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Formel 1 mit Dach

Jetzt hat auch die DTM ihr Indianapolis: Die Masters-Meister wetteifern in puncto Weltfremdheit offenbar bereits fleißig mit ihrem großen Vorbild.

Johannes.Gauglica@motorline.cc; Bilder: PHOTO4

Das Wetter war tadellos in Barcelona - mehr Positives gibt es über das neunte DTM-Wochenende nicht zu sagen. War die Taktik der bösen Mercedes-Flotte so fies, dass Audi-Chef Dr. Ullrich die Notbremse ziehen musste, zum Schutze der Seinen? Sehen die gemeinen Audianer ihre Felle davonschwimmen und verlegen sich aufs Polemisieren? Und: Macht das überhaupt einen Unterschied?

Wirklich verloren haben an diesem Sonntag jedenfalls die fast 50.000 Zuschauer am Circuit de Catalunya und die DTM-Fans, die für das unwürdige Spektakel ihren Nachmittag geopfert haben.

Comedy Club in Barcelona

Zur Erinnerung: Audi hat nach einigen Scharmützeln auf der Strecke sämtliche Autos zurückgezogen. Das Bild erinnerte („Heinz, bist du noch wach?“) stark an den F1-Komödienstadl in Indianapolis 2005. Auf einmal scherte das halbe verbliebene Feld in Richtung Boxengasse aus, sechs kleine – entschuldigen Sie die politische Inkorrektheit – Negerlein zogen brav die verbleibenden paar Runden.

Die Grand-Prix-Gesellschaft ist mittlerweile so abgehoben, dass man nur mehr mit kleinlichem Prozessieren die Schlagzeilen füllt, weil sich fürs Rennfahren an sich scheinbar niemand mehr interessiert. Jetzt setzt auch die DTM zum Start in die Stratosphäre an – hoch über die Köpfe der Fans hinweg.

Green’s Blues

Noch ein Verlierer: Jamie Greens erster DTM-Sieg wird immer den Makel des „Skandalrennens“ tragen, und das hat der Brite nicht verdient. Denn auch für die FahrerInnen gilt: Wie kommen sie dazu? Es geht auch um ihre Reputation.

Da wird behauptet, die Lenkrad-Profis würden auf Kommando mir nichts, dir nichts ihre Konkurrenz „abschießen“ wie die Auftragskiller. Da werden sie daran gehindert, ihre eigentliche Arbeit zu tun: Ein Rennen zu fahren. Da werden ihre Leistungen durch eine politische Farce in Misskredit gebracht.

Und dann die Formel-1-Show: Siegerehrung wie immer, am Podest wurde brav gejubelt, unbeeindruckt vom Pfeifkonzert auf der Tribüne. Die Generäle Haug und Ullrich gaben sich beleidigt und schauten im Übrigen mit geübtem Realitätsverweigerer-Blick (auch das kennen wir von den großen F1-Brüdern) über das Schlamassel hinweg. Firmenpolitik statt Sport, und alles Weitere besprechen wahrscheinlich auch hier, weil’s so lustig ist und wir alle so gerne wochenlang damit belästigt werden wollen, die Anwälte.

Deutsch-österreichische Freundschaft

Sie sitzen in ihren Kommandoständen, die Headsets kronengleich fest auf die edlen Häupter gepflanzt, ihre Blicke streng auf die Screens geheftet. Manchmal tut jedoch auch ein Blick über den Bildschirmrand in die Zuschauerränge ganz gut – solange dort noch Menschen sitzen, die sich ihre Tickets etwas kosten lassen. Da draußen gibt es, auch wenn die Ron Dennis School of Management dies vehement abstreitet, ja doch eine Welt, in deren größerem Zusammenhang DTM & Co. einen relativ geringen Stellenwert haben.

Denn das Deutsche Tourenwagen Masters ist letztlich nichts anderes als eine Entertainment-Veranstaltung ohne Meisterschaftsprädikat. Es lebt von der Show, die es an den Rennwochenenden abliefert. Bereits jetzt driftet man - vielleicht weil es vom Racing nicht mehr so viel zu erzählen gibt? - immer mehr in Richtung Lifestyle auf Rädern: Welche Promi-Klone sich diese Woche beim Pitwalk sehen lassen, hat schon beinahe soviel Stellenwert wie das Rennen an sich.

Kurz gesagt: Hr. Haug & Dr. Ullrich sind nicht Max & Bernie. Solches Gehabe können sie sich, jedenfalls derzeit noch, nicht allzu lange erlauben. Eventuell können die beiden wichtigen Herren also in Hinkunft privatim in der VIP-Lounge ihre Befindlichkeiten abklären. Aber bitte nicht mehr vor zahlendem Publikum - denn noch eine Formel 1 können sich die Fans nicht leisten,

meint Ihr

Johannes Gauglica

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