Formel 1: News | 12.01.2004
Max Mosley und die „Torheit der Teams“
Der FIA-Präsident hat dem fortschreitenden Machtverlust gegenüber Herstellern und TV-Rechteinhabern nicht viel entgegenzusetzen.
„Wir können Ideen entwickeln und Vorschläge bei Leuten einholen. Aber letztlich müssen die Teams selbst erkennen, dass sie es waren, die zugelassen haben, dass die Kosten in der Formel 1 zu hoch wurden“, sagte FIA-Präsident Max Mosley den Kollegen von Autosport. Und: „Wenn Disziplin an den Tag gelegt wird, ist das nicht eine Maßnahme der FIA, die dies bewirken kann, es muss von den Herstellern selbst ausgehen. Wir können in der Rallye-WM ein paar Dinge ausprobieren, aber in der Formel 1 können wir das wegen des Concorde Agreements nicht.“
Denkt man nun ein Jahr zurück, fallen einem unweigerlich die vielen und langen Briefe des Max Mosley ein, und natürlich die „neuen Verfahren“, mit welchen der Präsident eben jenes Concorde-Abkommen umgehen und im Zusammenspiel mit neuen Punkte- und Qualifikations-Modi die einschneidendsten Änderungen der Formel-1-Geschichte erzielen konnte. Ist der Max Mosley des Jahres 2004 also ein völlig neuer Max Mosley?
Der FIA-Präsident hat jetzt scheinbar keine Lust mehr auf neue Verfahren: „Sogar die sanften Maßnahmen, die wir im vergangenen Januar durchgeführt haben, die behutsame Erweiterung bestehender Regeln, führte zu einem Einspruch. Wir brauchen das nicht. Wir haben Besseres zu tun, als die Teams vor ihrer eigenen Torheit zu bewahren.“ Diese Aussage des FIA-Präsidenten mutet recht seltsam an. Die „behutsame Erweiterung bestehender Regeln“ umfasste immerhin so gravierende Änderungen wie das Tankverbot nach dem Qualifying oder die Parc-Fermé-Regel. „Wir brauchen das nicht“, sagt Mosley jetzt – ist der Präsident der obersten Motorsportbehörde plötzlich beleidigt im Schmollwinkel gelandet?
Oder ist Max Mosleys Statement ein Zeichen für einen weiteren Machtverlust der FIA gegenüber den Herstellern? Schon die letzte 180°-Wende des Präsidenten war Futter für diese Vermutung: Mosley predigte, er erhalte viele empörte Fan-Mails, man möge doch endlich die elektronischen Fahrhilfen beseitigen und es werde nun endlich gemacht, was das Publikum wünscht. Eine Woche später erklärte der Präsident, die Hersteller hätten ihn davon überzeugt, dass die Beibehaltung der Traktionskontrolle der billigere Weg sei. Dafür hätten die Teams günstige Kundenmotoren für die Privatteams versprochen.
Was ist passiert? Billigere Kundenmotoren gibt es nicht. An die Fans gedacht wird nicht. Die Eintrittspreise sind immer noch unverschämt hoch. Der öde Sonntag-Vormittag bleibt. Bernie Ecclestones „20 winkende Idioten auf dem LKW“ auch. Die kleinen Teams kämpfen nach wie vor ums Überleben. Die Teams stecken nach wie vor Unsummen in die Entwicklung, die neuen Wochenendmotoren kosteten natürlich auch etwas, vom Sparen keine Rede. Das Gegenteil ist der Fall: Im sogenannten Reifenkrieg wird massiv aufgerüstet. Die Hersteller sagen, was gemacht wird und was nicht. Und sie haben sich jetzt auch noch mit Bernie Ecclestone geeinigt. Man könnte sagen: Die Formel 1 ist schon seit langem so etwas wie eine Herstellerserie, sie musste es nicht wirklich werden – jetzt ist sie es de facto.
Gegen die Achse Ecclestone bzw. TV-Verkaufsrechte und Hersteller tut sich der FIA-Präsident immer schwerer und schwerer. Die Bilanz aus den jüngsten FIA-Maßnahmen ist düster: Das mit dem Sparen hat nicht geklappt, und in Sachen Publikumswünsche, Fannähe, Eintrittspreise wurde nichts unternommen. Und man landet wieder bei der alten Frage: Wer denkt in der Königsklasse noch an die Fans?