
Motorrad-WM | 13.10.2014
Das Weltmeister-Interview
Nach seiner erfolgreichen Titelverteidigung spricht der 21-Jährige über die Saison 2014, seine Gegner und erklärt, warum es so wichtig ist, den Moment zu genießen.
Foto: MotoGP
Die Würfel sind gefallen: Marc Marquez ist der alte und der neue Weltmeister. Beim Rennen in Motegi reichte dem Spanier ein zweiter Platz, um den Titel drei Rennen vor dem Ende der Saison erfolgreich zu verteidigen. Marquez kann ohne Druck in die Rennen auf Phillip Island, in Sepang und Valencia gehen. Seine Gegner und Fans überhäuften den zweifachen MotoGP-Weltmeister nach dem geschichtsträchtigen Erfolg mit Glückwünschen.
Du bist der alte und neue Weltmeister und hast die Glückwünsche deiner Kollegen entgegen genommen. Wann begreift man richtig, dass die WM entschieden ist?
"Es ist so toll, diese Worte von seinen größten Rivalen zu hören. Es ist ein seltsames Gefühl. Es war beeindruckend, im vergangenen Jahr die Meisterschaft zu gewinnen. Im Vorjahr war es aber anders. In diesem Jahr wirkte es von außen einfach, doch es war schwieriger. Im vergangenen Jahr hatte ich keinen Druck. Da ich ein Rookie war, konnte ich mir Fehler erlauben."
"Doch in dieses Jahr hatte ich Druck. Ich versuchte, den Druck zu handeln und lieferte eine starke erste Saisonhälfte ab. In der zweiten Saisonhälfte konnte ich durch den großen Vorsprung bei den Rennen in Misano und Aragon mehr Risiko eingehen. Das ist eine Sache, die ich für das kommende Jahr gelernt habe. Man versucht immer, sich zu verbessern. In diesem Jahr habe ich immer gelacht, doch es war schwierig, dieses Niveau und diese Konzentration zu halten. Die Leute haben große Erwartungen. Dieser Druck war sehr hoch."
Du hast dich mit den Seriensiegen selbst etwas unter Druck gesetzt. Das hat den Druck sicher erhöht, oder?
"Ich fühlte mich zu Saisonbeginn sehr gut. Im ersten Teil der Saison konnten wir uns einen Vorteil erarbeiten. Ich fühlte mich sehr gut, Jorge hatte Schwierigkeiten. Valentino war gut dabei, doch ich konnte ihn schlagen. Dani hatte bei einigen Rennen Probleme. Wir konnten einen Vorteil erarbeiten, waren uns aber bewusst, dass man sich nie sicher sein kann. Eine Verletzung könnte die Situation verändern oder auch Rennen wie die in Aragon oder Misano."
"In einer Saison leistet man sich mindestens einen oder zwei Fehler, weil es ein sehr langer Zeitraum ist. Wir haben das gut hinbekommen. Wir haben aber auch eine sehr gute Unterstützung von Honda erhalten. Das war wichtig, um die Motivation im Team zu erhalten. Die Stimmung in der Box war sehr entspannt und nicht so ernst. Dank ihnen habe ich den Titel geholt."
Du hast dir vor dem Beginn der Saison das Bein gebrochen. Das war kein einfacher Start in die Saison 2014.
"Ja, das stimmt. Es war kein einfacher Start in die Saison. Ich erinnere mich an die Vorsaison, als ich mir beim Dirttrack das Bein brach. Viele Leute haben behauptet, dass ich einen dummen Fehler gemacht habe, weil ich Dirttrack trainiert habe. Doch wenn man sich verbessern möchte und schnell sein will, dann muss man trainieren und Risiken eingehen. Darauf ließ ich mich ein. Dennoch konnte ich sehr konzentriert in Katar die Arbeit aufnehmen und das erste Rennen gewinnen. Das schenkte mir sehr viel Zuversicht. Danach wusste ich, dass einige Strecken folgen, auf denen ich stärker bin, wie zum Beispiel Austin. Ich wollte diese Zuversicht nutzen."
"Es ist dein vierter WM-Titel. Bis zu Valentino Rossi fehlen nur noch fünf Titel. Du legst eine beeindruckende Karriere hin.
"Ich freue mich. Ich kann nicht richtig realisieren, was ich momentan mache. Es ist schwierig, zu realisieren, dass ich bereits zwei MotoGP-Titel geholt habe. Natürlich möchte ich immer mehr Siege und Titel. Ein Fahrer hat nie genug. Wir müssen jetzt den Moment genießen, weil man nie weiß, was in der Zukunft passiert. Wir versuchen, unser Niveau weiter zu steiern."
Wann hast du die Samurai-Szene einstudiert?
Marquez: "Vor einem Monat habe ich mit meinem Grafiker den Samurai auf meinem Helm übernommen, weil ich den Samurai-Kult sehr mag. In Aragon brachten mich mein Bruder und Hector (Martin, Presse-Manager; Anm. d. Red.) auf diese Idee. Ich überließ ihnen die Vorbereitung und sagte ihnen, dass ich an dieser Stelle der Strecke anhalten werde. Mein Bruder war da. Es war seltsam, weil er allein war. Er erklärte mir, wohin ich muss. Ich war etwas aufgeregt. Doch am Ende war es sehr schön, weil sie wissen, dass ich die Samurai mag. Sie sind sehr präzise. Ich bin nicht besonders präzise, versuche mir das aber anzugewöhnen. Es war toll."
Honda konnte in Motegi bisher nie die Meisterschaft sicherstellen. Das gelang lediglich Yamaha und Ducati. Was bedeutet dir dieser Meilenstein?
"Ich denke, es ist sehr wichtig für Honda, die Meisterschaft in Japan zu gewinnen. Ich hätte Aragon bevorzugt, weil es mein Heimrennen ist. Doch mir war bewusst, dass Japan besser ist. Der Druck war da. Ich habe am Mittwoch den großen Chef von Honda getroffen. Er meinte, dass er am Sonntag vorbeischaut, um meinen Erfolg zu feiern. Ich war ein bisschen verunsichert. Ich sah ihm im Parc Ferme und habe ihn umarmt, als ob er ein Mechaniker sei. Ich denke, er freut sich mit uns."
Viele Fahrer waren in diesem Jahr beeindruckt von deinen Leistungen. Welchen Unterschied sieht du zwischen dem Marc Marquez der Saison 2014 im Vergleich zum Marc Marquez der 2013er-Saison?
"Wir haben viel mehr Erfahrung, wie wir uns in bestimmten Situationen verhalten sollen. Ich habe weniger Fehler gemacht. Doch ich war nicht fehlerfrei. Wir können uns diesbezüglich weiter steigern. Wir haben einige Situationen besser eingeschätzt und im Vergleich zum Vorjahr konnte Honda das Motorrad weiter verbessern."