
Exklusiv: Reportage | 07.04.2010
Das große Abenteuer Formel Ford
Das PRS-Project vermietet künftig originale Formel Ford-Boliden aus den Achtzigerjahren - motorline.cc durfte schon vorab ins Cockpit.
Johannes Gauglica & Michael Noir Trawniczek
Fotos: JP Helm & Johannes Gauglica
Der Slovakiaring ist für den Großteil der österreichischen PS-Szene noch unentdecktes Neuland, deshalb war der von Wolfgang Täubler, Österreichs unvergleichlich sympathischerer Antwort auf Bernie Ecclestone, organisierte Test- und Kennenlerntag eine gute Gelegenheit für einen ersten Blick auf die Strecke unweit von Bratislava. Wobei "unweit" in Anbetracht der mitunter mühsamen Anreise ein relativer Begriff ist.
Wenn man einmal bis zur Strecke gefunden hat, präsentiert sich eine brandneue Anlage mit einer maximalen Streckenlänge von fast sechs Kilometern und einigen "Mut-Passagen". Bis auf drei künstliche Erhebungen, von den Aktiven alsbald "Sprunghügel" getauft, ist der Kurs bretteleben und eine richtige Fahrerstrecke. Anders als auf manchem Tilke-veredelten Kurs gibt es keine lähmend langsame erste Kurve, hart gebremst wird erst im zweiten Streckendrittel. Auch an selektiven technischen Passagen hat der Kurs einiges aufzuwarten. Ideal also für eine Premiere im Formel-Auto!
Gemeinsam mit dem Porsche Club Wien teilte sich eine starke Abordnung des Histo-Cup und auch das eine oder andere Team aus dem Suzuki-Cup den ganzen Tag bei strahlendem Frühlingswetter brüderlich die Rennstrecke. Darunter auch eine Abordnung der historischen Formelszene, die ja im Rahmen des Histo-Cup eine starke Renaissance feiert.
"An einigen Stellen schlagen die Kurven ziemlich die sprichwörtliche Türe zu. Das gibt's gleich dreimal! Das ist in unseren Breiten eher ungewöhnlich, aber trotzdem interessant. Ein paar Passagen sind unübersichtlich und damit nicht ungefährlich" – soweit die Einschätzung Martin Leitners zur neuen Anlage in der Slowakei. Er war an diesem Testtag unser Gastgeber, sein im niederösterreichischen Purgstall ansässiges Team brachte gleich vier Formel-Ford-Monoposti mit. Leitner ist außerdem der Initiator des gesamten Formel-Revivals, das mittlerweile eine große Zahl an Anhängern gefunden hat: "Und dann haben wir es gottseidank geschafft, als jüngstes Kind in die Histo-Cup-Familie aufgenommen zu werden."
“Wie Ross Brawn“
"Diese Fahrzeuge sind sehr einfach und gutmütig zu fahren", erzählt er über seine Flotte an Formel Ford-Rennern, allesamt Erzeugnisse der britischen Marke PRS. "Die Firma hat ihre Autos in den Jahren 1976 bis 1982 gebaut. Einige waren auch bei Walter Lechner in der Racing School, Lechner hatte den Import für Österreich und Deutschland über." - Leitners Team ist immerhin die regierende Meister-Mannschaft des Jahres 2009, mit Sami Hamid holte man sich ("genau wie Ross Brawn!") gleich im ersten Jahr den ersten Titel. Wir waren also an der richtigen Adresse! Seit heuer bietet man auch den Verleih von Fahrzeugen an.
Wenn Formel Ford-Autos reden könnten, sie wüssten viel zu erzählen. Diese Fahrzeuge haben im Renn- und Schulbetrieb ein langes Leben; das getestete Chassis stammt aus dem Jahr 1981. Die Formel Ford war faktisch bis zur Jahrzausendwende ein halbes Jahrhundert lang eine der allerwichtigsten Nachwuchsserien im internationalen Rennsport.
