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In Memoriam Jo Gartner

Vor 20 Jahren, am 1. Juni 1986, verlor Jo Gartner in Le Mans sein Leben. Er war 33 Jahre alt und stand am Beginn seines zweiten Rennfahrer-Jahrzehntes.

Text: Johannes Gauglica, Fotos: Archiv

Vom Zeichenbrett hinters Lenkrad: ab 1972 arbeitete Ing. Josef Gartner für Kurt Bergmann. In der unscheinbaren Werkstatt am Stadtrand von Wien entstanden die erfolgreichen Formel-V-Autos der Marke Kaimann, Gartner war einer der Hausdesigner.

Es dauerte drei Jahre, bis er selbst sich in einen Super-V setzte und sein erstes Bergrennen bestritt. Dann folgten Schlag auf Schlag einige harte Jahre in Formel V und Formel 3, mit wechselndem Erfolg.

Mit Niki Laudas erstem Rücktritt 1979 begann ein medial ausgeschlachteter Nachfolgekrieg; junge Fahrer wurden auf teilweise unappetitliche Art gegeneinander ausgespielt und vor aller Öffentlichkeit in Interviews und „Vergleichskämpfen“ verheizt.

Nach dem Unfalltod von Markus Höttinger Anfang 1980 fuhr Gartner als dessen Nachfolger für Dr. Helmut Marko die Procar-Serie, den wahrscheinlich hochgestochensten Markenpokal aller Zeiten. Heute als Rennsportkoordinator von Red Bull einer der mächtigsten Leute im internationalen Racing, war Dr. Marko damals bereits jemand, mit dem man sich als österreichischer Nachwuchsfahrer besser nicht überwarf.

Das Arbeitsverhältnis Marko-Gartner endete vorzeitig, Dr. Marko war später einer der Fürsprecher von Gartners größtem Rivalen um einen Formel-1-Platz: Gerhard Berger.

In drei Saisonen Formel 2 war Gartner nur einmal ein „Vertragspilot“ bei einem Team, und das war ausgerechnet jenes von Arturo Merzario – die Resultate waren mager, man ging bald wieder auseinander.

Meist operierte Gartner als eigener Teamchef mit umkonstruierten „Jahreswagen“ - 1981 von Toleman, 1983 von Spirit. In diesem Jahr gab es endlich einen Sieg beim Straßenrennen in Pau. Sein Teamkollege war damals der ebenfalls bereits verstorbene Gentleman-Fahrer „Pierre Chauvet“. Dann kam endlich die Formel 1.

Der Lauda-Nachfolger hieß, wie wir wissen, Lauda und holte sich den WM-Titel 1984. Er gewann auch in Monza; der Grand Prix von Italien war das Cordoba des österreichischen Motorsportes. „We are the Champions“, mit drei Fahrern in den Punkterängen – aber nur zwei in den Punkten.

Gartner war bei Osella nicht für die ganze Saison genannt und deshalb nicht punkteberechtigt. Mit dem ätzend langsamen und unzuverlässigen FA1F - um die Kreatur einmal beim Namen zu nennen - verwies er ATS-Fahrer Berger auf Platz 6.

Am Ende des Jahres folgte ein Fernduell gegen den vielleicht etwas publicity-bewußteren Berger um Sponsorgelder und einen Drive für 1987; was sich damals hinter den Kulissen abspielte, bezeichnete Gerhard Berger später einmal als „lächerlich“. Gelacht wurde damals aber nicht. Der Rest der Geschichte ist bekannt, für Gartner war die Tür zur Formel 1 zu.

Er sah sich nach Alternativen um: die Sportwagenszene war anfangs nur eine Überbrückung bis zur nächsten F1-Chance, aber für den langjährigen Einzelkämpfer muss es angenehm gewesen sein, sich endlich einmal nicht um die Vorbereitung des Autos kümmern zu müssen und fürs Fahren bezahlt zu werden.

Für John Fitzpatrick fuhr er in Le Mans; Teamkollege Guy Edwards erwies sich im Rennen als zu langsam, also teilten Gartner und Veteran David Hobbs sich den Großteil der Renndistanz und wurden Vierte. Ebenfalls mit dem Fitzpatrick-Porsche 956 erreichte er gemeinsam mit Tiff Needell den dritten Platz bei den 1000 Kilometern von Silverstone.

Zuhause in Österreich redete davon allerdings kaum jemand mehr; auch der Sieg bei den 12 Stunden von Sebring 1986 (gemeinsam mit Hans-Joachim Stuck und Teameigentümer Bob Akin) schaffte es nur als Fußnote in die österreichische Presse. Dreimal warf der Porsche in diesem Rennen ein Rad ab, zuletzt eine Runde vor dem Finish.

Danach war die Rede von einem möglichen Werksvertrag bei Porsche für das nächste Jahr, aber zuerst ging es nach Le Mans; dort wartete ein Porsche 962 von Kremer Racing und die Teamkollegen Kunimitsu Takahashi und Sarel van der Merwe.

Der Südafrikaner übergab am frühen Sonntagmorgen das Auto an Jo Gartner, dessen tödlicher Unfall kurz nach drei Uhr dann sogar dem österreichischen Rundfunk eine Meldung wert war. Die Unfallursache konnte nicht eindeutig geklärt werden, man vermutet eine gebrochene Hinterradaufhängung.

Traurige Ironie: das Unfallauto existiert noch immer bzw. schon wieder - es wurde mit einem neuen Chassis wieder aufgebaut. Für Menschen besteht diese Möglichkeit leider nicht.

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