
WTCC: Imola | 20.09.2009
Die ganz große Diesel-Show
Seat mit Riesenschritt in Richtung Titel: Muller & Tarquini führen die Konkurrenz vor - BMW: Farfus erleidet herben Rückschlag - Lada sensationell.
Was macht BMW in der Saison 2010? Dr. Theissen hat betont, dass weiterhin Renn-Dreier in der WTCC ertreten sein werden – aber Werkautos sind für nächstes Jahr nicht bestätigt.
Und der vor allem von deutschen Medien herbeigesehnte Einstieg in die DTM ist wohl erst mit dem neuen Reglement 2011 überhaupt ein Thema.
Gleichzeitig gönnen sich die BMW-Werksfahrer Andy Priaulx und Jörg Müller einen Abstecher zum 1000-Meilen-Rennen Petit Le Mans in Road Atlanta Ende September. In den USA fahren Werks-BMW M3 GTR in der ALMS.
Vielleicht begibt sich Weiß-Blau also wieder, wie zuletzt unter der Ägide von Gerhard Berger, in Richtung Le Mans?
Was BMW in absehbarer Zukunft wohl nicht machen wird, ist einen Weltmeister feiern. Denn die Titelchancen von Augusto Farfus haben bei den Rennen in Imola einen empfindlichen Dämpfer erlitten.
Denn das Wochenende in der Emilia-Romagna stand im Zeichen von Rot-Gelb-Rot. Seat Sport dampft mit Diesel-Power dem Markentitel entgegen, und bei den Fahrern zeichnet sich ein internes Duell der spanischen Werksangestellten ab.
Nur einen Punkt Ausbeute nimmt Farfus aus Italien mit, damit ist der bereits 18 Punkte zurück und hat als einziger Fahrer neben Tarquini und Muller überhaupt noch Chancen.
Gabriele Tarquini machte dem heimischen Publikum nahe Bologna große Freude mit der Pole Position. Mit Stefano d’Aste platzierte sich ein weiterer Lokalmatador als Vierzehnter auf die Privatiers-Pole.
Yvan Muller und Rickard Rydell holten die Startplätze 2 und 3 für Seat, Rob Huff im Chevy Cruze war „Best of the Rest“. Alle fünf Seat Leon TDI waren in den Top 8, schnellste BMW-Vertreter waren Farfus und Priaulx auf P6 und 7.
Lauf 1
Schon in der ersten Kurve gab es ein Schrott-Festival, und zum Entsetzen der BMW-Verantwortlichen war Farfus’ erster Lauf dort auch gleich wieder zu Ende. Auch Jörg Müller kam zu Fuß an die Box zurück, ebenso die Seat-Fahrer Tiago Monteiro und Jordi Gené.Yvan Muller verlor im Gerempel einige Positionen, währen Tarquini an der Spitze ein Schaulaufen ablieferte. Top-Privatier Tom Coronel, der übrigens doch noch die Überseerennen bestreiten können wird, war einer der Profiteure und hielt sich bis ins Ziel auf Platz 5.
Ein echter Lokalheld vermochte ebenfalls zu glänzen, nämlich der Bologneser Alex Zanardi als Vierter. Und das größte Wechselbad der Gefühle machte zweifelsohne die Fraktion von Lada durch.
Der 110 von Jaap van Lagen wurde in der neunten Runde von einem Kollegen derart angeschoben, dass die Aktion in einem Überschlag endete. Dafür lieferte James Thompson im zweiten russischen Werksauto eine Glanzleistung ab: Platz 6 im ersten Rennen, und damit die ersten WM-Punkte für die Marke!
Menu als Achtplatzierter des ersten Laufes startete von der Pole Position – diesen Platz hätte beinahe Andy Priaulx eingenommen, er verlor die Position aber durch eine "Exkursion" in der letzten Runde.
Somit waren die BMW fürs zweite Rennen insgesamt eher im Hintertreffen, mit Ausnahme von Sergio Hernandez (Startplatz 2) und Alex Zanardi und Alex Zanardi (Startplatz 5).
Lauf 2
"Die Seat waren um so vieles schneller als wir, dass ich mich entschlossen habe, gegen die beiden gar nicht erst zu kämpfen", resümiert Alain Menu, der hinzufügt: "Wir können gegen sie nichts ausrichten."Dieses Resümee des Schweizers fällt recht leidenschaftslos aus, als Profi kennt er das Spiel zur Genüge: Der Motorsport ist auch ein politisches Spiel, und Seat hat bei der Gestaltung des Reglements einfach die richtigen Fäden gezogen.
Den Beweis traten Muller und Tarquini beim zweiten Rennen in Imola an – ihnen genügten vier Runden für den Durchmarsch von der vierten Startreihe an die Spitze des Feldes. Dann kam der Befehl "Position halten!", denn Seat Sport denkt primär an den Markentitel. Welcher seiner Fahrer Weltmeister wird. Ist Jaime Puig sozusagen egal.
Der echte Kampf fand um Platz 3 statt, dort rangelte Menu mit Zanardi und – man höre und staune – Thompson. Die Sensation lag in der Luft, und Dr. Theissens Schreckensvision „Lada schlägt BMW“ nahm beinahe Gestalt an. Abhilfe schafften nicht nur Menu und BMW-Bollwerk Zanardi (übrigens vor kurzer Zeit Vierzehnter bei der Handbike-WM), sondern auch die Seat Leon TDI von Jordi Gené und Rickard Rydell.
Die beiden tankten sich ebenso unwiderstehlich durchs Feld wie ihre führenden Markenkollegen, Gené kam auch an Thompson noch vorbei, damit freuen sich die „Russian Bears“ um Viktor Schapovalow über zwei sechste Plätze.
Eine echte Hetzjagd legte Farfus hin, der vom 22. Startplatz aus dann noch den 8. Endrang und somit einen einzigen Punkt mitnehmen konnte.
Die WTCC geht jetzt wieder in eine längere Pause, während der das Gejammer um die TDI-Überlegenheit wohl nicht verstummen wird.
Am 1. November geht die WTCC im japanischen Okayama in ihre vorletzte Runde, dorthin kommt der Drittplatzierte Farfus mit einem Rückstand von 11 Punkten auf Muller und 18 Zählern auf Tarquini. Bei den Herstellern liegt Seat jetzt 21 Punkte vor BMW.