MOTORSPORT

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

Stefan GP hätte eine Chance verdient

Stefan GP wurde von der FIA trotz einsatzbereiter Boliden abgelehnt – zugleich toleriert sie den seltsamen Auftritt von BMW Sauber-Ferrari.

Michael Noir Trawniczek

Obwohl der „amerikanische Traum“ namens USF1 endgültig geplatzt ist und die Verantwortlichen um einen Aufschub ihrer Teilnahme an der Formel 1-WM für 2011 gebeten haben, wird Stefan Grand Prix in Bahrain nicht am Start sein.

Die FIA argumentiert, dass es zu spät gewesen sei, das serbische Team noch einer Geschäftsprüfung zu unterziehen. Auch einen späteren Einstieg, etwa beim Europaauftakt in Spanien, zog die Sportbehörde nicht in Betracht.

Der serbische Geschäftsmann Zoran Stefanovic ist bekanntlich im Besitz jener Boliden, welche Toyota für die Saison 2010 entwickelt hat, zudem erhält er Unterstützung der Toyota Motorsport Group – Stefanovic hat rund 50 frühere Toyota-Teammitglieder übernommen, welche in Köln-Marsdorf an den Autos arbeiten. Zurzeit kursieren Gerüchte, Stefanovic solle ein Hochstapler sein und Rechnungen nicht bezahlt haben –doch laut einem Bericht von Motorsport-Total hat Toyota erklärt, Stefanovic habe sämtliche bislang fälligen Rechnungen beglichen. Zudem erklärt Stefanovic, wie es zu den Hochstaplergerüchten kam.

Die FIA war in den letzten Jahren stets bemüht, Geld einzusparen. Stefanovic verfügt laut seinen Angaben über rennfertige Autos und hat zumindest einen Bruchteil des ehemaligen Toyota-Werksteams weiter beschäftigt. So ähnlich, wie es Ross Brawn im Vorjahr mit Honda getan hat.

Was spricht also dagegen, diese mit viel Geld entwickelten Autos zu nützen? Was spricht dagegen, dem Serben zumindest eine Chance zu geben? Er hat schließlich auch in das Projekt investiert.

Nicht Formel 1-würdig?

Auch Hispania kommt mit ungetesteten Autos nach Bahrain – und die Autos aus dem Hause Toyota dürften eher konkurrenzfähig sein als jene von Dallara. Zudem hat Stefan GP geplant, neben dem ebenfalls F1-erprobten Kazuki Nakajima den Formel 1-Weltmeister des Jahres 1997, Jacques Villeneuve zu engagieren. Viele Fans hätten gespannt verfolgt, wie sich der Kanadier mit dem auf SGP-01 umgetauften TF110 schlägt. Selbst wenn „JV“ hinterher gefahren wäre, stünde ein solches Unterfangen mit Sicherheit im öffentlichen Interesse. Villeneuve wäre der fünfte Weltmeister im Feld gewesen…

Die Zulassung von Stefan GP wäre eine Möglichkeit gewesen, das bislang von Toyota und Stefanovic investierte Geld zu nützen. Wie man anhand von USF1 und dem im letzten Moment geretteten Campos-Team gesehen hat, ist es alles andere als leicht, ein Formel 1-Team auf die Beine respektive ein F1-Auto auf die Räder zu stellen. Stefanovic hatte zwei einsatzbereite Autos anzubieten, doch jetzt liegt das Projekt brach.

Gerade jetzt, in einer wirtschaftlich so schwierigen Zeit, hätte man honorieren können, dass Stefanovic zumindest einen Teil der früheren Toyota-Belegschaft weiter beschäftigt. Die Formel 1-Teams müssen ohnehin Ballast abwerfen und damit auch Personal kündigen – ein 13. Rennstall für die Saison 2010 hätte Arbeitsplätze gesichert.