Bis zu 245 km/h
Im Heck arbeitet ein 1.600 Kubikzentimeter großer Vierzylinder-Vergasermotor der Ford-Modellreihe Kent. Die Leistung beträgt ca. 120 PS, das allerdings bei einem äußerst moderaten Eigengewicht von ca. 430 Kilo. Ein Viergang-Getriebe leitet die Kraft auf die Hinterräder. In vier Sekunden ist man aus dem Stand auf Tempo 100, der Top-Speed liegt bei der in der Slowakei verwendeten Übersetzung bei ca. 200 km/h. Zur Frage, was denn maximal möglich wäre, liefert Martin Leitner eine bemerkenswerte Zahl zum Vergleich: "Der Geschwindigkeitsrekord mit dem Formel Ford 1600 am alten Österreichring waren 245 km/h..."
Gefahren wird mit profilierten Intermediate-Reifen, Slicks sind in dieser Klasse verboten. Kurios: Bei den älteren Modellen von PRS sind die Kühler an der Fahrzeugflanke platziert, in unserem '81er-Testauto sitzt ein Kühler in der Fahrzeugnase. An sich ein Rückschritt, aber "es war eine Weiterentwicklung für eine bessere Gewichtsverteilung. Die Batterie ist vorn untergebracht, wenn auch der Kühler vorn platziert wird, ergibt das eine neutralere Straßenlage", sagt Martin Leitner.
Im Cockpit findet der Fahrer eine überaus sachliche Armaturenlandschaft vor: Der zentrale Drehzahlmesser wird von den Temperaturanzeigen für Öl (links) und Wasser flankiert; rechts unten der Hauptschalter, links unten der Startknopf, mittig der Schalter für das einzelne rote Hecklicht. Vom Rädchen links außen für die Bremsbalanceverstellung lässt man während des Rennens lieber die Finger ("Schumacher hat das als einer der wenigen gemacht... – grundsätzlich will man vorne mehr Bremswirkung als hinten, für neutrales Einlenken"); das adrette Hebelchen rechterhand wird dagegen fleißig bedient, es sortiert die vier Fahrstufen.
20 Minuten für 350 Euro
Die Kosten für eine Ausfahrt im Formel Ford sind moderat, von 350 Euro für 20 Minuten "freies Fahren" bis zu 1.900 Euro für ein Rennwochenende. Etwaige Schäden sind da natürlich noch nicht inkludiert, da folgt dann der Blick in die Preistabelle für auszuwechselnde Komponenten. Aber keine Angst: Formel Ford-Autos wirken zwar filigran, halten aber einiges aus, wie sie auch heute noch an jedem Wochenende irgendwo auf der Welt beweisen. Alles in allem ist ein Ausflug im Formel Ford nicht nur sehr vergnüglich, sondern auch leistbar.
Die Voraussetzungen: Für den 20 Minuten-Trip genügt ein gültiger Führerschein, fürs Rennen braucht man dann natürlich eine entsprechende OSK-Lizenz. "Motorsportliche Erfahrung wäre nicht schlecht, ansonsten sollte man vorher ein Freies Fahren absolvieren", merkt Martin Leitner an, "dass jemand ohne jede Erfahrung ein Rennwochenende mietet, ist aber die absolute Ausnahme." – Die Ausrüstung wie Helm, Overall etc. wird auf Wunsch auch seitens des Teams gestellt.
Rein mechanisch
"In meinem Hauptberuf programmiere ich Steuergeräte. Hier kann ich mich so richtig ausleben!" – Josef-Peter Helm ist der Techniker bei PRS, der die Rennautos bis in ihre innersten Innereien kennt, "Dinge wie Einspritzungs-Mapping sind sozusagen Herumtippseln am PC. Man sollte das, was man da einstellt, aber auch verstehen. An älteren Rennautos kann man die Prinzipien von Grund auf verstehen." - Von Elektronik ist hier tatsächlich noch weit und breit nichts zu sehen, alle Kommandos in Richtung Antrieb erfolgen rein mechanisch.
"Josch" Helm, motorline.cc-Lesern auch bekannt als einer der Drahtzieher hinter dem oberösterreichischen Slalom-Cup, hat seine Liebe zu Renn-Technik jetzt auch mit einer eigenen Firma zum Beruf gemacht. Er arbeitet an der technischen Entwicklung des Teams: "Leute wie Lechner, Penker und andere große Namen der Formel Ford hatten zu ihrer Zeit schon ein enormes Können, das kann man nicht von einem Tag auf den anderen nachmachen." – Weitere seiner Projekte sind z.B. der Bau von Super-Seven-Roadstern (dem Formel Ford ja grundsätzlich nicht unähnlich) oder die technische Betreuung des regierenden Formel-Bergmeisters Andreas Stollnberger.
