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Die Reglement-Änderungen 2003 - eine Bilanz

Wir ziehen Bilanz über das neue Reglement, was hat es gebracht, wo gibt es Verbesserungspotenzial - vom Punktesystem bis zum Parc Fermé.

Regeländerungen. Würde es eine Wahl zum F1-Wort des Jahres 2003 geben, so hätte der Begriff Regeländerungen sicherlich beste Erfolgschancen einen Platz auf dem Siegertreppchen einzunehmen. Denn dank der kurzfristigen und teils radikalen Regeländerungen von FIA-Präsident Max Mosley sowie der wochenlangen Diskussion und Auslegung der neuen Regeln für die Saison 2003 waren die „Regeländerungen“ das gesamte Jahr über Stammgast in der F1-Szene.

16 Rennen nach der Einführung der neuen Regeln, welche für 2004 bereits neuerlich geändert wurden, stellt sich nun jedoch die berechtigte Frage: Was haben die Regeländerungen denn nun gebracht?

Das neue Punktesystem:

Schon im letzten Jahr beschlossen die Teams überraschend ein neues Punktesystem einzuführen und damit nicht nur die ersten acht Piloten im Rennen mit WM-Zählern zu belohnen, sondern auch den Unterschied zwischen dem ersten und dem Zweitplatzierten auf nur noch zwei Punkte zu reduzieren. Die größte Auswirkung dieser Regeländerung erfuhren die Verfolger von Michael Schumacher während des Sommerlochs der Scuderia Ferrari am eigenen Leib, da es durch diese Veränderung natürlich sehr viel schwieriger geworden ist einen Rückstand aufzuholen, wenn der Konkurrent auch weiterhin fleißig in den Punkten ins Ziel kommt.

Allerdings wertet das neue System, welches auch 2004 seine Gültigkeit behalten wird, auch einen Grand Prix Triumph ab, weswegen sich nicht so schnell große Punktevorsprünge anhäufen lassen. Für die im Vergleich zum letzten Jahr erhöhte Spannung in der Königsklasse war die neue Punkteregelung dabei jedoch nicht hauptverantwortlich. Denn auch ohne den neuen Verteilerschlüssel für die WM-Zähler hätten die Titelkandidaten bis zum Schluss eng beieinander gelegen.

Die Reifen:

Gerade in der abgelaufenen Saison stellte das schwarze Gold an den vier Ecken der F1-Boliden einen entscheidenden Einflussfaktor im Bezug auf Rennsiege und natürlich auch den WM-Ausgang dar. Die neue Reifenregelung, dass die beiden Gummiproduzenten aus Tokio und Clermont-Ferrand ihre Kundenteams seit der letzten Saison mit jeweils eigenen Mischungen versorgen dürfen, erhöhte dabei zwar den Aufwand und die Kosten, sorgte jedoch auch für eine bessere Berücksichtigung der individuellen Wünsche der einzelnen Rennställe.

Für Bridgestone-Entwicklungschef Hirohide Hamashima brachte diese Regelung jedoch vor allem für die kleineren Teams große Probleme mit sich: „Sie müssen eigene Reifen entwickeln, können das aber nicht in dem Umfang wie Ferrari, weil ihnen die Mittel fehlen. Ferrari vergleicht manchmal zwei verschiedene Reifentypen bis zu fünf Mal. Da hat ein kleines Team gar nicht die Zeit dazu. Also bekommen sie unter dem Strich einen schlechteren Reifen als zu der Zeit, als sie die Reifen übernommen haben, die Ferrari entwickelt hat...“

Die Freitagstests:

Die vor der Saison als Kostensenkungsmaßnahme eingeführten zweistündigen Testfahrten am Freitagmorgen eines jeden Grand Prix Wochenendes erlebten nur ein einjähriges Intermezzo in der Königsklasse des Motorsports, da das „private Testing“ in der nächsten Saison nicht mehr ausgetragen werden wird.

Entsprechend dürfen die so genannten Freitagstester dann nicht mehr gegen eine limitierte Anzahl an sonstigen Testtagen auf den jeweiligen GP-Strecken testen und somit wichtige Setuperkenntnis sammeln, wie dies in diesem Jahr bei Renault, Jordan, Minardi und Jaguar der Fall gewesen ist. Stattdessen dürfen die letzten sechs Teams der Konstrukteurswertung von 2003 im kommenden Jahr während der beiden einstündigen Freitagstrainings jeweils einen dritten Piloten einsetzen.

Der neue Qualifyingmodus:

Die am schärfsten kritisierte Regeländerung für die vergangene Saison war mit großer Sicherheit das neue Ein-Runden-Qualifying am Freitag respektive Samstag. Denn nicht nur vielen Piloten und Experten, sondern auch F1-Zampano Bernie Ecclestone selbst sagte dieser Qualifying-Modus, welchen er selbst als "langweilig" und "schrecklich" bezeichnet, überhaupt nicht zu.

So bekamen die Zuschauer vor Ort auf den Tribünen ihre Lieblinge nur einmal während des 60-minütigen Qualifyings im vollen Renntempo zu Gesicht, während den Fahrern eine Chance auf eine Zeitenverbesserung und damit ein packendes Finish in den letzten Minuten des Trainings genommen wurde.

Ein weiteres Problem stellte aber auch das Tankverbot nach dem Samstagsqualifying dar, welches verhinderte, dass die Fans die Startpositionen der Piloten einschätzen konnten respektive welches dafür sorgte, dass der Pole-Inhaber bei weitem nicht der schnellste Mann im Qualifying gewesen sein musste.

