MOTORSPORT

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter
Formel 1: Williams feiert 600. Grand Prix

Der ewige Kämpfer

Frank Williams feiert am Monaco-Wochenende seinen 600. Grand Prix. Sein Rennstall ist das letzte echte Garagenteam, sein Herz gehört dem Motorsport.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Williams F1 Team/LAT, Photo4

Selbst in der modernen Formel 1 mit ihren protzigen Hightech-Motorhomes spürt man es, wenn man sich ins schlicht gehaltene Paddock-Reich des englischen Rennstalls begibt: Williams ist ein "echtes Garagenteam" - ganz so, wie es früher auch Lotus, Arrows, Brabham oder Jordan waren. Mit einer Niederlassung in Großbritannien, selbstverständlich. Da steckt kein Konzern dahinter - die Basis dieses Rennstalls stellt die Rennleidenschaft seiner Gründer Frank Williams und Patrick Head dar.

"Ich bin per Anhalter von Nottingham nach Silverstone gefahren, etwa 70 Meilen waren das. Es war im Juli 1955. Das Rennen hat Peter Collins im Ferrari gewonnen. Ich brauchte auf dem Hinweg acht Stunden, zurück war ich 16 Stunden unterwegs. Ich übertreibe nicht. Es hat sich aber wirklich gelohnt", beschreibt der heute 66-jährige Sir Frank Williams, wie er im Alter von 13 Jahren mit dem Motorsportvirus infiziert wurde.

Am Wochenende feiert der stille Brite in Monaco den 600. Grand Prix seines Rennstalls. 1967 hat er in der Formel 3 begonnen, danach folgten erste Formel 1-Einsätze mit Kundenchassis - wegen finanzieller Probleme kooperierte Williams mit dem austro-kanadischen Millionär Walter Wolf, der letztlich das Team übernahm und unter seinem Namen weiterführte. 1977 wagte Williams einen zweiten Anlauf - unter dem Namen "Williams Grand Prix Engineering", gemeinsam mit seinem Partner Patrick Head, der die technische Leitung des Teams innehatte und auch heute noch die Fäden zieht.

Steiler Aufstieg

Als er ausgerechnet mit der Bin Laden-Familie einen zahlungskräftigen Partner fand, ging es für das britische Team steil nach oben - 1979 baute Head eine bessere, kompaktere Version des Wingcars von Lotus und schon waren die ersten Siege da. Ein Jahr später errang Alan Jones den ersten WM-Titel für das Team. Frank Williams galt schon damals als ein Kämpfer, der sich auch selbst quälte - er lief als Jogger um die Strecken, um sich auch körperlich fit zu halten. Frank Williams war damals der personifizierte Erfolg. Er war ein Mann, der sich nach oben kämpft.

Der Unfall

Dann kam der 6. März 1986 - nach einem Überschlag mit dem Privat-PKW landet Frank Williams für immer im Rollstuhl, Querschnittlähmung. Sein Kampfgeist wurde noch größer - es dauerte nicht lange, und schon sah man Williams wieder an der Box die Fäden ziehen. Im gleichen Jahr gewann sein Team die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft, im Jahr darauf kam auch der Fahrertitel durch Nelson Piquet hinzu. Diese Eigenschaft, wenn es hart wird noch mehr zu kämpfen, zog sich durch seine gesamte Karriere: Jede Niederlage schien den Briten noch stärker zu machen.

Immer wieder war Frank Williams gezwungen, sich neu zu orientieren. Als die Saugmotoren von den Turboaggregaten abgelöst wurden, angelte sich Williams Honda als Motorenpartner. Als die Japaner Ende 1987 von Bord gingen, musste er auf Judd-Motoren setzen - doch Williams gab nicht auf: Ein Exklusivvertrag mit Renault folgte, deren V10-Motoren kombinierte er mit der Genialität von Adrian Newey - und es folgte erneut eine fruchtbare Zeit für das Team.

Tiefpunkt

Einer der schlimmsten Schicksalsschläge war mit Sicherheit der Tod von Ayrton Senna im Jahr 1994. Einer der größten Rennfahrer aller Zeiten starb in seinem Auto, das war für Frank Williams nur schwer zu verkraften. Hinzu kamen die Untersuchungen der italienischen Behörden, die ihm und seinem Partner Patrick Head fahrlässige Tötung anhaften wollten....

