Formel 1: News/Kommentar | 05.05.2008
Der Nazi-Hintergrund wird untersucht
Ein hochrangiger Anwalt soll für die FIA untersuchen, ob die versteckt gefilmte S/M-Aktion von Max Mosley tatsächlich einen Nazi-Hintergrund aufweist.
Michael Noir Trawniczek
Als die News of the World ein versteckt gefilmtes Video veröffentlichte, welches FIA-Präsident Max Mosley und fünf Prostituierte beim Abhalten von Sadomaso-Praktiken zeigte, bezeichnete sie diese Aktivitäten als "Nazi-Orgie". Nicht wenige Medien haben diesen Begriff umgehend übernommen, so wurde auch das Wort "KZ-Sex" kreiert. Genauer betrachtet haben das Video nur wenige. Auf dem vorliegenden Material sind keine eindeutigen Hinweise auf Nazi-Utensilien vorzufinden, wenngleich das Szenario an ein Gefangenenlager erinnert.
Als Max Mosley den Nazi-Zusammenhang dementierte, brachte NOTW in ihrer nächsten Ausgabe eine der Prostituierten, die behauptete, Mosley habe "definitiv ein Nazi-Szenario bestellt". Max Mosley sei ein "Lügner", sagte die Dame. Mosley behauptete in der Folge, die Aussage der Prostituierten sei quasi gekauft worden, sie würde jedenfalls nicht den Tatsachen entsprechen.
Weil es einen großen Unterschied macht, ob es sich um S/M- oder Nazi-Aktivitäten handelte, hat die Sportbehörde FIA nun einen angesehenen Anwalt, Anthony Scrivener, beauftragt, diese Frage zu untersuchen. Er soll herausfinden, ob die Betitelung durch NOTW gerechtfertigt war. Max Mosley soll diese Untersuchung ausdrücklich begrüßt haben. Das Ergebnis soll dann bei der außerordentlichen Generalversammlung der FIA am 3. Juni den Delegierten zur Verfügung stehen. Dort wird Mosley die Vertrauensfrage stellen - dort wird entschieden, ob er weiter im Amt bleibt.
Kommentar: Klare Stellungnahme fehlt
Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass Teile der Aktion an den Nationalsozialismus erinnern, wäre damit noch immer nicht geklärt, ob Mosley ein Anhänger oder ein erklärter Gegner oder gar ein Opfer der Nazis ist. Und beispielsweise mit solchen Rollenspielen ein erlebtes Trauma abarbeitet. Seine Kindheit musste er jedenfalls als Sohn des Faschistenführers Oswald Mosley erleben - Max Mosley war in jungen Jahren auch Mitglied einer von seinem Vater gegründeten faschistischen Bewegung...
So gesehen schuldet Mosley der Welt noch immer eine klare und eindeutige Stellungnahme zu seiner Gesinnung. Vielleicht sieht er es als nicht nötig an, diese öffentlich darzustellen? Vielleicht deshalb, weil ein FIA-Präsident ohnehin frei von braunem Gedankengut sein sollte? Wie auch immer - in diesem Fall jedoch wäre es nötig oder zumindest äußerst hilfreich, klar Stellung zu beziehen.