
GP2-Fight exklusiv: Pantano vs Senna | 05.08.2008
"Ich habe mich schnell entwickelt"
Der zielstrebige, erstaunlich reife GP2-Pilot Bruno Senna erinnert im motorline.cc-Interview an seinen unvergessenen Onkel Ayrton...
Michael Noir Trawniczek
Bruno, in der GP2 bahnt sich ein Zweikampf Pantano gegen Senna an. Bist du bereit für den GP2-Titel?
Ja, ich möchte diese Meisterschaft unbedingt gewinnen, ich liebe den Kampf - es wird interessant werden, mit Giorgio einen guten Kampf zu haben und zu zeigen, dass ich sehr stark bin.
Würdest du sagen, dass du auch bereit bist für die Formel 1?
Ich denke schon. Ich denke, dass ich mich physisch und mental auf einem guten Level befinde und ich gut genug für die Formel 1 bin. Es gibt natürlich immer noch genug zu lernen und auch genug zu verbessern - aber ich werde das schaffen und es wäre wirklich gut, in ein Formel 1-Auto zu gelangen.
Du hast ein deiner Jugend keine Kartrennen bestritten...
Ich bin von fünf Jahren an bis zum Alter von zehn Jahren mit Karts gefahren, habe aber keine Rennen bestritten, das stimmt.
Dann, als dein Onkel, der unvergessene Ayrton Senna, tödlich verunglückte, hat man dir den Motorsport verboten. Denkst du heute, dass dieses Verbot heute noch ein Handcap für dich darstellt?
Es hat mich behindert, als ich mit dem Rennsport begonnen habe - doch mittlerweile habe ich das gelernt. Wenn du schaust, ich habe mich sehr schnell entwickelt. Ich habe mit null Erfahrung begonnen und habe es in vier Jahren Motorsport, in vier Rennsaisonen so weit gebracht, dass ich um die GP2-Meisterschaft kämpfen kann. Ich habe mich also nicht so schlecht angestellt und viele meiner Gegner hatten mehr Erfahrung und mehr Erfolge auf dem Buckel und ich konnte sie schlagen. Ich kann also mit erfahrenen und erfolgreichen Piloten mithalten - jetzt stellt sich die Frage, eine gute Möglichkeit zu erhalten.
Wäre die Scuderia Toro Rosso eine solche Möglichkeit?
Ich denke schon, vielleicht. Ich muss schauen, welche Möglichkeiten sich ergeben - aber natürlich wäre Toro Rosso ein guter Weg, weil es ein Team ist, dass stark genug ist, einen Weg zu beschreiten und zu lernen. Sie sind auch auf der technischen Seite gut ausgerüstet und Gerhard [Berger, d. Redaktion] verfügt über sehr viel Erfahrung. Toro Rosso wäre ein guter Platz, um in der Formel 1 anzufangen. Aber es hängt davon ab, welche Möglichkeiten sie mir bieten - manche Leute offerieren mir Testcockpits, andere bieten mir Renncockpits an. Da musst du dir eben anschauen, was sich anbietet.
Würdest du auch zu Force India gehen?
Es ist hart zu sagen - du weißt nie, was passieren wird. Heute sind die Testtage stark limitiert - wenn du einen Rennsitz erhältst, der dir auch die Möglichkeit gibt zu testen, auch in der Vorsaison, dann kannst du viele Kilometer abspulen und jene Erfahrung sammeln, die du benötigst, um Formel 1-Rennen zu bestreiten.
Mit diesen limitierten Testtagen ist es sehr schwer geworden für junge Piloten...
Ja, mit Sicherheit. Aber du musst dich dem stellen - die Teams brauchen Leute mit Erfahrung. Leute, die fünf oder mehr Jahre in der Formel 1 waren - die haben dann vielleicht nicht mehr die gleiche Motivation, aber sie verfügen über die nötige Erfahrung und sie wissen, was sie in bestimmten Momenten zu tun haben. Und manchmal weißt du nicht, in welche Richtung du gehen sollst - und es ist schwierig, du brauchst viele Kilometer und Erfahrung, damit du deine Ziele umsetzen kannst.
In der GP2 hast du nur eine halbe Stunde Freies Training, um dein Auto einzustellen - das ist sicher nicht leicht...
Das ist kein großes Problem - natürlich wäre mehr Zeit zum Testen ideal, denn es gibt in der laufenden Saison so gut wie keine Testfahrten. Aber weißt du: Gerade diese Zeitknappheit bringt die Leute dazu, die Abstimmungsarbeit so schnell zu erledigen. Und wer sich schneller anpassen kann, wird den größeren Erfolg haben.
Hast du mit deinem Onkel viel über den Rennsport gesprochen?
Eigentlich nicht so viel. Ich war erst zehn Jahre alt, als er gestorben ist. Die meiste Zeit, in der wir zusammen waren, haben wir einfach nur schöne Ferientage miteinander verbracht. Er kam eben manchmal nach Brasilien und wir sind gemeinsam Gokart gefahren und hatten Spaß - aber es war mehr ein Spaß als ein seriöser Wettkampf. Ich denke, er hat einfach nur versucht zu erreichen, dass ich Spaß daran habe. Erst dann hat er versucht, mir beim Fahren etwas zu lernen.
Was glaubst du würde Ayrton zur heutigen Formel 1 sagen?
Er würde natürlich genau wissen, wohin ergehen müsste, mit wem er sprechen müsste. Es wäre für mich um vieles leichter mit ihm an der Seite, mit seiner Erfahrung - er würde mir dabei helfen, in der Formel 1 die richtigen Leute zu beeindrucken. Aber das ist auch ein Teil des Jobs als Rennfahrer - zu wissen, wohin man sich wenden muss, welche Schritte man zu setzen hat. Das ist eine Herausforderung - und es ist sehr wichtig für meine Karriere, auf all diesen Gebieten die nötige Reife zu erlangen.