Formel 1: News | 23.06.2006
Meeting wurde zur Farce
Beim Meeting der Sportlichen Arbeitsgruppe verhinderte der FIA-Delegierte eine Abstimmung - die Sporthoheit will die Homologation mit Gewalt durchsetzen.
Nach der Unterzeichnung des gemeinsamen Verständnismemorandums beim Grand Prix von Spanien wirkte alles so friedlich, doch wenn die Verantwortlichen nicht aufpassen, könnte der große Formel-1-Streit bald wieder von vorne beginnen. Gestern in Montréal kam es jedenfalls zu einer unerfreulichen Entwicklung, was das neue Motorenreglement angeht.
Bekanntlich plant FIA-Präsident Max Mosley ab 2008 eine so genannte Homologierung der V8-Triebwerke, die effektiv einem kompletten Entwicklungsstopp für drei Jahre entspricht.
Die großen Werke sind darüber natürlich nicht gerade begeistert, weshalb sie zuletzt in Monaco ein Kompromissangebot unterbreitet haben. Allerdings will die FIA aus Kostengründen bestenfalls am so genannten Maranello-Abkommen festhalten, bei dessen Ausarbeitung witzigerweise nur Cosworth, Ferrari und Renault anwesend waren.
FIA ignoriert Appendix 5 des Sportlichen Reglements
Der eigentliche Knackpunkt ist der dritte Absatz von Appendix 5 des Sportlichen Reglements, in dem es wörtlich heißt: "Für eine Beschlussfassung ist innerhalb der Sportlichen oder Technischen Arbeitsgruppe keine Einstimmigkeit notwendig, sondern eine einfache Mehrheit.
Sollte es zwischen den Vertretern der Teams unentschieden stehen, entscheidet die Stimme der FIA, die ansonsten nicht stimmberechtigt ist", so ein Auszug aus den am 22. März veröffentlichten Regeln für 2008.
Seitens der Herstellervereinigung GPMA wurde dies so interpretiert, dass man zumindest bis zum 30. Juni das bestehende Reglement mit einer einfachen Mehrheit innerhalb der beiden Arbeitsgruppen ändern kann, was jedoch Mosley im Rahmen seiner umstrittenen Pressekonferenz von Silverstone als Träumerei darstellte: "Wir werden die Homologierung einführen", kündigte er dort diktatorisch an - und setzte sich damit über eine vorherige Abstimmung der Sportlichen Arbeitsgruppe hinweg.
Gestern in Montréal tagte dieses Gremium erneut, doch als das Thema Homologierung nach belanglosen Diskussionen über Geschwindigkeiten in der Boxengasse und andere Dinge zur Sprache gebracht wurde, lehnte Charlie Whiting, der Technische Delegierte der FIA, eine entsprechende Abstimmung ab, weil es sich dabei um eine Angelegenheit für die Technische Arbeitsgruppe handle - wohl wissend, dass die 'GPMA'-Teams nur noch bis 30. Juni Zeit haben, um ihre Anliegen durchzubringen.
GPMA will lediglich eine Teilhomologierung
Beim Kompromissvorschlag der GPMA, der seit Monaco auf dem Tisch liegt, handelt es sich um eine teilweise Einfrierung der Motorenentwicklung, die es jedoch erlauben würde, gewisse Bereiche während des Homologierungszeitraums wie bisher zu verbessern.
Dies spart nicht ganz so viel Geld ein wie die FIA-Regelversion, lässt aber wenigstens gewisse technische Freiheiten zu, so dass ein Team mit einem schlechten Motor der Konkurrenz nicht von vornherein drei Jahre lang hinterherfahren muss.
Die Frage ist nun, wie die GPMA weiter vorgehen wird, denn weil Mosley sein eigenes Reglement in Bezug auf Appendix 5 konsequent nicht zu beachten scheint, sind BMW, DaimlerChrysler und Co. momentan die Hände gebunden. Als letzter Ausweg erscheint derzeit eine Beschwerde bei der EU-Kommission, doch von juristischen Auseinandersetzungen hatte die Formel 1 in den vergangenen Jahren an und für sich schon mehr als genug...