GP2 Series: News | 07.08.2008
"Disziplin ist alles in der GP2"
Austro-Spanier Andy Soucek über sein neues Team, den neuen GP2-Boliden, seine Nationalität, die hohen Anforderungen der Serie und vieles mehr.
Michael Noir Trawniczek
Andy Soucek wieder ein Teil der GP2-Familie - es hat eine Zeit gegeben, da warst du gefährdet, aus dieser Familie quasi herauszufallen, aufgrund einer unfairen Aktion eines Teams...
Das Problem ist schon lange her. Ich glaube, man muss im Motorsport die Realität erkennen, in der man sich im Moment gerade befindet. In diesem Moment bin ich in einer sehr guten Position, da ich in einem sehr guten Team fahre. Die Sache mit Coloni und Fisichella Motorsports ist schon vorbei - in dem Sinne, als dass ich das bereits vergessen habe. Ich muss mich aufs Fahren konzentrieren - und im Fall Fisichella sind meine Rechtsanwälte tätig, da wird jetzt in Italien prozessiert.
Für dich als Rennfahrer macht der Ausgang dieses Prozesses wahrscheinlich nicht so viel aus, weil du bereits ein anderes Team hast und du bei FSM so oder so nicht fahren wollen würdest oder?
Naja, logischerweise haben die auch ein Geld, das ich auch zurückbekommen will. Aber sonst macht es tatsächlich keinen Unterschied - jetzt bin ich, glaube ich, in einem besseren Team mit professionellen Leuten, die mich wirklich nach vorne bringen wollen - und das ist es, was jetzt für mich zählt.
Bei DPR hast du im Vorjahr einen Quantensprung erlebt, als du einen neuen Renningenieur erhalten hast, mit dem du sehr gut zusammenarbeiten konntest. Bist du mit deinem Renningenieur bei Super Nova bereits auf einem ähnlichen Level?
Mein Renningenieur ist sehr gut, er hat sehr viel Erfahrung. Er ist der einzige Mann im Team, der seit der Gründung des Super Nova-Teams dabei ist. Er kennt also alle Leute im Team sehr gut, er ist sehr, sehr professionell, sehr intelligent - mit ihm komme ich sehr gut aus, mit ihm kann ich sehr gut arbeiten.
Was hältst du von dem neuen GP2-Boliden, der 2008 erstmals zum Einsatz kommt - im Vergleich mit dem Vorjahrswagen?
Der Unterschied zwischen dem alten und dem neuen GP2-Auto ist nicht sehr groß, glaube ich. Der Neue ist vielleicht ein bisschen besser in den schnellen Kurven. Es hat ein bisschen mehr Grip und eine etwas bessere Traktion. Aber es ist im Endeffekt mehr oder weniger die gleiche Basis wie beim alten Auto.
Die GP2-Serie ist sehr beliebt, die Rennen sind zu einem sehr großen Teil äußerst spannend und actionreich. Zugleich wird sie immer weniger im FreeTV gezeigt, dann gibt es jetzt die Formel 2, die von der FIA ins Leben gerufen wurde. Man hat den Einsruck, jemand möchte die GP2 vernichten...
Bislang haben wir zwar ein paar Informationen über die neue Formel 2 erhalten, es wurde auch schon seit ein paar Wochen darüber gesprochen - seit ein paar Wochen jedoch habe ich nichts Neues mehr über diese Kategorie erfahren. Ich sage bei solchen politischen Fragen immer: Wenn man etwas fährt, in meinem Fall jetzt die GP2, muss man sich darauf konzentrieren, denn es ist eine sehr schwierige Rennserie, in der man als Fahrer wirklich alles geben muss.
Wo man also wirklich nur für die GP2 leben muss. Man kann nichts anderes machen. Weil die Kompetenz und die Konkurrenz sehr groß sind. Wir werden schon sehen, was mit den ganzen Rennserien passiert - die F2, die GP2, die Champions Superleague, die A1GP-Serie und so weiter. Im Moment konzentriere ich mich auf die GP2 - wenn das alles zu Ende ist und es kein Budget mehr gibt, dann werde ich sehen, ob ich etwas anderes fahren soll. Aber ich glaube: Derzeit ist der Weg in die Formel 1 immer noch die GP2.
