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Jordan-Urgestein erzählt Teamchef Eddie Jordan und Michael Schumacher 1991 in Spa
Motorsport Images

Jordan-Urgestein: Mussten "Schumi" bei Test vor Formel-1-Debüt einbremsen

Andy Stevenson erinnert sich an den ersten Jordan-Test von Michael Schumacher zurück und verrät, wie ihn der spätere Rekordchampion damals schon beeindruckte

Die Geschichte, wie Michael Schumacher das Formel-1-Farherlager bei seinem Debüt 1991 in Spa ins Staunen versetzte, ist hinlänglich bekannt. Andy Stevenson, heute Sportdirektor bei Aston Martin, bekam allerdings bereits einige Tage zuvor einen Vorgeschmack.

Im Podcast Beyond The Grid erinnert sich der 57-Jährige, der damals bereits Teil des Jordan-Teams war und dem Rennstall aus Silverstone auch nach mehreren Verkäufen bis heute treu geblieben ist, an einen Test wenige Tage vor dem Rennen in Belgien zurück.

Der Test, Schumachers erster für Jordan, fand in Silverstone statt, allerdings nicht auf der Grand-Prix-Variante der Strecke, sondern auf dem kürzeren Südkurs. Laut Stevenson hatte man die Strecke damals für sich, weil alle anderen schon auf dem Weg nach Spa waren.

"Er fährt Runde um Runde und kommt unserem Rundenrekord auf dem Südkurs innerhalb weniger Runden immer näher. Und dann fuhr er schneller als wir jemals um die Silverstone-Südstrecke gefahren sind", erinnert sich Stevenson.

Schumacher sei bei dem Test so schnell gewesen, dass ihn der damalige Teammanager Trevor Foster am Funk einbremsen musste. "Und Michael sagte am Funk: 'Ich habe noch gar nicht richtig angefangen!' Dann fuhren wir nach Spa", schmunzelt Stevenson.

Wie "Schumi" seinen eigenen Sitz fertigstellte

Noch erstaunlicher macht Schumachers Test die Tatsache, dass einige im Team, darunter auch Stevenson selbst, den Deutschen gar nicht kannten. "Wir wussten nichts über ihn, rein gar nichts. Wir hatten gehört, dass er ein paar Sportwagenrennen und auch ein paar Rennen in Japan gefahren war", verrät er.

"Aber wir kannten ihn nicht wirklich", so Stevenson, der von seiner kuriosen ersten Begegnung mit Schumacher in der Jordan-Fabrik berichtet. "Eddie [Jordan] kam in die Fabrik und sagte zu einigen von uns: 'Ich möchte, dass ihr heute Abend länger bleibt.'"

Teamboss Jordan habe damals erklärt: "Ihr könnt nicht darüber sprechen, was ihr tut, aber wir haben einen Fahrer, der zu uns kommt, und wir brauchen euch, um den Sitz anzupassen." Der besagte Fahrer war Schumacher, der auch kurze Zeit später in der Fabrik auftauchte.

Stevenson erkannte den Deutschen allerdings zunächst gar nicht und erfuhr erst später, um wen es sich handelte. "Mein erster Eindruck war, dass ich neidisch bin, dass dieser Typ den Rennwagen fahren darf. Aber es war fantastisch, mit ihm zu arbeiten", grinst er.

"Er sagte [spät am Abend]: 'Hört mal, Leute, ich war ein bisschen spät dran, wenn ihr also nach Hause gehen wollt, mache ich den Sitz fertig.'" Und so habe der spätere Rekordweltmeister seinen ersten Formel-1-Sitz in der Jordan-Fabrik persönlich fertiggestellt.

Schumacher am Limit, aber nicht darüber

Später in Spa bestätigte sich der Eindruck, den Stevenson von "Schumi" bereits in Silverstone bekommen hatte. "Es war das erste Mal, dass er in Spa war. Er erzählte uns, er sei dort Rennen gefahren. Aber er war noch nie in seinem Leben dort gewesen", erinnert er sich.

Mit dieser unter Formel-1-Fans legendären Lüge begann Schumachers Karriere dann auch ganz offiziell. Im Qualifying in Belgien war der Deutsche direkt mehr als eine halbe Sekunde schneller als sein deutlich erfahrenerer Teamkollege Andrea de Cesaris.

"Es gab nicht viele Daten, die wir auswerten konnte", erinnert sich Stevenson und ergänzt: "Ich glaube, wir hatten damals drei Sensoren am ganzen Auto, es ging also nur um das Feedback des Fahrers und die Rundenzeit."

Zumindest am Gaspedal gab es aber auch damals schon einen Sensor und Stevenson verrät: "Für uns sah es so aus, als würde er über [das Limit] hinausgehen. Aber für ihn war er genau drinnen, also immer genau am Limit, aber völlig kontrolliert, sehr ruhig und sehr selbstbewusst."

Insgesamt habe Schumacher "sehr, sehr gutes Feedback" geliefert und sei "extrem fit" gewesen, was damals kein Standard war. "Die Autos von damals waren Monster. Es gab keine Servolenkung. Sie hatten riesige Reifen, riesige Flügel, also waren die G-Kräfte groß", so Stevenson.

"Die Anstrengung, das Lenkrad zu drehen, war enorm. Das hat ihn aber nicht gestört", erinnert er sich. Schumachers Formel-1-Renndebüt am Sonntag war dann bereits nach wenigen hundert Metern mit einem Kupplungsschaden wieder beendet.

Es sollte sein einziges Rennen für Jordan bleiben, aber der Start in eine große Karriere sein.

Motorsport-Total.com

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