Formel 1: News | 09.09.2005
256 Grands Prix sind nicht genug...
Im Interview verrät Riccardo Patrese, wie er die moderne Formel 1 sieht und warum er für die "Grand Prix Masters"-Serie wieder ins Lenkrad greift.
Mit 256 absolvierten Grands Prix ist der Italiener Riccardo Patrese eine Formel-1-Legende. Zwar holte er trotz seiner Rekord-Teilnahmen insgesamt nur sechs Siege, doch stand er auch 37 Mal auf dem Podium, acht Mal auf der Pole und fuhr 13 schnellste Rennrunden.
Im November steigt Riccardo Patrese wieder in ein Rennauto. In der neuen "Grand Prix Masters"-Serie wird er über zehn Jahre nach seinem Formel-1-Ausstieg ein Comeback feiern. 256 Grands Prix sind für den Italiener also noch lange nicht genug.
Was ist Ihre Motivation in der "Grand Prix Masters"-Serie an den Start zu gehen?
Riccardo Patrese: Obwohl ich über ein Jahrzehnt lang kein Rennen gefahren bin, wurde ich zum Goodwood Festival of Speed eingeladen. Und ich habe es wirklich genossen, wieder ein Lenkrad in meinen Händen zu halten. Deswegen begann ich darüber nachzudenken, wie es wäre, wenn ich wieder in einem wettbewerbsfähigen Rennwagen an den Start gehen würde. Dann kam plötzlich Grand Prix Masters daher: Die Serie wird Rennfahrern wie mir genau das geben, was sie möchten - einen konkurrenzfähigen Wettbewerb in starken Autos und auf legendären Strecken!
Sie haben mehr GPs als alle anderen Fahrer bestritten. Was bedeutet es für Sie, wieder gegen die ganzen alten Kollegen antreten zu dürfen?
Riccardo Patrese: Ja, ich bin zu Beginn meiner Karriere schon gegen Emerson Fittpaldi gefahren und kämpfte am Ende meiner Karriere gegen Nigel Mansell und Alain Prost. Es ist einfach spannend, wieder gegen diese wahren Champions anzutreten. Sie sind alte Freunde, ich freue mich wirklich darauf.
Wie konkurrenzfähig werden die Fahrer sein?
Riccardo Patrese: Wir möchten enge und spannende Zweikämpfe bieten. Aber die Atmosphäre soll lustig und entspannt sein. Die Zuschauer sollen es genauso genießen wie die Fahrer. Aber natürlich möchten wir alle Erfolg haben. Deshalb wird des interessant sein zu sehen, wie die einzelnen Fahrer mit der Herausforderung umgehen werden. Es ist gute 10 Jahre her, dass ich zuletzt in einem Rennwagen gefahren bin. Ich werde also Zeit brauchen, um mich wieder an den Rhythmus zu gewöhnen. Vorhersagen lassen sich aber nicht treffen.
Die starken Autos verlangen den Fahrern einiges ab. Wie werden Sie sich vorbereiten?
Riccardo Patrese: Das ist ganz einfach, denn ich habe niemals aufgehört, Sport zu treiben. Ich bin in verschiedenen Wettbewerben angetreten und reite mindestens drei oder vier Mal in der Woche. Das hält mich fit. Aus meiner Sicht erwarte ich keine Probleme. Ich fahre auch gerne Go-Kart, was ein gutes Fahrer-Training ist, denn es hilft dir, die Muskeln aufzubauen und schnell durch die Kurven zu fahren.
Was halten Sie vom "Grand Prix Masters"-Boliden?
Riccardo Patrese: Am Wichtigsten ist, dass wir alle das gleiche Material besitzen. Ich habe die Fabrik von Delta Motorsport in Northampton für die Sitzanpassung besucht und dabei das Auto zum ersten Mal gesehen. Es sieht sehr beeindruckend aus! Alles scheint im Plan zu liegen. Ich erwarte ein starkes, sicheres, komfortables und schnelles Auto. Ich habe in über 256 Rennen alle möglichen Formel-1-Autos gefahren. Deshalb wird es schwierig, die Autos zu vergleichen, aber ich erwarte, dass das Handling etwas vorhersehbarer ist als bei einem Formel-1-Auto. Es gibt aber auch weniger Downforce und keine Fahrhilfen. Somit liegt alles auf dem Können des Fahrers. Dadurch können wir noch Fehler machen, was möglicherweise mehr Action und Überholmanöver verursacht. Unsere gesamte Philosophie dreht sich um die Unterhaltung. Das möchten die Fans und das ist unsere Mission.
Wie wird sich die Rennserie von der Formel 1 des Jahres 1993 unterscheiden?
Riccardo Patrese: Die Formel 1 hat sich in den 17 Jahren, in denen ich aktiv gewesen bin, massiv verändert. Ein Vergleich ist also sehr schwierig! Wenn ich ehrlich bin, dann würde ich die Formel 1 meiner Tage der heutigen vorziehen. Sie ist immer noch gut, aber sie ist anders. Alle Sportarten verändern sich, und man kann nicht sagen, dass die Formel 1 heutzutage nicht gut wäre. Sie ist einfach anders. Der Erfolg von Grand Prix Masters hängt für mich aber ohnehin davon ab, dass die ganzen Fahrer echte Charaktere sind. Das wird die Serie von anderen Motorsportarten abgrenzen. Nigel Mansell und Alain Prost sagten ihrer Zeit, was sie dachten, und das wollten die Leute hören! Die Menschen haben ihnen zugehört, weil sie wichtige Dinge zu sagen hatten. Heute sprechen die Fahrer nicht mehr zu geradeheraus.
Wie wird das erste Rennen in Kyalami ausgehen?
Riccardo Patrese: Kyalami ist eine Herausforderung. Ich bin dort oft gefahren, und die Strecke ist wirklich hart. Die Höhenlage bedeutet, dass wir hart arbeiten müssen, und das Layout der Strecke lässt einem keine Ruhepause. Es wird sehr anstrengend werden. Meines Wissens nach ist die erste Kurve eine große Herausforderung. Also hoffen wir, dass alle die erste Runde überstehen werden...