Die erste Sitzprobe
Für motorline.cc-Redakteur Michael Noir Trawniczek wird es jetzt langsam ernst – nachdem er in den vom Team zur Verfügung gestellten Rennoverall und die mitgebrachten Rennschuhe geschlüpft ist, steht die erste Sitzprobe an. Auch das ist nicht so einfach, wie es sich der/die interessierte Leser/in vielleicht vorstellen mag: Mit den zarten Rennschuhen stellt man sich auf den Schalensitz und lässt sich, mit beiden Händen an der (hinteren, weiter vorne würde sie eventuell brechen) Cockpitwand abgestützt, langsam in das Monocoque gleiten. Wie eine Ballerina muss man die Zehen durchstrecken und sich mit ausgestreckten Beinen vorsichtig in die Röhre gleiten lassen, denn sonst könnte man eines der im Cockpit verlegten Kabel beleidigen und man möchte es sich schließlich weder mit dem Auto noch mit dessen Besitzer verscherzen.
Die Sitzposition könnte man auch „Liegeposition“ nennen, man sitzt zumindest recht flach in dem Boliden – wichtig ist, dass man die Kupplung durchtreten kann. Ein Kollege erklärt Trawniczek, wie man Zwischengas gibt – dieses sei beim Runterschalten in den zweiten Gang nötig. In dem engen Fußraum soll man mit dem vorderen Teil des Fußes bremsen, mit dem hinteren Fußballen soll man zugleich einen kleinen Gasstoß geben. „Als dann Martin Leitner meint, Zwischengas sei nicht unbedingt erforderlich, bin ich erleichtert. Zumal mir ein Kollege vorhin erklärt hat, wie er schaltet – und man hier ohnehin nur in drei Kurven den zweiten Gang verwendet“, gesteht Trawniczek.
Leitner erklärt: „Beim Wegfahren solltest du rund 4.000 U/min drehen – prinzipiell sind 6.000 U/min das absolute Maximum, darüber solltest du nicht drehen. Auf der langen Geraden geh bitte etwas vom Gas, wenn du bei 6.000 U/min angelangt bist. Wir haben hier noch nicht die exakte Übersetzung für diese Strecke.“ Trawniczek vermisst etwas: „Gibt es keinen Drehzahlbegrenzer?“ Leitner schüttelt den Kopf: „Nein, aber du hast den Drehzahlmesser gut im Blickfeld.“
Leitner und Helm schnallen Trawniczek an, sie zerren an den Gurten, stellen diese straff ein. Denn der Pilot soll natürlich fest verankert sein im Cockpit. Leitner erklärt noch, wie das Lenkrad abgenommen und wieder aufgesteckt wird. Jetzt wird es aber wirklich ernst…
“Überhaupt nicht störrisch“
Trawniczek erinnert sich: „Dass einem beim Wegfahren mit einem Rennfahrzeug schon mal der Motor abstirbt, ist nichts ungewöhnliches. Zugleich steckt in mir schon ein wenig die Angst, dass ich ohne Drehzahlbegrenzung den Motor abstechen könnte. Doch sobald das Visier zugeklappt ist, entschwinden all diese Gedanken – ich komme auch gleich beim ersten Versuch vom Fleck, das Wegfahren ist überhaupt kein Problem. Durch die Boxengasse rolle ich hinaus auf die Strecke – aus der Cockpitperspektive kommt einem die mächtige lange Gerade gleich noch breiter vor. Ich schau in den Rückspiegel, um nicht gleich beim Einreihen mit einem der anderen Autos zu kollidieren. Ich schalte hoch auf den vierten Gang, spüre den Fahrtwind, spüre den Speed dieses Autos. Mit der H-Schaltung muss ich in der Folge bis auf dreimal (zweiter Gang) immer nur vom vierten in den dritten und vom dritten in den vierten Gang wechseln, die Schaltung ist entgegen meinen Erwartungen überhaupt nicht störrisch, lässt sich gut bedienen.“
