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Motorsport: News

„Unterschiedliche Konzepte“

Die Vertreter von Audi, Toyota und Porsche sind mit dem neuen LMP1-Reglement durchaus zufrieden – der Formel 1 sei man voraus…

Die Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) geht in ihr zweites Jahr unter dem neuen Reglement in der LMP1-Klasse. Eine umfassende Überarbeitung des Regelwerks hatte zu Beginn der vergangenen Saison dafür gesorgt, dass man sich nach jahrelangen Streitereien um die Einstufungen von Diesel- und Benzinerfahrzeugen von der sogenannten Balance-of-Performance (BoP) verabschieden durfte. Das neue Stichwort heißt seither Equivalence-of-Technology (EoT). Es wird nicht mehr eingestuft, sondern maximale Energiemengen werden auf Grundlage physikalischer Daten und Formeln zugewiesen.

Die vergangene Saison hat gezeigt, dass den Regelmachern von ACO und FIA tatsächlich ein Coup gelungen zu sein scheint. Audi, Porsche und Toyota agierten mit drei erheblich unterschiedlichen Konzepten auf Augenhöhe - auch die verschiedenen Hybridklassen zeigten größtenteils die entsprechend erwarteten Auswirkungen. Der Le-Mans-Sieg ging nach Ingolstadt, die WM-Kronen wurden von Toyota eingefahren und Porsche war im Jahr der Rückkehr nicht nur gut bei der Musik, sondern konnte in Brasilien sogar siegen.

"Für uns ist es ganz entscheidend wichtig, dass wir hier die Gelegenheit bekommen, wirklich leistungsstarke Hybridsysteme zu entwickeln und einzusetzen. Ein Reglement einzuführen, das genau dieses zulässt, war enorm wichtig und komplett richtig", spricht TMG-Technikchef Pascal Vasselon den Herren von ACO und FIA ein gutes Händchen bei der Ausarbeitung des Regelwerks zu. Aus Sicht des Franzosen ist man in der WEC zur richtigen Zeit den richtigen Schritt gegangen.

Effizienz, Freiheit und Varianz

"Dieses neue Regelwerk lässt viel Spielraum für Innovationen und Kreativität. Das passt zur Marke Porsche. Uns war es möglich, auf Grundlage dieses Reglements ein innovatives und komplexes Auto zu bauen", zeigt sich auch Porsche-Technikchef Alex Hitzinger äußerst zufrieden. "Das neue Reglement lässt weiterhin verschiedene Antriebskonzepte zu. Auf dem Weg in Richtung mehr Effizienz gibt es also einen Wettbewerb dieser Technologien. Das macht es aufregend, es passt zu unseren Kernkompetenzen", stimmt Audi-LMP1-Leiter Chris Reinke zu.

"Aus Audi-Sicht möchte ich das mal in einen größeren Rahmen einordnen. Der große Trend in der Gesellschaft ist derzeit Effizienz, also wie wir insgesamt mit den Ressourcen umgehen. An diesem neuen Reglement wurde jahrelang gearbeitet. Es war toll, dass man diesen Trend tatsächlich ganz genau vorhergesehen hat. Es kam im perfekten Moment", so Reinke. "Auch Audi sieht sich ganz besonders im Bereich der Technologien für verbesserte Effizienz."

"Ich bin der festen Überzeugung, dass sich die aktuelle Generation grundlegende Gedanken über die Zukunft der Mobilität machen muss - vor allem darüber, wie man mit den begrenzten Ressourcen umgeht. Wir haben in diesem Jahr in Le Mans rund 30 Prozent weniger fossile Brennstoffe genutzt, bei mindestens genauso guter Show und ähnlichen Rundenzeiten wie in den Vorjahren. Das ist exakt der Weg, den wir gehen müssen", sagt der Audi-Verantwortliche.

