Formel 1: News | 30.11.2003
„Worauf soll ich warten?“
Die Never Ending Story vom Renncomeback des Alex Wurz – nimmt wieder kein gutes Ende: Auch für die Saison 2004 hat es einfach nicht sein wollen...
Nachdem die Rennkarriere von Alexander Wurz bei Benetton in den Jahren 1998, 1999 und 2000 langsam aber sicher bergab ging, nahm er 2001 einen Job als McLaren-Mercedes Testfahrer an, um es Olivier Panis nachzumachen. Der Franzose benutzte genau diesen Weg ein Jahr zuvor als Sprungbrett ins BAR-Renncockpit und konnte seitdem mit guten Leistungen aufwarten. Während Panis allerdings nur ein Jahr auf der Ersatzbank verbrachte, verweilt Alexander Wurz dort nun schon seit drei Jahren.
Immer wieder wurde der Österreicher mit einem Renncockpit in Verbindung gebracht. Letztendlich machte er allerdings immer klar, dass er es nicht vorhabe, zu einem Nachzüglerteam zu gehen, sondern auf seine Chance auf ein Top-Cockpit warten wolle. Das war im Nachhinein vermutlich auch die richtige Entscheidung. Sonst wäre Wurz wohl 2001 beim finanzschwachen Prost-Team gelandet, um den untalentierten Gaston Mazzacane zu ersetzen. Alain Prost gab bekanntlich Ende 2001 seinen Rücktritt und somit das Ende seines Teams aufgrund von finanziellen Engpässen bekannt.
2001: Raikkonen statt Wurz
Bereits 2001 stand Wurz kurz vor einem Vertragsabschluss mit McLaren-Mercedes, um 2002 den rennmüden Mika Hakkinen zu ersetzen. Zu seinen Ungunsten brachte Hakkinen allerdings Landsmann Kimi Raikkonen ins Spiel, der 2001 mit einer glänzenden Debütsaison im Sauber überzeugte. McLaren wollte sich Raikkonen sichern bevor die Konkurrenz zuschlug. Diese Entscheidung ist mehr als nachvollziehbar, da diese unmittelbare Gefahr bei Wurz nicht bestand und man sich so alle Möglichkeiten offen hielt.2002: Statt BAR oder Toyota Vertragsverlängerung
2002 war Wurz wieder in Verhandlungen mit einigen Teams, darunter BAR und Toyota, doch letztendlich zog sich der Österreicher vorzeitig aus dem Transferkarussell zurück, da er bei längerem Warten aufgrund einer vertraglich festgelegten „Deadline“ auch seinen McLaren-Testvertrag aufs Spiel gesetzt hätte. Auch heuer gab es wieder Gerüchte um eine mögliche Rückkehr.Während sich andere Piloten wie Ricardo Zonta und Luciano Burti sang- und klanglos aus der Formel 1 verabschiedeten und seitdem nie mehr ernsthaft mit einem Renncockpit in Verbindung gebracht wurden, konnte der Niederösterreicher in den drei Jahren als Edelreservist seinen bei Benetton zerstörten Ruf rehabilitieren. Er überzeugte mit hervorragendem Speed (immerhin gegen Größen wie Doppelweltmeister Mika Hakkinen, beinahe-Weltmeister Kimi Raikkonen und David Coulthard) und technischer Versiertheit, die bei McLaren besonders angesehen ist.
2003: Das Pizzonia-Wurz-Theater
Diesmal klopfte Jaguar an, da Neuling Antonio Pizzonia bereits nach wenigen Rennen bei der Teamführung in Ungnade gefallen war. Wahlmonegasse Wurz begann bereits vor dem Grand Prix von Barcelona mit den Jaguar-Verhandlungen, doch der Deal konnte nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, da McLaren-Mercedes seinen Testfahrer nicht ziehen lassen wollte. Die Silbernen waren auf Wurz angewiesen, da die ersten Testfahrten mit dem inzwischen zu fragwürdiger Berühmtheit gekommen MP4-18 unmittelbar bevorstanden. Trotzdem versuchte Wurz, noch vor dem Grand Prix von Österreich zu einem Ergebnis zu kommen, doch als die Medien von den Gesprächen Wind bekamen, lastete auf allen Parteien enormer Druck. McLaren-Boss Ron Dennis verlangte eine extrem hohe Ablösesumme für Wurz, was einem Ende der Verhandlungen gleichkam.Trotz diesem vorläufigen Ende blieb Wurz bei Jaguar im Gespräch, da man auch mit Pizzonia-Ersatz Justin Wilson nicht wirklich zufrieden war. Zu Saisonende trat Jaguar mit dem Österreicher ein weiteres Mal in direkten Kontakt. Da man Hewlett Packard als Sponsor verloren hatte und Beck’s Bier nur mehr einen Bruchteil des ursprünglichen Betrags zahlen wollte, klaffte nun laut Wurz eine Lücke von 20 Millionen Dollar im Jaguar-Budget. Deshalb setzte man eine finanzielle Mitgift für das zweite Jaguar-Cockpit voraus. Ein Problem, von dem auch Piloten wie Nick Heidfeld und Bas Leinders ein Lied singen können. Wurz machte sich auf die Suche nach finanzieller Unterstützung und hatte sogar schon die finanzkräftige, österreichische Investmentgruppe Quadriga Superfund im Schlepptau, doch Jaguar-Sponsor HSBC, ebenfalls eine Investmentgruppe legte sich quer, und vereitelte einen Deal mit Wurz.
2004: „Ich habe keinen Sponsor für Jaguar...“
Während Jaguar sich weiterhin alle Optionen offen halten wollte, nahm Alexander Wurz seine Zukunft „selbst in die Hand“, und legte sich ein weiteres Mal auf den Testfahrerjob bei McLaren-Mercedes fest. Gegenüber der Kleinen Zeitung erklärte Wurz resignierend: „Sie (Jaguar, d. Red.) wollen ja den Wurz noch immer, haben mich diese Woche in Valencia gebeten, noch ein Zeiterl zu warten. Aber worauf soll ich warten? Ich habe in ein paar Tagen oder Wochen noch immer keinen Sponsor, der Jaguar helfen würde.“Dieser plötzliche Rückzug von Wurz kam auf den ersten Blick überraschend, doch bei näherer Betrachtung erscheint er mehr als logisch. Ausgerechnet Landsmann Christian Klien, mit der Unterstützung von Energydrink-Hersteller Red Bull im Rücken (angeblich 15 Millionen Dollar) und mit viel Talent bestückt, scheint Wurz bei Jaguar nun endgültig einen Strich durch die Rechnung gemacht zu haben. Er überzeugte bei den Valencia-Testfahrten für Jaguar mit tollen Rundenzeiten und blieb absolut fehlerlos.
„Er hat während seines Tests in Valencia einen tollen Job gemacht und war nie mit einem Reifen im Gras oder Kiesbett. Er war sehr ruhig und sein technisches Feedback ist exzellent.“ Das gab ein Jaguar-Sprecher zu Protokoll – den Rest können wir uns denken. Der Vorarlberger hat außerdem noch einen anderen, nicht zu unterschätzenden Vorteil – er ist mit seinen 20 Jahren deutlich jünger als der bereits 29-jährige Wurz. Trotz einer weiteren verlorenen Chance gibt Alexander Wurz noch nicht auf, sieht seine Situation aber realistisch: „Es wird nächstes Jahr einiges in Bewegung kommen. Aber leichter wird es sicher nicht.“ Wurz wird auf der Lauer bleiben und vielleicht wird seine Geduld irgendwann belohnt. Er hätte es sich verdient.