Das Argument, dass Stefan GP einen peinlichen, einen der Formel 1 unwürdigen Auftritt hätte liefern können, kann auch nicht wirklich gelten. Schließlich weiß niemand, welche Performance Hispania liefern wird. Schließlich hat die FIA offenbar nichts dagegen, dass Sauber wegen der Vergabe des TV-Kuchens immer noch als BMW Sauber antritt, mit Ferrari-Motor im Heck und einem Outfit, welches an BMW erinnert und wie eines dieser Firmenplagiate in Billigstsupermärkten wirkt. Auch Sauber musste sich keinem neuen Auswahlverfahren stellen, obschon BMW das Concorde-Abkommen nicht unterschrieben hat.

Anmerkung: Es soll hier auch nicht das Sauber-Projekt in Frage gestellt oder angeschwärzt werden - so seltsam es auch ist, es geht um viel Geld, dass dem Rennstall für seine Mitwirkung an der Formel 1-WM 2009 zusteht und es ist traurig, dass dieser Weg der Namensbeibehaltung der einzig gangbare ist, um das Geld nicht zu verlieren...auch hier wäre etwas mehr Flexibilität und "Bauchgefühl" seitens der Behörden angebracht. Jeder weiß, dass es der gleiche Rennstall ist, mehr noch, dass BMW Sauber der von Peter Sauber gegründete Rennstall ist...

“Auto hatte viel Potenzial“

Die FIA hat mehrfach betont, wie wichtig es wäre, dass neue private Rennställe in die Formel 1 kommen. Jetzt hat man einen Kandidaten abgelehnt, der sich bemüht hat, eine Infrastruktur zu errichten und der sogar schon Material nach Bahrain fliegen ließ. Unter der Annahme, dass Stefan GP tatsächlich über einsatzbereite Boliden verfügt, ist die Entscheidung der FIA nicht nachvollziehbar. Jacques Villeneuve zumindest bestätigt, dass die Boliden einsatzbereit waren: „Das Auto hatte viel Potenzial. Es war fertig, es wurde nicht bei Null begonnen, es wäre konkurrenzfähig gewesen.“

Sicher, Stefan GP hätte bei weitem nicht so professionell wie McLaren-Mercedes oder Ferrari gewirkt. Doch das wird auch bei Hispania, Lotus oder Virgin nicht der Fall sein. Es handelt sich eben um Privatteams – jene Privaten, welche sich die FIA gewünscht hat. Jene Privatteams, die man nur begrüßen kann! Weil sie an jene Zeiten erinnern, als es tatsächlich „Garagenteams“ waren, Enthusiasten vom Schlage eines Frank Williams. Auch er hat klein begonnen, mit einem Kundenauto. Jetzt will man angeblich für das Auswahlverfahren 2011 wieder die Auflagen verschärfen. Immer wieder erhält man den Eindruck, dass die FIA nicht so recht weiß, was sie will – so etwas wie ein gesunder Hausverstand scheint am Pariser Place de la Concorde, dem Sitz der Bürokraten leider Mangelware zu sein.

News aus anderen Motorline-Channels:

Weitere Artikel:

Rallycross Wachauring: Bericht

Harte Zweikämpfe

Mit hochklassigen Rennen ging das AV-NÖ Rallycross von Melk über die Bühne. Dank der harten internationalen Konkurrenz der FIA Zentraleuropa-Meisterschaft hatten es die Österreicher schwer, Gerald Woldrich holte dennoch einen umjubelten Heimsieg.

Lando Norris gewinnt am Samstag bei Regen in Miami, Kimi Antonelli wird Opfer von Max Verstappen, der seinerseits eine Zehnsekundenstrafe kassiert

Ferrari-Zirkus in Miami

Positionschaos statt Angriff nach vorn

Ferrari hat in der Formel 1 wieder einmal die Lacher auf seiner Seite - Statt Kimi Antonelli anzugreifen, wird über die teaminterne Reihenfolge debattiert