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Alles nur eine Reifenfrage?

Mit ihren innovativen Boliden sind McLaren, aber auch Williams, in Melbourne untergegangen. Hängt die Performance nur noch von den Reifen ab?

Ein wahrlich desaströses Rennwochenende hat McLaren-Mercedes in Melbourne erleben müssen. Nach den unerfreulichen Startplätzen 10 und 12 ereilte Kimi Räikkönen einer der vier Motorschäden im Rennen, während David Coulthard als blasser Achter die Ziellinie überfuhr.

Ein zerknirschter Ron Dennis sprach mit einer erstaunlichen Offenheit von einer „armseligen Performance, welche durch die niedrigen Temperaturen verstärkt wurde, was keinem der Michelin-Kunden gut getan hat“.

Wie so oft findet man die möglichen Ursachen für das Desaster von Melbourne auf verschiedenen Ebenen. Unter anderem könnte die Schuld bei dem, von Dennis erwähnten, „schwarzen Gold“, den Reifen liegen. Die herbstlichen 20 Grad Celsius gelten als „Bridgestone-Wetter“, daher hofft man zurecht auf eine bessere Reifenperformance im heißen Malaysia.

Auch Probleme mit dem Motor

Aber auch beim Motor scheint es Probleme zu geben – selbstverständlich unbestätigten Gerüchten nach, musste man die Drehzahl senken. Das würde erklären, warum man auch gegenüber den anderen Michelin-Teams recht alt ausgesehen hat.

Dem Guardian gegenüber gibt Dennis zu: „Der Motor ist sicher ein Teil unseres Pakets, der verbessert werden muss.“ Doch rund um den Motor wiederum hat Stardesigner Adrian Newey ein Auto gebaut, mit dem sich der Brite weit aus dem derzeit in der Formel 1 recht klein gehaltenen Fenster gelehnt hat...

Seinen Ursprung hat das aktuelle technische Konzept von McLaren-Mercedes in einer eigentlich höchst begrüßenswerten Richtungsentscheidung, welche unter der Last der Ferrari-Dominanz im Jahr 2002 getroffen wurde. Anstatt den erfolgreichen roten Renner zu kopieren und so auf dem Wege der Tradition den Roten quasi immer um einen Schritt hinterherzulaufen, entschloss man sich für den Weg der Innovation.

Man wollte Ferrari außen vor überholen. Daher gab man Adrian Newey den Auftrag für einen völlig neuen Formel 1-Wagen, man ließ Newey – einem der letzten Extremisten in den Denkfabriken der Königsklasse – beim MP4-18 freien Lauf. Zugleich entwickelte man auch den traditionellen MP4-17 weiter, in weiser Voraussicht, denn mit ihm hätte man im letzten Jahr beinahe den Titel geholt.

Was von der „Revolution“ blieb…

Von einem „völlig anders aussehenden Formel 1-Auto“ sprach Adrian Newey und die ganze Formel 1 wartete gespannt auf diesen Boliden, es entstand erstmals seit langem ein aus früheren Zeiten her bekanntes Gefühl der Revolution, ein Knistern im Medienwald - es entstand ein Kult rund um dieses Auto, noch ehe es auch nur einen Kilometer zurückgelegt hatte.

Als man ihn dann erstmals zu Gesicht bekam, sah man zweierlei: Eine futuristisch anmutende Formel 1-Rakete, die sich wohltuend von den anderen Boliden abgehoben hatte und man sah aber auch, wie klein die Innovationsspielräume in der heutigen Formel 1 geworden sind.

Doch der „18“ sah bekanntlich keine Rennstrecke, bei den Tests erwies sich die „Wunderwaffe“ als anfällig und filigran. Newey musste das Konzept überarbeiten, der MP4-19 ist der Versuch, Revolution und Tradition wieder zu vereinen.

In Melbourne zumindest wurde die Entscheidung, eigene Wege zu gehen, alles andere als belohnt. Eine Demütigung – Newey’s mit neuen Ideen und Innovationen gespickte „Wunderwaffe“ hechelt auf einem achten Platz durch den Albert Park, während die erzkonservativen Ferrari F2004 scheinbar mühelos dem Feld enteilen. Und auch Williams, wo man mit dem FW26 ebenfalls auf ein eigenständiges Aerodynamikkonzept gesetzt hatte, wurde von den nur sanft weiter entwickelten Ferrari in Schach gehalten.

Kein Platz mehr für Innovationen?

Ist in der Formel 1 kein Platz mehr für Innovationen? Um die Pneus richtig auf Temperatur zu bekommen, braucht man ein Chassis, welches berechenbar und logisch auf Set Up-Änderungen reagiert, neue Wege können dies mitunter erschweren.

Melbourne war sicherlich ein Rennen, welches einen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Reifenherstellern brachte. Die Mehrzahl der Topteams fährt mit Michelin-Reifen – und sie alle haben in Melbourne gestrauchelt.

Es stellt sich die Frage: Liegt es nur an den Reifen? Werden Renault, Williams und McLaren in Malaysia den roten Rennern um die Ohren fahren, nur weil es dort um zehn Grad wärmer ist? Sind Bauart und Konzeption der Formel 1-Boliden, die Performance und Fahrbarkeit der Motoren im tobenden Reifenkrieg bereits derart unwichtig geworden? Eines ist sicher: In Malaysia sollten diese Fragen beantwortet werden

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