Auf dem Weg zur Elektromobilität

In Zukunft soll die LMP1-Szene noch weitere Schritte in jene Richtung gehen, denn auch die Technologien beim Bau von Straßenfahrzeugen werden weiter vorankommen. Die Le-Mans-Szene soll der Vorreiter bleiben. Die oft zitierte Relevanz für die Serienentwicklung lässt sich nicht nur gut in der Öffentlichkeit darstellen, sondern sie erfüllt bei allen leidenschaftlichen Racern einen weiteren Zweck: Ist diese Relevanz vorhanden, kommen Motorsportbudgets nicht mehr nur zwangsläufig aus dem PR-Topf, sondern es lässt sich auch eher mal etwas aus dem oft prall gefüllten Sack für Forschung und Entwicklung entnehmen.

"Es ist das erste Mal im Motorsport, dass es nun eine richtig gute Effizienzformel gibt. Da gibt es dann umso mehr Parallelen zur Entwicklung von Straßenfahrzeugen. Es entstehen im Rahmen dessen Synergien zwischen Motorsport und Straßenfahrzeug-Entwicklung, die es in diesem Ausmaß vorher nie gegeben hat. Das ist positiv", stellt Hitzinger dar. "Die Hybridisierung ist schließlich tatsächlich ein Trend unserer Zeit. Jeder Hersteller arbeitet in diesem Bereich."

Die große Frage: Wie lange wird dieser Trend anhalten? "Wenn man heutzutage über Elektromobilität spricht, dann ist nicht die Frage, ob so etwas jemals wirklich kommt, sondern nur die Frage, wann es passieren wird", meint Vasselon. "Ob wir es mögen oder nicht: Es geht alles in Richtung Elektroautos. Wie werden diese Schritte dorthin sein, bis solche Fahrzeuge wirklich ultimativ alltagstauglich sind? Das ist die Frage. Auf dem Weg dorthin ist auf jeden Fall das Hybridauto ein Schritt. In dieser Phase sind wir gerade."

"Ich kann mir vorstellen, dass wir irgendwann an den Punkt gelangen, wo der Verbrennungsmotor im Fahrzeug nichts weiter tut, als für Ladung der Speicher zu sorgen. Der Benziner oder Diesel also dann als Range-Extender quasi", erklärt der Franzose. "Da sind wir mit dem aktuellen LMP1-Reglement gewissermaßen schon auf dem Weg in diese Richtung. Die Formel 1 ist durch ihr neues Antriebsreglement sicherlich interessanter geworden, aber die WEC ist diesbezüglich immer noch einen Schritt voraus."

"Wir dürfen hier nicht nur eine Technologie darstellen, sondern wir dürfen sie hier entwickeln und gegen teils komplett andere antreten lassen. Das ist doch genau das, was wir täglich im Straßenverkehr erleben", argumentiert Reinke. "Dort gibt es diese unterschiedlichen Konzepte und diese Varianz auch. Wir haben bisher drei sehr unterschiedliche Konzepte - im kommenden Jahr womöglich vier komplett verschiedene -, und dann wird es auf der Strecke ausgefochten. Diese Faszination bringt uns die Langstrecke - und nicht die Formel 1."

"Ich schaue mal in meine Glaskugel", schmunzelt Alex Hitzinger bei der Frage nach seiner Vision für die kommenden zehn Jahre. "Ich persönlich denke, dass es bis zur reinen Elektromobilität länger dauern wird als viele es sich vorstellen. Es wird für einige Zeit eine recht kleine Nische auf dem Gesamtmarkt bleiben. Ich bin der Meinung, dass uns der Hybridtrend noch eine Weile begleiten wird. Ich bin überzeugt, dass es in rund zehn Jahren kein Auto ohne Hybrid mehr geben wird. Ist klar: Es macht überhaupt keinen Sinn, kinetische Energie in Hitze verpuffen zu lassen. Das ist nicht effizient. Aber bis zur Elektromobilität ist es noch weit. Es ist derzeit ein Hype, aber der kann auch schnell wieder abflauen."

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