„Durch den veränderten Qualifying Modus sehen die Zuschauer nicht die wahre Leistung der Autos während einer einzelnen Runde, und auch die Fahrer haben nicht die Möglichkeit, ihr wirkliches Potential zu entfalten,“ kritisierte McLaren-Pilot David Coulthard, der in der vergangenen Saison selbst einige Probleme mit dem neuen Qualifying-Format hatte, gegenüber f1welt.com Max Mosleys neues Einzelqualifying. „Nach einer einzigen Trainingsstunde alles perfekt hinzukriegen ist eine Gratwanderung. Es ist eher wie ein 100 Meter Sprintfinale, wo du nur eine Chance hast, es hinzubekommen.“

Entsprechend sagte auch Jacques Villeneuve, dass es „gut wäre, wenn man nach dem Qualifying wüsste, wie viel Sprit jeder an Bord hat. Es ist wichtig für die Medien und natürlich die Fahrer zu wissen, ob man geschlagen wurde, weil man langsamer war oder der andere weniger Sprit an Bord hatte. Es ist sehr schwer zu sagen, wer genau was tut.“

„Wenn ein McLaren Mercedes von einem Toyota oder B·A·R geschlagen wird, zeigt das meiner Meinung nach nicht das wahre Kräfteverhältnis der Teams,“ fügte Coulthard hinzu. „Wenn wir wegen eines Problems oder Unfalls zu Beginn des Rennens zurückfallen, haben wir während dem gesamten Wochenende keine Möglichkeit, unser Potential zu zeigen.“

Während die Parc Fermé Regelung samt des Tankverbotes jedoch auch im nächsten Jahr noch ihre Gültigkeit behalten wird, wird sich das Qualifying-Format für die Saison 2004 erneut ändern. So muss das Freitags-Qualifying einer zweiten Qualifikationssession am Samstag weichen, weswegen der Freitag wieder abgewertet wird und der Samstag mit zwei kurz aufeinander folgenden Einzelrunden-Qualifyings ein neues Problem erhält: Während die Piloten im ersten Stint, der nur die Startaufstellung für den zweiten Lauf festlegen wird, wohl kaum Vollgas geben werden, diktieren im zweiten Trainingsteil erneut die Spritmenge und Rennstrategie das Geschehen...

Die Parc-Fermé-Regel:

Eng verbunden mit der Kritik am Einzelqualifying war auch die Parc-Fermé Regel samt ihres Tankverbotes sowie der Vorschrift, dass die Piloten den Grand Prix mit jenen Reifen beginnen müssen, mit welchen sie in der Qualifikation am Samstag unterwegs waren.

Noch viel schlimmer wirkte sich die Parc-Fermé-Regelung jedoch dadurch aus, dass das Qualifying mittlerweile zum „ersten Teil“ des Rennens geworden ist, weswegen auch das Warm-Up um 15 Minuten verkürzt am Samstagmittag stattfand und den Fans am Sonntagmorgen neben einigen mehr oder minder spannenden Rahmenrennen und der von Bernie Ecclestone wegen zu geringer Publikumswirksamkeit kritisierten Fahrerparade wenig geboten wurde.

Das Verbot der elektronischen Fahrhilfen:

Einst gebannt, wurde die Traktionskontrolle wegen einer unmöglichen Kontrolle der Computersysteme wieder eingeführt, um vor dieser Saison kurzfristig samt der weiteren so genannten elektronischen Fahrhilfen wie automatischer Getriebe oder der Startkontrolle erneut verboten zu werden.

Doch FIA-Präsident Max Mosley ließ sich im Hinblick auf die Rettung der Privatteams durch den strittigen „Fighting Fund“ sowie deren Ausstattung mit billigen Kundenmotoren dazu bringen, die Traktionskontrolle erst ab Silverstone und später sogar erst ab 2004 zu verbieten, was letztlich sogar darin mündete, dass die Traktionskontrolle - im Gegensatz zu den beiden anderen geächteten Fahrhilfen - auch im nächsten Jahr nicht verboten sein wird.

Jacques Villeneuve kommentierte diesen Verschiebungs-Stadl, der beinahe schon an die Termin-Odyssee des McLaren MP4-18 herankam, dabei mit einem Lächeln: „Ich war glücklich, dass die Traktionskontrolle erst für nächstes Jahr verboten wurde und bin umso unglücklicher, dass sie weiterhin erhalten bleibt.“

Das Fazit der Regeländerungen 2003:

Auch wenn man glauben könnte, dass nach so vielen Regeländerungen, Änderungen an den Regeländerungen und sonstigen Regelneuauslegungen und Detailverbesserungen kaum noch weitere Änderungen für die nächste Saison übrig sein dürften, wird in der Königsklasse auch 2004 einiges verändert werden.

Doch während dies ebenso wie die Einführungen des Vier-Stufen-Planes von Max Mosley, der für das kommende Jahr beispielsweise die neuen langlebigen Motoren vorschreibt, welche ein komplettes Rennwochenende schadlos überstehen müssen, noch Zukunftsmusik ist, war die zurückliegende F1-Saison 2003 trotz oder dank der neuen Regeln auf jeden Fall spannungsgeladener als jedes Mosley'sche Regelpamphlet, welches mit neuen Regeln die Show verbessern und die Kosten senken sollte, was laut Toyota-Teamchef Ove Andersson ohnehin geglückt ist.

„Ich denke, dass es für den Fernsehzuschauer spannender geworden ist. Außerdem haben wir in den ersten zwölf Rennen sieben verschiedene Sieger gehabt,“ machte der Schwede uns gegenüber die Spannung greifbar. „Man kann die Regeln mögen oder nicht, aber im Endeffekt machen wir eine Show für die Zuschauer an der Strecke und vor den Fernsehern. Ich glaube, dass wir die Show verbessert haben...“

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