„Jetzt kommt die erste Schlüsselpassage, der ‚Sprunghügel’. Es geht recht steil bergauf, man sieht nicht, was hinter der Kuppe kommt. Dahinter kommt aber sogleich eine enge Rechtskurve. Ein Fahrerkollege, der ebenfalls im Team von Leitner seine Runden dreht, hat an der Box noch geschwärmt: ‚Du bleibst voll auf dem Gas stehen, und erst 30 Meter nach der Kuppe steigst du in die Eisen, das ist absolut geil, du wirst es sehen!’ Der Kollege hat Recht: Ich stürme den Hügel rauf, an der Kuppe dann hat man wirklich das Gefühl, es würde einem den Magen ausheben – und schon muss man bremsen. Einen Bremskraftverstärker gibt es nicht, man muss also wortwörtlich ‚in die Eisen’ steigen. Ich hätte wohl noch ein bisschen später bremsen können, aber die Reifen werden wohl noch nicht ihre optimale Temperatur aufweisen und es ist ja erst meine erste Runde, meine Outlap sozusagen.“
“Unbeschreibliches Gefühl der Freiheit“
„Was ich bereits spüre: Dieses schwer zu beschreibende Gefühl der Freiheit, welches einen auf der Rennstrecke befällt – Freiheit in vielerlei Hinsicht. Zum Beispiel die Freiheit, frei zu sein von Gedanken. Die Freiheit, im Hier und Jetzt zu agieren und nur noch intuitiv zu denken – es geht dann nur noch darum, ob man hier oder dort noch ein bisschen später bremsen kann, wann man welchen Gang einlegt, dazu auf den schnellen Passagen immer mal ein Blick auf den Drehzahlmesser. Aber sonst wird nicht viel gedacht, sondern es wird einfach gefahren. Schließlich ist es die Freiheit, herzhaft Gas geben zu dürfen, sich an das Limit heran zu tasten.“
„Ich habe meine erste volle Runde um den Slovakiaring gedreht – diese Strecke ist ein Hammer. Und lang ist sie! Langweilig wird einem auf diesem Kurs ganz sicher nicht. Ich beginne, mich in einen Rhythmus zu begeben, ich erahne in etwa, wie dieser Bolide gefahren werden möchte. Als ich dann wieder den ‚Sprunghügel’ anvisiere, lasse ich wieder das Gas stehen, ohne zu sehen, was nachher kommt. Das verlangt ein gewisses ‚Herz’ – und schwupp, blickt man hinab auf die enge Rechtskurve.“
“Eventuell zu spät gebremst“
„Ich bremse ein bisschen später, ich denke mir noch, dass es eventuell zu spät gewesen sein könnte, für einen kurzen Moment überlege ich, den asphaltierten Notausgang zu nehmen, doch dann lenke ich ein und schon holt mich der Hinterteil des Formel Ford ein, die Reifen quietschen, während ich mit dem Heck voran aus der Kurve rutsche, gebe ich den Gang raus, damit der Motor nicht abstirbt. Doch er ist bereits abgestorben. Kein Problem, denke ich – und drücke den Startknopf. ‚Krchkrchkrch’ macht das Teil, das Geräusch gefällt mir gar nicht. Der Starter greift nicht. Habe ich den Formel Ford bereits auf dem Gewissen?“
„Ich sitze im Auto, die Streckenposten warnen die anderen Piloten mit den gelben Flaggen. Ich winke zu einem Posten, er solle zu mir kommen, um mich anzuschieben. Doch er kommt nicht. Hat er mich nicht gesehen? Ich winke erneut. Doch keine Reaktion. Nach einer Zeit erblicke ich im Rückspiegel ein kleines Serviceauto. Wunderbar, denke ich, die werden mich dann ja wohl anschieben. Sie werden es zumindest versuchen und ich werde dann wissen, ob nur der Starter kaputt ist oder mehr. Das Serviceauto wird größer im Rückspiegel – doch dann verändert sich seine Größe nicht mehr. Es ist stehen geblieben. Es kommt niemand zu mir. Hätte ich einen Herzinfarkt erlitten, wäre ich längst tot. Da ich es aber nicht bin, reicht es mir und ich gurte mich ab – was zugleich jegliche Hoffnung zerstört, es noch im Boliden zurück auf die Strecke und in die Boxengasse zu schaffen. Mittlerweile haben sich auch die beiden Streckenposten mit dem kleinen Serviceauto dafür entschieden, mir einen Besuch abzustatten. In den Händen das Abschleppseil. Als sie mich zunächst allen Ernstes verkehrt rum, also mit dem Heck voran abschleppen wollen, ereilt mich so etwas wie eine Vorahnung: Sind das vielleicht gänzlich neue Streckenposten? Ohne jegliche Erfahrung?“
