
Felix Baumgartner ist tot | 17.07.2025
Das unbekannte Kapitel seines Lebens
Vom Stratosphärenspringer zum Audi-Rennfahrer: Das bewegte Leben von Felix Baumgartner endet bei einem Unfall beim Paragliding in Italien
Der Extremsportler Felix Baumgartner ist tot. Der Österreicher verunglückte am Donnerstag beim Absturz seines Paragliders im Küstenort Porto Sant'Elpidio an der Adriaküste. Das hat Red Bull, langjähriger Partner und Sponsor Baumgartners, auf Anfrage des ORF bestätigt. Offenbar hatte Baumgartner die Kontrolle über sein Fluggerät verloren und war dann in einen Hotelpool gestürzt. Dabei wurde auch eine Mitarbeiterin des Hotels verletzt.
Baumgartner erlangte spätestens mit seinem Sprung aus der Stratosphäre im Oktober 2012 weltweit Berühmtheit. In New Mexico in den USA stieg er zunächst mit einem Heliumballon in einer Druckkapsel auf eine Höhe von 38.969 Meter auf, und erreichte im freien Fall zurück zur Erde eine Geschwindigkeit von bis zu 1.358 km/h. Der globale Werbewert der rund 25 Millionen teuren Aktion für die Marke Red Bull soll rund eine Milliarde Euro betragen haben.
Was viele nicht wissen: Baumgartner versuchte sich nach dem Projekt Red Bull Stratos kurzzeitig auch als Rennfahrer. Sein erster medial dokumentierter Berührungspunkt mit dem Motorsport war eine Passagierfahrt in einem Formel-1-Dreisitzer von Red Bull in Le Castellet im Juni 2013. Sein "Chauffeur" war damals David Coulthard. Und Baumgartner bekam offenbar Lust darauf, Rennautos auch selbst schnell zu bewegen.
Baumgartners heimliche Liebe war immer das Rennfahren
2014 sagte er in einem Interview mit ServusTV: "Ich hab' eigentlich immer einen Bubentraum gehabt, und das war der des Rennfahrers. Leider Gottes hat es lange so ausgeschaut, als ob das immer ein Traum bleiben wird, weil ich komme aus einer sehr konservativen Familie. Mein Vater ist Tischler, meine Mutter war Hausfrau. Die kommt von einem Bauernhof mit 13 Kindern, und da war einfach kein Geld da und auch kein Verständnis für Motorsport."
"Deswegen habe ich mit dem Fallschirmspringen begonnen, weil das war leistbar, das war finanzierbar. Und jetzt sieht so aus, als ob ich mir mit dem Sprung aus der Stratosphäre eine Eintrittskarte den Motorsport verschafft hätte."
Im Oktober 2013, nur ein Jahr nach seinem legendären Stratosphärensprung, trat er in Hockenheim im VW-Scirocco-Cup an. Im Dezember 2013 hätte er eigentlich beim Race of Champions in Bangkok mitfahren sollen, der Event wurde jedoch wegen politischer Unruhen in Thailand abgesagt.
2014: Baumgartner auf der Nordschleife
2014 machte Baumgartner dann Ernst: Auf Einladung von Audi trat er mit einem R8 LMS ultra beim 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife an, als Teamkollege der Haudegen Frank Biela, Pierre Kaffer und Marco Werner. Das Quartett belegte unter mehr als 100 teilnehmenden Fahrzeugen den neunten Platz im Endergebnis.
Pierre Kaffer schreibt heute auf Instagram über Baumgartners Tod: "Mein Freund, du warst einer der spinnigsten & lustigsten Typen, die ich je kennenlernen durfte! Es war toll, mit dir zusammen die Nordschleife zu rocken. Du hast das Extreme geliebt, warst dabei immer fokussiert und hast deine Checklisten immer abgearbeitet! Wünsche deiner Familie viel Kraft in der schweren Zeit, und dir, lieber Felix, dass du im Himmel jetzt keine Flügel mehr brauchst, um dich auszutoben. Ruhe in Frieden."
