Formel 1: News | 21.01.2005
Hungrig nach dem ersten Sieg!
Honda Österreich lud im Rahmen der „Vienna Autoshow“ zum Pressetalk mit BAR-Honda-Pilot Jenson Button. motorline.cc war vor Ort.
Michael Noir Trawniczek
Fotos: Christoph Trunk, motorline.cc
Die Vienna Autoshow im neu errichteten Messegelände. Vor uns marschieren die Pressedame Sandra Kamel und der Boss von Honda Österreich, Roland Berger, dahinter F1-Heroe Jenson Button, eng umschlungen mit seiner Herzdame Louise Griffith, die Bodyguards, die Pressekollegen und wir. Schweigsame Japaner bilden das Schlusslicht dieser hastig den Honda-Messestand ansteuernden Menschenkette. Zwei Teenager stehen plötzlich inmitten dieses Trosses, starren fassungslos auf den britischen F1-Aufsteiger - doch bevor sie realisieren können, was hier passiert, werden sie von den Bodyguards zur Seite geschoben. Immer mehr Schüler entdecken den WM-Dritten des Vorjahrs, schließen sich uns an. „Das ist doch der Button. Der kann sicher nur Englisch…“
Du gewinnst Rennen, weil dein Auto dazu in der Lage ist…
Zuvor lud Honda zum Pressegespräch mit dem Aufsteiger der letzten Saison. Die erste Pole-Position: „Ausgerechnet in Imola, dem Heimrennen von Ferrari – das war ein ganz spezieller Moment für mich“, schwärmt der 25jährige. Zehn Podiumsplätze, Platz 3 in der Fahrer-WM, mit BAR-Honda Vizemeister bei den Konstrukteuren. Nur eines fehlt – der erste Sieg: „Viele sagen ja, dass man nach dem ersten Sieg eine neue Mentalität, eine neue Herangehensweise erlangt, und dann weitere Siege einfährt. Das sehe ich anders. Du gewinnst Rennen, weil dein Auto dazu in der Lage ist - aber nicht weil du dich mental verändert hast.“
Jenson Button glaubt fest daran, dass er nun ein Auto zur Verfügung hat, mit dem er „regelmäßig um den Sieg kämpfen“ kann. Der erste Sieg – das ist das erklärte Ziel. Sowohl Button als auch BAR-Honda hatten noch nicht das Vergnügen. Das soll sich, wenn möglich gleich beim ersten Rennen in Melbourne, ändern.
Wir werden Schumacher herausfordern!
Aber was ist mit Ferrari? Mit Michael Schumacher? Seit einem halben Jahrzehnt fährt der deutsche Jahrhundertpilot mit der Startnummer 1 um die Kurse dieser Welt. Button sieht’s gelassen: „Ferrari wird wieder eine Favoritenrolle einnehmen, aber sie werden es nicht mehr so leicht haben. Wir werden sie herausfordern, und ebenso Williams und McLaren. Aber wir sind hungrig nach dem ersten Sieg. Der Wagen ist jetzt komplett, alles ist kleiner und leichter geworden, zugleich stimmt die Zuverlässigkeit. Wir sollten jetzt in der Lage sein, gegen Ferrari regelmäßig um Siege zu kämpfen.“
Im spanischen Valencia hat Button zwei Tage lang sein neues Arbeitsgerät, den BAR-Honda 007, getestet: „Wir konnten hundert Runden pro Tag absolvieren. Das zeigt, dass der Wagen, speziell der Motor, zuverlässig ist.“ Muss er auch sein – zwei Rennwochenenden haben die Aggregate in der kommenden Saison auszuhalten.
Das neue Regelwerk beinhaltet auch einen Beschnitt des aerodynamischen Abtriebs, sowie eine Limitierung auf zwei Satz Reifen für Training und Rennen. Die Gummimischungen werden wesentlich härter sein als im Vorjahr. Die FIA möchte damit die F1-Raketen einbremsen. Button war nach den ersten Runden erstaunt: „Ich dachte, die neuen Autos würden ziemlich instabil sein. Doch das ist nicht der Fall. Konstrukteur Geoff Willis hat einen sehr guten Job erledigt.“
Button prophezeit: Heiße Überholmanöver, neue Strategien, viele verschiedene Rennsieger!
