
Formel 1: Interview | 27.10.2016
Jenson Button fordert kürzere Rennen
Der Brite meint, dass sich die Formel 1 mit kürzeren Rennen an die geringeren Aufmerksamkeitsspannen jüngerer Fans anpassen sollte.
In der Formel-1-WM wird sich mit der Saison 2017 einiges ändern: Neue Aerodynamikregeln sorgen für überarbeitete Autos, und anstelle von CVC Capital Partners übernimmt Liberty Media als neuer Mehrheitseigner, der die künftige Ausrichtung der Rennserie mitbestimmen wird. Der designierte Ecclestone-Nachfolger Chase Carey skizzierte bereits, die Strecken spannender als je zuvor gestalten und die Formel-1-WM auf ein neues Niveau heben zu wollen. Ein Teil des Plans: Die Meisterschaft soll vor allem für jüngere Zuschauer attraktiver werden und so neue Zielgruppen erschließen.
Der scheidende McLaren-Honda-Pilot Jenson Button ist ein "alter Hase", der fast 17 Jahre lang in der Formel-1-WM aktiv war. Obwohl der 36jährige in der kommenden Saison nicht mehr im Renncockpit sitzen wird, macht auch er sich Gedanken über die Zukunft des Sports: "Wir müssen definitiv jüngere Fans für uns begeistern. Das wird aber nicht so einfach werden. Heutzutage ist die Aufmerksamkeitsspanne der meisten Leute sehr gering – und ich nehme mich da nicht aus. Kurze Rennen, schnelle Sportarten haben deshalb Oberwasser. Sprintrennen sind sehr gefragt. Ein Formel-1-Grand-Prix dauert hingegen eineinhalb Stunden oder noch länger – und das finde ich schwierig."
Sein Plädoyer lautet deshalb: Die Formel-1-WM muss über kürzere Rennen nachdenken. "Wir sind schon ein bisschen wie Kinder: Viele können nicht stillsitzen und sich auf eine Sache konzentrieren. Ich zum Beispiel kann nicht eineinhalb Stunden lang einen Film im Fernsehen angucken. Ich muss aktiv sein. Vielleicht bin nur ich so, aber ich glaube, dass jüngere Generationen ebenfalls Schwierigkeiten haben, sich einen ganzen Film oder ein ganzes Formel-1-Rennen anzuschauen", vermutet Button. Der Routinier gibt zu, dass kürzere Grands Prix oder gar Sprintläufe einen tiefen Einschnitt in die DNS der traditionsreichen Rennserie darstellen würden.
"Die Formel 1 war immer die Formel 1, und ein Grand Prix ist ein hartes, eineinhalbstündiges Rennen. Das zu ändern wäre ein Jammer, weil unser Sport eben immer so war, aber wir müssen mit der Zeit gehen, wenn wir relevant bleiben wollen", so der Weltmeister des Jahres 2009. Seiner Ansicht nach würden sich gerade jüngere Fans nur für offensichtliche Action und Überholmanöver auf der Strecke interessieren: "Die machen aber vielleicht nur zehn Minuten eines Rennens aus. Für viele ist das nicht genug, um eine 90minütiges Veranstaltung anzugucken – das kann ich schon verstehen."
Button vergleicht die aktuelle Formel-1-WM deshalb sogar mit dem Radsport; der begeisterte Triathlet gibt zu: "Ich habe mir noch nie eine ganze Etappe der Tour de France angesehen. Ich nehme sie auf und schaue mir die letzten zehn Minuten an." Echte Sportfans würden sich zwar für die harte Arbeit dahinter, die ausgeklügelte Strategie oder die perfekte Vorbereitung interessieren, aber um diese Enthusiasten gehe es nicht. "Wir brauchen die jüngeren Fans; die für etwas zu begeistern, was eineinhalb Stunden dauert, wird sehr schwer", begründet der Brite seine Fürsprache für kürzere Rennen.
Button, der nach 17 Saisonen in der Formel-1-WM im kommenden Jahr nur noch als Ersatzfahrer bei McLaren fungieren wird, sieht die Zukunft des Sports trotz der großen Herausforderungen optimistisch. "Die vielen Änderungen für 2017 gehen definitiv in die richtige Richtung. Wir bekommen neue Besitzer mit frischen Ideen, die die Serie voranbringen werden. Sie verstehen schon sehr gut, was zu tun ist, und werden um jüngere Fans werben. Hoffentlich werden wir dann auch in den USA den Durchbruch schaffen", so Buttons Hoffnungen und Wünsche an die künftigen US-amerikanischen Eigentümer.