Der Grand Prix von Ungarn ist für die Österreicher ein "halber Heim-Grand Prix", es kommen viele Fans aus Österreich. Du hast einen spanischen und einen österreichischen Pass, bist aber aufgewachsen in Spanien und lebst auch dort. Du bist in euren Aussendungen manchmal der Spanier, dann wieder der Austrospanier - wie siehst du dieses Thema der Nationalität?
Das ist eine sehr komplizierte Angelegenheit. Weil mein Vater ist Österreicher - und er wollte immer, dass ich auch Österreicher bin. Ich bin aber in Madrid geboren, lebe schon mein ganzes Leben lang in Spanien und ich fühle mich mehr identifiziert mit Spanien. Nur habe ich auch in einer deutschen Schule studiert - meine Muttersprache ist zwar spanisch, aber in Deutsch fühle ich mich auch sehr wohl. Und wenn ich in Österreich Schi fahren gehe, habe ich meine ganze Familie um mich und ich glaube in meinem Herzen ist es fifty-fifty.
Naja, es ist ja auch okay, wenn dir die Spanier und die Österreicher die Daumen drücken, oder?
Ja, ich glaube man kann auch beides sagen. Austrospanier, oder was auch immer. Man muss sich ja nicht immer an einem Land festklammern, man kann im Herzen ja ein bisschen offener sein, und auch im Kopf. Und man denken, dass ein Spanier auch eine österreichische Familie haben kann - so ist es eben in meinem Fall.
Ich habe Gerhard Berger gefragt, ob er bald wieder einen Österreicher in der Formel 1 sieht. Und er sagte, dass er derzeit keinen Österreicher direkt vor der F1-Türe sehen würde...
(lacht) Das sagt er wahrscheinlich, weil er nicht weiß, dass ich Österreicher bin - nein, das war natürlich nur ein Scherz. Er hat schon Recht irgendwie, glaube ich. Man muss schon die GP2 gewinnen, um garantiert in die Formel 1 zu kommen. Aber ich glaube, dass man auch dann in die Formel 1 kommen kann, wenn man in der GP2 einen guten Job liefert - da gibt es, so glaube ich, keinen Standard, wo man sagt: Entweder du gewinnst oder du hast nichts mehr zu tun.
26 Fahrer können nicht gewinnen - und alle 26 sind sehr gut vorbereitet und können auch in einem Formel 1-Team einen guten Job erledigen. Natürlich: Wenn sie den besten Fahrer haben wollen, dann gehen sie das wenigste Risiko ein, wenn sie den Gewinner der GP2 herausholen. Aber die GP2 hat ein sehr hohes Niveau - ich würde sagen genauso hoch wie die Formel 1.
Wenn ich jetzt laut nachdenke: Die F1-Piloten haben drei sehr lange freie Trainingseinheiten vor dem Qualifying, jedes Training dauert 90 Minuten - die haben da überhaupt keinen Druck in diesem Free Practice. Und wenn dann das Qualifying kommt, dann wissen sie ganz genau, was sie machen müssen, weil sie schon fünf Stunden vorher getestet haben.
Wir in der GP2 haben ein Free Practice und ein Qualifying zu je 30 Minuten, wo die Reifen nur zwei Runden lang gut sind. Und dann kommen wir vielleicht zu einer Rennstrecke, die wir nicht kennen oder wo wir nicht sehr viel Erfahrung haben - und die ersten zwei Runden sind die schnellsten.
Das heißt: Der Fahrer muss so konzentriert, so gut vorbereitet sein, um eben in diesen zwei Runden keinen Fehler zu machen, sonst ist das ganze Wochenende vorbei. Deshalb denke ich auch: Ja gut, Formel 1-Fahrer sind Heroes, sie bekommen für ihren Job Geld, sie haben sicher auch in den Kategorien vor der Formel 1 einen guten Job gemacht - aber in der GP2 musst du als Fahrer unbedingt sehr, sehr diszipliniert sein!