österreich und Deutschland, siegte bei Europameisterschaftsläufen. 1986 gewinnt er das prestigeträchtige „Race Of The Champions“ in Brands Hatch. In den nächsten Jahren fährt er die britische Formel 3, holt den ersten Sieg. 1988 wird er Gesamtdritter. 1990 wechselt Ratzenberger nach Japan...

Zurück ins Jahr 1994. Zurück nach Brasilien. Sensation am Freitag: Karl Wendlinger fährt mit dem Sauber C13-Mercedes die viertschnellste Rundenzeit. Am Ende wird es der siebente Startplatz für den „Karli“. Bei Gerhard Berger läuft es nicht so gut, er steht mit dem Ferrari nur auf Startplatz 17.

Roland Ratzenberger kann sich mit dem unterlegenen Simtek S941-Ford Cosworth nicht qualifizieren, wird 27. Der gelernte Maschinenbauer und der bockige Bolide sind noch nicht die besten Freunde. Damals gab es das noch, dass man sich für das Rennen qualifizieren musste. Im Rennen holt Karl Wendlinger einen WM-Punkt für Sauber, Berger fällt schon in der fünften Runde aus. Der Sieger heißt Michael Schumacher auf Benetton-Ford.

17. April 1994: Der Höhepunkt im Leben des Roland Ratzenberger. Sein erstes F1-Rennen...

Zweites Rennen, der Pacific-Grand Prix in Japan. Wieder Pole-Position für Senna, dahinter Schumi. Berger wird Fünfter, Wendlinger 19. Und Roland Ratzenberger hat es geschafft! Er konnte Bertrand Gachot und Paul Belmondo hinter sich lassen, sich für das Rennen qualifizieren. Die beiden Simtek-Boliden von David Brabham und Roland Ratzenberger, mit den knalligen MTV-Logos auf ihren Motorhauben, werden das Rennen von der letzten Startreihe aus in Angriff nehmen.

17. April 1994. Jahrelang hat Roland Ratzenberger auf diesen Moment hingearbeitet. Hat seine Heimat verlassen, um jenes Ziel zu erreichen, das er seit seiner Kindheit vor Augen hatte: Rennfahrer werden. Unserem Kollegen Gerhard Kuntschik von den Salzburger Nachrichten hat Rudolf Ratzenberger, der Vater von Roland, erzählt: „Wir hätten Roland von nichts abbringen können. Sein einziges Berufsziel von Kindheit an war Rennfahrer. Wir haben es gar nicht versucht, ihn umzustimmen.“

An diesem Sonntag hat es Roland geschafft. Er steht in der Startaufstellung eines Formel 1-Grand Prix. Er konnte sich mit dem problematischen Simtek-Boliden für das Rennen qualifizieren. Simtek war ebenso neu in der Formel 1. Teamchef Nick Wirth hat Ratzenberger für die ersten fünf Rennen engagiert. Barbara Behlau, eine Sportmanagerin aus Monaco, hat an Roland geglaubt und ihm die erste Saisonhälfte finanziert.

Es ist ein warmer und sonniger Tag. Die 26 Boliden stehen am Grid des Tanaka International Circuit. Ganz vorne stehen Senna und Schumacher. Die beiden kommen einander fast in die Quere, letztlich zwingt Schumi Senna zu einem Bremsmanöver, McLaren-Pilot Mika Hakkinen wird überrascht und knallt Senna ins Heck. Das Rennen gewinnt abermals Schumacher. Und Roland? Der fährt seinen ersten Grand Prix tapfer zuende. Doch das Auto ist ein schreckliches. Mit fünf Runden Rückstand wird Ratzenberger 11. Aber: Er hat den Wagen durchgebracht. Teamkollege Brabham ist nach zwei Runden mit Motorschaden ausgefallen.

30. April 1994: Ein weggebrochener Frontflügel führt zur Katastrophe...

29. April 1994. Imola. Der Formel 1-Zirkus kehrt nach Europa zurück. Am Freitag das erste Training. Der Highspeedcrash von Rubens Barrichello, besorgte Gesichter an den Kommandobrücken. Roland Ratzenberger hat sich mit dem Simtek wieder ein wenig mehr anfreunden können. Das Training stimmt zuversichtlich. Brabham und Ratzenberger belegen die Plätze 24 und 25. Ratzenberger liegt nur noch 5 Hunderstelsekunden hinter seinem Teamkollegen. Auch in der Formel 1 gilt Roland als der sympathische Kerl. Josef Leberer, der Fitnesstrainer von Ayrton Senna, verriet Gerhard Kuntschik: „Senna hatte Ratzenberger nur erst flüchtig gekannt, aber Sympathie verspürt. Er wollte ihn unbedingt näher kennen lernen...“

30. April 1994. Der Samstag. Im Training steuert Ratzenberger mit rund 300 km/h den Villeneuve-Rechtsknick an. Da bricht ein Teil des Frontflügels weg, das Auto wird unkontrollierbar. Der Wagen kracht mit über 250 km/h in eine Mauer, wird bis zur Tosa-Kurve geschleudert. Man starrt geschockt auf die Monitore, das Auto sieht fürchterlich aus. Die Ärzte sind an der Unfallstelle und versuchen alles. Roland hat sich einen Genickbruch und schwere innere Verletzungen zugezogen. Im Spital verliert man ihn, die Verletzungen sind zu schwer. Die Formel 1 ist schockiert und gelähmt. Roland hätte sich abermals für das Rennen qualifiziert - doch das ist leider nicht mehr von Belang. Seine spät begonnene Formel 1-Karriere, gerade erst am Aufblühen, fand ein jähes Ende.

Schon am nächsten Tag verlor die Formel 1 Ayrton Senna. Die Boliden der 94er-Generation waren gefährliche, unberechenbare Biester. Der Kopf des Piloten stand ungeschützt im freien Raum. Es gab noch keine seitlichen Aufprallschutzvorrichtungen. Rudolf Ratzenberger versucht, das Positive aus diesem Horrorwochenende herauszufiltern: Die Formel 1 wurde sicherer...


Unser Kollege Gerhard Kuntschik von den Salzburger Nachrichten war ein Freund Roland Ratzenbergers. Seinen Beitrag „Das Leben nach der Katastrophe“ finden Sie in der Navigation rechts.

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