Abschlepp-Odyssee
„Die Kommunikation ist schwierig, da ich ihre Sprache nicht beherrsche und sie weder Deutsch noch Englisch sprechen. Doch irgendwie schaffen wir es, dass ich am Seil hänge, sogar mit der Schnauze voran. Ich sitze im Cockpit, muss das Seil, welches am Überrollbügel befestigt wurde, hochhalten, aber jetzt kann es losgehen. ‚Box 1’ habe ich enthusiastisch zu ihnen gesagt, und rüber gedeutet zur Boxenanlage, die nicht allzu weit entfernt war. Dass wir zunächst recht langsam unterwegs waren und der Servicewagen ziemlich herum zuckelte, hat mir noch wenig ausgemacht. Schon eher hat mich beunruhigt, dass die Boxenanlage immer kleiner wurde, dass wir uns von ihr weg bewegt haben. ‚Die werden schon wissen, was sie tun’, habe ich gedacht. Ein schwerer Denkfehler!“
Mittlerweile sind rund 30 Minuten vergangen, ich weiß, dass ich am nächsten Tag einen Muskelkater haben werde, vom Hochheben des Abschleppseils. Als wir in einer sehr schmalen Zufahrtsstraße stehen bleiben, erahne ich nichts Gutes. Tatsächlich, die beiden Streckenposten hatten keinen Tau davon, wo wir eigentlich hin müssen. Sie deuten an, dass wir umdrehen müssen. Also: Aussteigen und mit unendlich vielen Lenkbewegungen den Formelwagen umdrehen. Als dieser dann mitten auf der superschmalen Fahrbahn steht und die beiden einfach zu ihrem Auto gehen, so als würden sie jetzt die Fahrt fortsetzen wollen, werde ich erstmals laut: Ob sie denn schon einmal daran gedacht hätten, wie sie jetzt mit ihrem Auto an meinem Formelwagen vorbei kommen würden auf dem schmalen Weg, schreie ich verzweifelt. Weil ich dabei auch auf den im Weg stehenden Rennwagen deute, werde ich prompt verstanden, gemeinsam also schieben wir den Boliden zur Seite. Jetzt kann der Servicewagen vorbeifahren, jetzt ist wieder der Abschleppwagen vorne und der abgeschleppte Wagen hinten. Alles hat jetzt wieder seine Ordnung, alles wird gut. Oder?“
Beschützerinstinkt
„Wir zuckeln weiter, doch plötzlich weiten sich meine Augen, denn nun sehe ich, wohin sie mich bringen: Wir landen exakt an jener Stelle nach dem ‚Sprunghügel’ an der ich vor rund 50 Minuten leider, leider etwas zu spät gebremst habe, was ich immer mehr bereue. Zutiefst. Dort, im Innenraum der Kurve, steht ein Kranabschlepp-LKW. Und dort steht auch jener Mopedfahrer mit Funkgerät, der schon zuvor einmal etwas zu meinen Helfern gesagt hat, was möglicherweise zu irgendwelchen Erkenntnissen führte. Jedenfalls verhindert der Mann, dass mein Auto an den vier Rädern auf den Kran befestigt wird. In energischem Slovakisch scheint der Mopedfahrer den Helfern, jetzt vier an der Zahl, zu erklären, dass ein Formelauto zentral am Überrollbügel befestigt wird. Seine energischen, aber für mich natürlich unverständlichen Worte helfen auch dabei, dass der Wagen dann doch nicht nach vorne auf die Plattform prallt, sondern man ihn tatsächlich sanft dort abstellen kann.“
„Längst hat sich in mir eine Art ‚Beschützerinstinkt’ bemerkbar gemacht: Es ist jetzt ‚mein’ Auto, ich muss ihn beschützen, weiche auch nicht von seiner Seite. Auch das gehört zum Racing. Man deutet, ich solle mich ins Auto setzen und bremsen – denn der Wagen wird nicht befestigt, steht einfach nur auf der Plattform. In der Hoffnung, doch noch in Box Nr. 1 zu landen, tue ich es. Jetzt gibt der Fahrer Gas – doch ich und der Rennwagen bleiben auf der Plattform und landen endlich im Fahrerlager, vor Box Nr. 1.“
