Formel 1: News | 16.12.2004
Fata Morgana in der Spielberg-Wüste
Noch ist völlig unklar, was mit der "Spielberg-Wüste" passiert, von einem Luftfahrt-Zentrum bis zu einem abgespeckten Red Bull Projekt reichen die Spekulationen.
Viel und zugleich auch gar nichts passiert zurzeit in punkto Red Bull-Motorsportakademie, dem wegen eines negativen Umweltbescheids abgesagten und motorsportlich betrachtet einzigartigen Großprojekt in der Region Spielberg, auf dem Gelände des ehemaligen A1-Rings. Es werden verschiedene Pläne geschmiedet. Und es scheint, als würde jeder sein eigenes Süppchen kochen...
Die steirische Landesregierung möchte das Projekt übernehmen und wie geplant umsetzen, mit Red Bull als Investor. Red Bull soll an einer Light-Version des Projekts arbeiten. Und zudem hat sich der ehemalige österreichische Finanzminister Hannes Androsch mit einem neuen, eigenen Projekt, einem Luftfahrt-Technologiezentrum, gemeldet, mit welchem er „die Region retten“ möchte...
Das Land als Bewerber. Landeshauptfrau Klasnic erklärte gegenüber der APA, das Land Steiermark könnte als Bewerber auftreten: „Eine Projektträgergruppe ist möglich. Das muss Red Bull aber wollen.“ So könnte das Projekt, die Motorsport-Akademie samt der verschiedenen Test- und Rennstrecken plus Hotels, gebaut werden. Man könne das Projekt mit Adaptierungen neu einreichen, oder auch in einer abgespeckten Form.
Spielberg-Light? Die abgespeckte Form wiederum soll Red Bull laut den derzeit durch den österreichischen Medienwald geisternden Spekulationen schon seit einiger Zeit ins Auge gefasst haben. Der Standard berichtete am Mittwoch unter Bezugnahme auf Insiderkreise, dass hinter den Red Bull-Kulissen schon seit längerem an einer Minimalvariante des Projekts gearbeitet werde. Das ursprüngliche Großprojekt sei demnach „so gut wie gestorben“.
Die Tageszeitung berichtet zudem, dass sich die meisten jener Firmen, die laut Red Bull-Boss Dietrich Mateschitz bei dem Projekt in einem Konsortium mit an Bord gewesen waren, von diesem distanzieren. Der VW-Konzern sowie Magna und KTM erklärten gegenüber dem Standard, dass sie „nicht im Boot“ wären.
Spekulationen & Kritik. Dies wiederum weckte Spekulationen in der Bevölkerung. In einem Forum malt sich eine Userin aus, ob Dietrich Mateschitz das Projekt nicht vielleicht plötzlich doch zu teuer wurde und er gar absichtlich ein paar „Umweltsünden einbauen“ ließ, um nach einer Ablehnung generös eine Light-Version anbieten zu können.
So weit geht Standard-Chefredakteur Gerfried Sperl nicht, er mahnt in einem Artikel über die „Steirer und ihre Halbgötter Arnold Schwarzenegger, Frank Stronach und Dietrich Mateschitz“, dass bei Red Bull „gutes Marketing offenbar besser trainiert wird als das Projektmanagement. Umweltauflagen nicht zu beachten gilt in ganz Europa als schwerer Fehler“.
Ein Fehler der „gottergebenen Steirer“ sei auch gewesen, zu glauben „man nimmt es mit der Umwelt nicht so genau“, wenn „die Scheine vom Himmel flattern“. Die Regierung habe gelernt, dass „starke Männer bemerkenswert unverlässlich sind, wenn man ihnen (gesetzliche) Grenzen setzt“, fügt Sperl hinzu.
Von Red Bull gibt es zu all den Gerüchten um eine Light-Version des Projekts keine Stellungnahme: „Kein Kommentar.“ Der Energiegetränke-Hersteller soll laut der Presse bereits 100 Millionen Euro in das Projekt investiert haben und betrachtet diese Summe als „sunk cost“, als verlornes Geld.
Millionenverluste. Mittlerweile wird jedoch den Landespolitikern klar, dass ein Nichtzustandekommen des Projekts nicht nur den Verlust der Millioneninvestition sowie vieler Arbeitsplätze bedeutet, sondern dass auch erhebliche Kosten entstehen würden. Denn der A1-Ring ist mittlerweile eine astreine Wüste, alles wurde planiert, dem Erdboden gleich gemacht – um das Red Bull-Projekt zu errichten.
Das Land musste zudem Millionen-Ablösen bezahlen, um beispielsweise dem ÖAMTC sein Fahrtechnikzentrum abzukaufen. Würde man dort nun ein Alternativprojekt errichten wollen, müsste man Red Bull die Grundstücke wieder abkaufen. Dem Land drohen also Millionenverluste...
Alternativprojekt. Die „Rettung“ bietet Hannes Androsch, der ehemalige Finanzminister der Alpenrepublik, der Region an. Er stellte ein Alternativprojekt vor, ein Luftfahrt-Technologiezentrum. Die Regierung zeigte sich erfreut, Androsch sei „herzlich willkommen“, sagte die Landeshauptfrau.
Deren Stellvertreter erklärte gegenüber der APA, man kämpfe nach wie vor um die Realisierung des Red Bull-Projekts, man müsse sich aber auch um Alternativen umsehen. Androsch erklärte gegenüber News: „Das Projekt kann neben den Mateschitz-Plänen bestehen oder auch alleine.“ Auch in dem Red Bull-Projekt war ein Teil der Luftfahrt gewidmet.
Entscheidung. Ob das ehrgeizige und visionäre Projekt einer Motorsport-Akademie in seiner ursprünglich geplanten oder in einer abgespeckten Version oder ob es überhaupt zustande kommt, ist derzeit nicht absehbar. Angeblich soll im Januar eine Entscheidung getroffen werden...