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Über „Breitreifen“ und „Schmalreifen“...

Neue Meldungen um Michelin: Bitte um Aufschub der neuen FIA-Regelinterpretation, schmale Reifen werden gebaut. Direktor Pierre Dupasquier erklärt die Situation.

Michael Noir Trawniczek

Der vor einigen Tagen losgelassene Brief der FIA hatte Sprengkraft: Man werde Regel Nummer 77c neu interpretieren, welche die maximale Breite eines Reifens zum Inhalt hat. Künftig werde man nicht den neuen Reifen abmessen, sondern die Pneus nach dem Rennen kontrollieren. Der Anlass für diese weitere Neuinterpretation während der laufenden Saison: Die Michelin-Gummis sollen während der Fahrt quasi breiter werden und somit mehr Lauffläche bieten.

Einmal mehr stört das in diesem Fall im wahrsten Sinne des Wortes gummiartige und immer wieder lückenhafte Reglement der FIA den Sport in der Königsklasse. Irgendjemand bei der FIA hätte doch schon vor Saisonbeginn daran denken können, dass ein Reifen, welcher noch vor dem Rennen und in ungebrauchtem Zustand gemessen wird, sich während der Fahrt verformen kann bzw. nach dem Rennen andere Dimensionen haben könnte...

Michelin reagierte zuerst mit einer Boykottdrohung, danach mit Gelassenheit – nun bat man die FIA, die Ausführung der neuen Regelinterpretation bis zum USA-GP aufzuschieben. Man sei nicht in der Lage, in Monza alle Kundenteams mit neu konstruierten Vorderreifen auszustatten. Es gibt einige Widersprüche in den Aussagen der Franzosen: Zuerst hieß es: „Unsere Reifen sind legal, wir werden damit in Monza antreten, soll die FIA doch alle zehn unserer Autos disqualifizieren.“ Jetzt die Bitte nach Verschiebung der Neuinterpretation. Und Michelin-Sportdirektor Pierre Dupasquier sagte in einem vor Kurzem via Michelin-Presseaussendung veröffentlichten Interview, dass man seit letzten Mittwoch rund um die Uhr an neuen, schmäleren Reifen arbeite...

Pierre Dupasquier im Interview

Es hieß, dass bei der FIA betreffend der Breite der Michelin-Vorderreifen ein Protest eingelegt wurde. Wie sieht die Lage aus?

Pierre Dupasquier: Es gibt tatsächlich Gerüchte bezüglich eines Protests, und die Folge war, dass die FIA entschieden hat, die maximale Breite der Reifen nach dem Rennen zu messen und nicht mehr die neuen Reifen vor dem Rennen heranziehen wird. Fakt ist, dass es unter den vielen komplexen Sport- und Technikregeln einen Artikel gibt, der besagt, dass die Lauffläche eines Vorderreifens eine Breite von 270 mm nicht überschreiten darf.

Und die Michelin-Reifen überschreiten dieses Limit?

Pierre Dupasquier: Natürlich nicht. Wir haben unsere Reifen bereits 2001 und in der Folge regelmäßig der FIA präsentiert, auch in Ungarn. Die FIA hat immer all unsere Reifen authorisiert. Die Geometrie unserer Reifen hat sich seit 2001 nicht geändert. Im ungebrauchten Zustand überschreiten unsere Vorderreifen die vorgeschriebene Maximalbreite von 270 mm nicht.

Was hat sich jetzt verändert?

Pierre Dupasquier: Nach dem Ungarn-Grand Prix hat die FIA die betreffende Regel neu interpretiert und sie wollen die neue Interpretation ab sofort anwenden. Es heißt jetzt, dass der Reifen nicht nur wenn er neu ist, die maximale Breite nicht überschreiten darf, sondern dass er in jedem Moment die Maximalbreite einzuhalten hat.

Wie ist diesbezüglich Ihre Sichtweise?

Pierre Dupasquier: Ich bin mir sicher, dass Sie mir zustimmen, wenn ich sage, dass es nicht 2, 3 oder 4 mm an Breite sind, welche die aktuellen Verhältnisse in der Formel 1 beeinflussen. Wie auch immer, was ich sicher glaube ist, dass es nahezu unmöglich sein wird, eine objektive Methode zur Messung der Breite nach dem Rennen zu finden. Ein Reifen verformt sich im Einsatz, sammelt Gummi und Dreck von der Fahrbahn...

Warum wurde dieses Problem jetzt akut?

Pierre Dupasquier: Das ist eine sehr gute Frage. Wir haben nur mehr drei Rennen bis zum Saisonende einer sehr spannenden und knappen Weltmeisterschaft und die Führung in der Konstrukteurswertung hat sich nun geändert. Wer also hat am Meisten von solch einer Aktion?

Welchen Vorteil hat ein „breiter“ Reifen?

Pierre Dupasquier: Ein Reifen ist ein ewiger Kompromiss. Als Beispiel: Bridgestone-Technikdirektor Suganuma persönlich sagt in einem aktuellen Internet-Artikel: ‚Eine breitere Auflagefläche bringt besseren Grip an der Vorderachse, mehr Effektivität beim Bremsen, besseres Fahrverhalten in engen Kurven und sicherlich weniger Untersteuern’. Unser Mitbewerber hat offenbar eine Breitreifenversion getestet und es scheint, dass Ferrari diese Lösung nicht gewollt hat und es vorgezogen hat, den Schmalreifenweg zu gehen, welcher wiederum der Aerodynamik eines Fahrzeugs mehr entgegen kommt.

Glauben Sie, dass dies die beste Lösung ist?

Pierre Dupasquier: Wir wissen, dass für einen Wagen, welcher aerodynamisch perfekt ausgetüftelt ist, wie zum Beispiel der Ferrari, schmale Reifen nötig sind. Aber wir wissen auch, dass ein Benachteiligen der Reifenkomponente innerhalb des Chassis/Aerodynamik/Reifen-Pakets nicht die beste Lösung ist. Wir arbeiten sehr eng mit unseren Teams zusammen, um für sie die bestmöglichen reifen zur Verfügung zu stellen. Ich denke, unsere Resultate zeigen das ganz gut.

Wie gehen Sie mit der aktuellen Situation um?

Pierre Dupasquier: Die neue Regelinterpretation hat uns gezwungen, zu reagieren. Sie denken doch sicher nicht eine Sekunde lang, dass Michelin diese Herausforderung nicht annehmen würde? Unsere Mitarbeiter haben seit dem letzten Mittwoch 24 Stunden am Tag gearbeitet und in Monza werden neue Reifen getestet. Jeder, der sich in der Reifenwelt auskennt, weiß, dass dies eine großartige Leistung darstellt und dies war nur dank der harten Arbeit und der schnellen Reaktionszeit unserer Mitarbeiterteams hier in Clermont-Ferrand möglich.

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