Baumgartner sprach vor dem Rennen 2014 davon, dass er die Nordschleife "zu den größten Projekten in meinem Leben" zähle. Er bereitete sich professionell auf die Aufgabe vor, angeleitet vom österreichischen Instruktor Sepp Haider, und nahm im Vorfeld an einigen Läufen der Langstrecken-Meisterschaft VLN teil.
In einem Interview mit auto motor und sport sagte er im Juni 2014: "Zwischen dem dritten und vierten VLN-Rennen bin ich keinen Meter gefahren und habe mir nur Videos angeschaut. Ich war 20 Sekunden schneller. Das ist sehr viel. Ich habe mir die Linie meines Teamkollegen Pierre Kaffer angeschaut. Er lässt das Auto oft rollen. Wo ich vom Gas runtergehe und bremse, geht Pierre nur vom Gas runter. [...] Das habe ich versucht einzubringen und umzusetzen. Es hat viel Zeit gebracht."
"Ich bin Berufs-Helikopterpilot, und am Anfang denkst du auch: 'Wie soll ich dieses Ding jemals alleine fliegen?' Du brauchst gute Leute und ein gewisses Grundhandwerkszeug. Bei meinem ersten Test ging es auch darum, meinen Trainer Sepp Haider das beurteilen zu lassen. Die Basis war vorhanden, und den Rest hat man mir beigebracht."
"Wenn du aufmerksam zuhörst, kannst du alles erlernen. Das war auch bei Red Bull Stratos so", zog er eine Querverbindung zu seinen anderen Projekten - und ließ sich eine Zukunft im Motorsport offen: "Wo genau die Reise hingeht, weiß ich noch nicht. Aber von meiner Seite ist auf alle Fälle die Bereitschaft da."
Interviews: Äußerungen über die Formel 1
In jenen Jahren äußerte sich Baumgartner in verschiedenen Interviews mehrmals über den internationalen Motorsport. Einmal sagte er in einem Interview mit der Welt: "Wer ist ein Held? Ein Mensch, der etwas Außergewöhnliches macht. Das kann ein Feuerwehrmann oder ein Rettungssanitäter sein. Nach dieser Definition würde ich Formel-1-Piloten nicht dazuzählen. Sie sind Profis, die ihre Autos beherrschen und mit großer Disziplin ihren Beruf ausüben."
Die Zeiten, in denen Rennfahrer auf der Strecke gestorben sind, seien zum Glück vorbei. Nichtsdestotrotz: "Für mich war Ayrton Senna einer der letzten Helden im Formel-1-Sport. Er hatte alles: Talent und Charisma."
Im gleichen Interview äußerte sich Baumgartner auch zur damals völlig überraschenden Rückkehr der Formel 1 nach Österreich, eingefädelt von Dietrich Mateschitz: "Zunächst einmal ist es eine tolle Sache, dass es Herrn Mateschitz gelungen ist, wieder ein Formel-1-Rennen nach Österreich zu holen. Trotzdem glaube ich nicht, dass der Grand Prix eine Aufmerksamkeit generieren wird wie mein Sprung. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Motorsport bedient ein sehr spezielles Publikum, bei mir damals war es ein globales Ereignis."
"Danach hat mir der Scheich von Kuwait erzählt, dass er mit seiner ganzen Familie vor dem Fernseher gesessen und mitgefiebert hat. Es gibt wenige Dinge, die die Menschen heute noch faszinieren. Die Leute sehnen sich nach Helden und Heldentaten."
Felix Baumgartner wurde 56 Jahre alt. Er hinterlässt seine Lebensgefährtin Mihaela Radulescu, eine rumänische TV-Moderatorin, Schauspielerin und Buchautorin. Die beiden waren ab 2014 ein Paar.