Frank Williams konnte sich erneut hochrappeln, feierte mit Hill und Villeneuve weitere Titel. Auch als Renault von Bord ging, musste Williams eine schwierige Phase hinnehmen, in der er mit Supertec-Motoren hinterherfahren musste. Abermals gelang es ihm, mit BMW einen Top-Partner zu gewinnen. Doch mit dem bayrischen Motorenwerk konnte Williams zwar starke Leistungen darbieten - gegen die Seriensiege und Weltmeistertitel eines Michael Schumacher waren sein Team und seine Piloten Ralf Schumacher und Juan Pablo Montoya jedoch nicht gewappnet.

Guter Riecher

Als dann BMW ausstieg, konnte sich Williams nach einem Übergangsjahr mit Cosworth-Motoren zumindest die Kundenaggregate von Toyota zusichern, die auch heute noch im Heck der Williams-Boliden zu finden sind. An die glorreichen Zeiten wird er damit nur schwer anknüpfen können - doch immer wieder gelingt es Williams, Topleistungen zu erbringen. Sicher auch deshalb, weil er einen "guten Riecher " für die Talente der Zukunft hat. Nico Rosberg ist sein Rohdiamant. Williams war es auch, der Alex Wurz die Chance für ein Renncomeback gab.

"Frank liebt den Motorsport"

Sir Frank Williams ist so etwas wie ein "echter Racer" - sein langjähriger Weggefährte und Partner Patrick Head sagte angesichts des Jubiläums von 600 Grand Prix: "Es ist ein unglaublicher Meilenstein für Frank. Vielleicht klingt es etwas abgedroschen, aber Frank liebt die Formel 1 und den Motorsport allgemein. Ich denke, dass ist das Geheimnis hinter seiner Beständigkeit." Head fügte hinzu: "Seit seinem Unfall ist er nachdenklicher geworden. Er arbeitet seitdem strategischer und das hat dem Team geholfen. Wie ich Frank kenne, wir er der Letzte sein, der seine 600 Rennen in Monaco feiern möchte. Er hat einfach keine Zeit, mal über seine Zukunft nachzudenken."

Williams bestätigte diese Einschätzung: "Es ist so, wie es fast alle bei mir erwarten werden: 600 Grands Prix bedeuten mir wenig." Doch der 66-jährige fügte hinzu: "Ich muss zugeben, dass es in den 40 Jahren wirklich brillante Momente gab, aber auch einige Momente tiefster Traurigkeit." Wenn er über die Zukunft seines Teams spricht, klingt es beinahe so, als wäre Frank Williams ein Newcomer in diesem Geschäft: "Wir brauchen Erfolge, dann bekommen wir mehr Einnahmen. Dann können wir investieren und dann werden wir weiter besser, bis wir eines Tages die Spitze erreichen. So einfach ist es leider nicht. Wir sind kein reiches Team, wir sind aber auch kein armes Team und es würde uns nichts mehr Freude bereiten, als eines Tages wieder an die Spitze zurückzukehren."

Bilderbuch: 600 Grand Prix für Williams - klicken Sie sich durch die aufregende Geschichte des Frank Williams.

News aus anderen Motorline-Channels:

- special features -

Weitere Artikel:

"Drive to Survive"-Bösewicht?

F1-Filmstar räumt mit Verstappens Image auf

Max Verstappen kommt in "Drive to Survive" wie ein Bösewicht vor - F1-Schauspieler Damson Idris erklärt jetzt, wie er den Niederländer erlebt hat

24 Nürburgring 2025: Analyse Top-Qualifikation

Fortsetzung folgt – oder nur so viel wie nötig

Betrachtet man die Freitags gefahrenen Zeiten mit denen von Samstag, dann wird für den langjährigen Beobachter eines ganz besonders deutlich: Auch im Einzelzeitfahren um die ersten fünf Startreihen haben die Teams und Fahrer immer eines im Blick – die Uhr. Engel, Estre und Neubauer im Gespräch.

Vor einigen Monaten wurde über ein LMDh-Programm von Mercedes-AMG spekuliert, doch jetzt stellt Sportchef Toto Wolff klar, warum Le Mans "zurzeit keine Option" sei

GP von Österreich: Qualifying

Norris demoliert Konkurrenz mit Gelb-Hilfe!

Max Verstappen beim Red-Bull-Heimspiel schwer geschlagen, Nico Hülkenberg Letzter - und Lando Norris holt Pole mit einer dominanten Vorstellung in Q3

"Dazu sage ich nichts", war Max Verstappens Credo bei der Pressekonferenz in Österreich: Das steckt hinter der Schweigeorgie des Weltmeisters