F1 News | 05.03.2002
Jean Todt im Interview
Der rote Rennsport-Direktor über Schumis tolle Melbourne-Performance, den weiteren Fahrplan für den F2002, und warum man bei Ferrari auf dem Boden bleibt...
Bernhard Eder
"Schon in Malaysia kann´s anders ausschauen!"
Der Saisonauftakt in Melbourne ist für Ferrari ausgezeichnet verlaufen, keine Frage: Qualifying-Doppelsieg, überlegener Sieg im Rennen, und das mit dem alten F2001. Teamchef Jean Todt ist nach dem vierten Sieg seines Teams in Melbourne in Folge dennoch weit davon entfernt, euphorisch zu sein - der kleine Franzose ist eher angenehm überrascht, wie er betont:"Wir haben nicht erwartet, hier zu gewinnen. Ich denke, niemand hat das von uns erwartet. Es ist ein Sieg, der für uns sehr wichtig war, weil er mit dem F2001 erzielt wurde, jenem Auto, mit dem wir im Vorjahr die WM geholt haben. Selbst in Anbetracht der Tatsache, dass wir das Auto seither modifiziert haben, ist das ein sehr ermutigendes Resultat, vor allem auch, wenn man sich die Performance der Bridgestone-Reifen vor Augen führt."
Einen kleinen Wehrmutstropfen gibt´s in der Ferrari-Bilanz natürlich: "Wir hätten einen Doppelsieg landen können, leider ist das Wochenende für Rubens nicht so gut zu Ende gegangen, wie es begonnen hat", so Todt, der im gleichen Atemzug eine Lobeshymne auf Michael Schumacher anstimmt: "Man weiß ja, dass ich nur Superlative für ihn habe. Michael ist mit seiner immensen Erfahrung in der Lage, bei einem Manöver, bei einer Entscheidung auf den richtigen Zeitpunkt zu warten."
"Er agiert nicht impulsiv, sondern eher vorsichtig, und das ist gar nicht so einfach, wenn man derartige Geschwindigkeiten fährt. So wie das Rennen verlaufen ist, hätte er leicht einen Fehler machen können: zuerst das Duell mit Trulli, dann jenes mit Montoya. Er hat sich aber keinen Fehler erlaubt, und das ist eine seiner Stärken."
Mit dem Sieg, so Todt, fällt natürlich einiges an Druck für Ferrari weg, vor allem auch, was die Premiere des neuen F2002 betrifft: "Wenn wir zwei Sekunden hinter der Spitze gewesen wären, würde sich die Situation für uns anders darstellen. So aber waren wir absolut konkurrenzfähig, und das macht die Sache für uns um einiges einfacher."
"Wir werden unsere Entscheidung nach den nächsten Tests treffen, die von Dienstag bis Samstag in Mugello haptsächlich Luca Badoer durchführen wird. Von diesen Tests wird es dann abhängen, ob wir das Auto nach Malaysia mitnehmen oder nicht."
Stichwort Malaysia: Todt ist überzeugt, dass es beim nächsten Grand Prix in knapp vierzehn Tagen an der Spitze wieder um einiges enger zugehen könnte als in Melbourne. "Es war erstaunlich, wie gut wir im Vergleich zu den anderen Teams waren, aber man darf keine endgültige Schlüsse ziehen. Ich denke, in Malaysia kann die Sache schon wieer ganz anders aussehen."
"Wir wissen, wie wichtig die Reifen sind. Die Wetter-Bedingungen werden in Malaysia vollkommen anders sein als in Australien. Hier war es ziemlich kühl, 18 oder 19 Grad, in Malaysia werden wir so um die 40 Grad haben. Die Strecke ist eine andere, so dass wir nicht wissen, wie gut unser Paket dort sein wird und jenes unserer Konkurrenten. Vielleicht sind die anderen Teams dort um einiges stärker als vergangenes Wochenende."