
Macao: Die Strecke | 13.11.2009
Autocrash vorm Grand Hotel
Straßenrennen haben ihren eigenen Reiz: Aber gegen den Circuito da Guia wirken alle anderen Stadtkurse der Welt vergleichsweise lahm.
Exotisches Ambiente mit Schrott-Garantie: Der Macau Grand Prix ist jedes Jahr ein würdiges Gipfeltreffen der schnellsten Formel-3-Talente, und die Tourenwagen-WM hat für ihr Finale die beste denkbare Bühne gewählt.
Vergleiche drängen sich auf: mit Monte Carlo als traditionellem Gassenhazerl im Milliardärsghetto, oder Long Beach mit High Speed unter Palmen.
In Macau jedoch sind die schnellen Passagen schneller, die langsamen langsamer, und eine Runde ist mit 6,1 Kilometern Distanz fast doppelt so lang.
Vielleicht das schwerste Stadtrennen der Welt: der Circuito da Guia wirkt beinahe wie für ein Videospiel designt.
Wie lange noch?
Die ehemalige portugiesische Enklave hat auch heute, als Las Vegas des Ostens, noch koloniales Flair.
Nachdem ja auch in der Volksrepublik China schon der Kapitalismus ausgebrochen ist, hatte bis vor kurzem niemand gegen ein solch dekadentes Spektakel wie den Grand Prix etwas einzuwenden.
Auch der Tourismus hat davon profitiert, jetzt wettern langsam die Casino-Betreiber gegen die Sperre der Stadt, die ihnen die Kunden vertreibt...
Straßen von San Francisco
Der Start zum Auto-Billard liegt in der breiten Vollgaspassage an der Küste, die Reservoir Bend vor der Ziellinie und die Mandarin Bend danach sind praktisch nur Richtungsänderungen ohne Bremsen.
Viel und möglichst spät bremsen muß man dann aber für die in jedem Crash-Video vertretene 90-Grad-Rechtskurve beim Grand Hotel Lisboa.
Früher war das gleich die erste Kurve nach dem Start, heute hat das Feld immerhin etwas Zeit, sich zu sortieren – oder Schwung zu holen für den Größten Anzunehmenden Unfall. Kein Rennwochenende, an dem es hier nicht „tuscht“.
Die Streckenbreite reduziert sich von 14 Metern fast um die Hälfte. Die enge Straße geht schnurstracks den steilen Subida de San Francisco hinauf. Wer hier überholen kann, bekommt einen Sonderpreis.
Dann beginnt das Geschlängel, nächstes Kriterium: Curva de Maternidade (die „Mutterschaftskurve“ an der ehemaligen Gebärklinik vorbei), eine 120-Grad-Rechtskurve am höchsten Punkt der Runde.
Durch das folgende halbe Dutzend Kurven den Ramal dos Mouros, oder Moorish Hill, hinunter könnte man mit etwas Kunstschnee auch einen feinen Abfahrtslauf gestalten.
Ausgangs der zügigen Curva Dona Maria wird die Strecke noch schmaler, ihren engsten Punkt mit nur sieben Metern Breite erreicht sie in der Melco-Haarnadel: hier herrscht ewiges Überholverbot.
Aber jetzt wird’s wieder schnell: die weite Linkskurve Curva dos Pescadores, kurze Gerade, nochmals links durch die Curva R (unter einer Brücke durch, ganz wie in der Virage des Portiers in Monte Carlo), und wir sind wieder auf der Uferautobahn.
Der Linksknick beim Reservoir führt zu Start und Ziel. Und idealerweise – aber beileibe nicht immer – in die nächste crashfreie Runde.