Trotzdem wird sich laut Button einiges ändern – die „Formel Gähn“ oder die „Formel Schlaftablette“ soll, glaubt man dem Briten, der Vergangenheit angehören: „2005 wird es aufgrund der neuen Regeln mehr Überholmanöver und viele verschiedene Sieger geben. Wir haben weniger Downforce, wir haben andere Boxenstrategien. Ich denke, dass die meisten Fahrer nur noch zwei Stopps einlegen werden, denn wir dürfen ja die Reifen nicht mehr wechseln. 2004 hatten wir reine Sprintrennen – von einem Boxenstopp zum nächsten. Das ist in diesem Jahr ganz anders. Wir müssen auf die Reifen achten.“
Reifenlimitierung: Keine Gefahr!
Schon im letzten Jahr gab es zum Teil haarsträubende Reifenexplosionen. Ich erinnere Button an Spa, dort erwischte es ihn ausgerechnet am Ende der langen Kemmel-Geraden, als er bei rund 300 km/h einen Minardi überrunden wollte. Das hätte böse enden können. Birgt diese Limitierung auf einen einzigen Satz Reifen nicht auch eine immense Gefahr? Button winkt ab: „Nein. Die Reifen müssen jetzt eben mehr als 75 Runden halten. Da gab es auch bei den Tests keine Probleme. Allerdings könnten die Rennen gegen Ende hin ziemlich hart werden, denn die Reifen könnten dann schon recht abgenützt sein. Das dürfte sehr interessant werden. Wenn jemand am Ende schlechte Reifen hat, wird es leicht sein, ihn zu überholen.“
Williams oder BAR? Entscheidung am Ende des Jahres…
Die Pressekonferenz neigt sich dem Ende zu – und ich spüre: Da fehlt doch noch ein Thema. Genau – Button überraschte im letzten Sommer mit seiner Unterschrift bei BMW-Williams - jenem Team, das ihn vor fünf Jahren nach nur wenigen aber äußerst erfolgreichen Autorennen in die Königsklasse geholt hat. Doch die von seinem damaligen Manager ausgemachte Vertragslücke war dann doch zu klein, das „Contract Recognition Board“ annullierte den Vertrag, Button musste bei BAR bleiben. Ich versuche mein Glück mit ein paar freundlichen Worten: „Du scheinst ja recht offenherzig zu sein. Können wir über den Williams-Transfer sprechen?“ Die Mienen der Honda-Verantwortlichen sagen: Kein gutes Thema! Button lacht: „Du kannst es versuchen, aber ich werde nicht darüber sprechen..“ Doch dann tut er es doch: Er würde sich auf die bevorstehende Saison konzentrieren, es sei schon viel zu dem Fall gesagt worden….
Und das Gerücht, wonach er eine Ausstiegsmöglichkeit in seinem Vertrag hätte, sollte sein Punktekonto irgendwann im Juli weniger als 70 Prozent des WM-Leaders aufweisen? Button: „Ich kann über die vertraglichen Dinge nicht sprechen. Ich kann nur so viel sagen, dass 2005 ein sehr wichtiges Jahr sein wird – für das Team und auch für mich. Und am Ende des Jahres wird dann die Zeit kommen, um Entscheidungen zu treffen. Und die Weltmeisterschaft wird in diesem Jahr sicher nicht schon im August oder September entschieden werden, denn wir sind sehr konkurrenzfähig.“
Button über Klien: Er steht vor einem entscheidenden Jahr!
Einer der anwesenden Journalisten möchte wissen, wie Jenson Button unseren Christian Klien einschätzt – Button sagt: „Christian ist ein guter Typ, ich hab schon einige Zeit mit ihm verbracht. Klarerweise verfügt er noch nicht über so viel Erfahrung in der Formel 1. Ich denke, dass diese Saison sehr wichtig für ihn sein wird. Ich weiß nicht, wie viele Rennen er in der kommenden Saison fahren wird, das ist eine sehr seltsame Situation. Wenn er ein gutes Jahr hat, kann er eine großartige Zukunft in der Formel 1 haben. Wenn es schlecht läuft, könnte das das Ende seiner Formel 1-Karriere bedeuten. Er steht vor einem entscheidenden Jahr.“
„Believe me: He is a winner!“
Noch etwas nagt in mir. Auf Button’s Homepage erfährt der geneigte Leser, Button sei 1991 als Achtjähriger in den Kartsport eingestiegen und habe umgehend alle 34 Rennen der Meisterschaft gewonnen. Wie? Ohne davor trainiert zu haben – einfach so? Nein, er habe bereits 1989 mit dem Kartsport begonnen, 1991 sei er dann in die britische Kartmeisterschaft eingestiegen, erklärt Button. Ich bin beruhigt. Der Sprecher der Veranstaltung fügt hinzu: „Believe me. He is a winner!"