“Und er springt sofort wieder an…“
„Dort erklärt Martin Leitner: ‚Du hättest nur ein bisschen mit eingelegtem Gang vor ruckeln müssen, dann wäre der Anlasser wieder eingerastet.“ Tatsächlich springt der Ford-Motor sofort wieder an, nichts ist passiert. Ein lachender Martin Leitner sagt schließlich die erlösenden Worte: ‚Schauen wir, dass der junge Mann wieder auf die Strecke kommt!’ Ich werde wieder festgezurrt und rolle wieder durch die Boxengasse hinaus auf die Strecke. Innerlich bin ich aber immer noch aufgewühlt, von innerer Ruhe keine Spur. So passiert es mir, dass ich in jener lang gezogenen und nicht enden wollenden „Schraubenzieherkurve“ zu schnell bin und ich erneut das Heck verliere. Und wieder rastet der Anlasser nicht ein. Jetzt kommen die Streckenposten prompt – doch sie haben wieder das Abschleppseil in der Hand. Ich bettle ums Anschieben: ‚Bitte! Bitte! Er springt sofort an, glaubt mir!’ Die Herren verst5ehen kein Wort, aber sie haben ein Erbarmen, schieben mich an, und nach zwei Versuchen klappt es auch. Es ist wie eine Flucht vor dem bösen Abschleppseil - ich freue mich diebisch, dass ich diesmal entkommen bin. Und jetzt gehe ich es locker an. Jetzt habe ich die innere Ruhe, gelange in den Rhythmus, jetzt verschiebe ich auch keine Bremspunkte mehr nach hinten, denn jetzt will ich einfach nur den Speed, das tolle Fahrgefühl, die facettenreiche Strecke genießen. Und den ‚Sprunghügel’. Ich wachse immer mehr mit dem Boliden zusammen. Dann kommt die Zielflagge, ich genieße die letzte Runde, rolle um den Kurs und in die Boxengasse.“
Positive Bilanz
Trawniczek zieht am Ende eine positive Bilanz: „Das Fahrgefühl in dem Formel Ford ist einfach wunderschön - das ist Racing, wie man es sich vorstellt, mit dem Kopf im Fahrtwind, mit den freistehenden Reifen im Blickfeld. Der Wagen ist gutmütig, die beiden Dreher waren meinem Übermut zuzurechnen. Die lange Abschleppaktion war auf die Unerfahrenheit der Posten zurückzuführen, die heute zum allerersten Mal ihren Job erledigt haben.“
Martin Leitners schonungslos-diplomatische Analyse der Leistung unseres Formel-Rookies: "Er bringt absolut die richtigen Voraussetzungen mit – wenn er gefahren ist, ist er schön und vernünftig gefahren. Weil er ja das Fahrzeug und die Strecke nicht gekannt hat und der Enthusiasmus vielleicht größer war als die Erfahrung, hat es ihn diese zweimal rausgedreht, was aber überhaupt kein Problem ist. Das passiert jedem, der ganz neu ins Auto kommt! Wären diese organisatorischen Ungereimtheiten nicht gewesen, hätte er noch etliche Runden mehr drehen können."
Michael Noir Trawniczek ist überzeugt: „Wer Racing am eigenen Leib verspüren, es selbst erleben möchte, findet bei Leitner eine günstige Gelegenheit, ein gutmütiges und zugleich rasantes Formelfahrzeug vor, das wirklich Fahrspaß bereitet. Dazu kommt auch die gute Stimmung im Team. Martin Leitner und Josh Helm verstehen es sicher, auch nervöse Zeitgenossen in aller Ruhe an das Abenteuer Racing heranzuführen.“
Angebot für motorline.cc-UserInnen
Für jene motorline.cc-LeserInnen, die jetzt auf den Geschmack gekommen sind und das Abenteuer Formel Ford einmal selbst erleben wollen, hat Martin Leitner ein Angebot parat: Wer eine Mail an die Redaktion sendet, zahlt für die 20 Minuten Freies Fahren nur 300 anstatt der 350 Euro. Leitner wird im August einen Testtag für unsere LeserInnen auf dem Wachauring in Melk organisieren. Dort können Sie dann selbst diese unbeschreibliche Freiheit im Monoposto verspüren…