
Formel 1: News | 08.08.2013
Der Löwe wird 60, aber nicht alt
Nigel Mansell feierte am 8. August seinen 60. Geburtstag. Der Mann, den sie in Italien "il leone" nannten, war einer der furchtlosesten F1-Piloten.
Um im Ferrari-Land Italien "il leone" (der Löwe) genannt zu werden, dazu bedarf es wohl einiger, sagen wir, bemerkenswerter Aktionen. Und die lieferte Nigel Mansell. Nicht nur in seiner Ferrari-Zeit, auch bei Williams und in der Champ-Car-Serie.
Der kraftvolle Typ aus Worcestershire - er wog in seiner aktiven Zeit fettfreie 80 Kilogramm, gegen einen 55-Kilo-Kollegen wie Alain Prost naturgemäß kein Vorteil - war zwar oftmals ein Pechvogel, doch zu 31 Grand-Prix-Siegen reichte es allemal.
WM-Titel steht "nur" einer auf seinem Konto, der überlegene Williams-Renault von 1992 war das Glück, auf das er in seiner Karriere so lange warten musste. Denn bereits 1986 kam er als WM-Führender zum letzten Rennen nach Adelaide, als ihm an der für den Titel locker reichenden dritten Position ein Hinterreifen bei Topspeed platzte. Einen schweren Crash konnte er verhindern, nicht aber, dass ihm Alain Prost mit einem Sieg den Titel noch wegschnappte.
1987 musst er Teamkollege Nelson Piquet trotz sechs Siegen den Vortritt lassen, weil er wiederholt dank zuviel Risiko Punkte verschenkt hatte. In Spa kollidierte er mit Senna und wollte den Brasilianer daraufhin in der Box mit der Faust zur Rechenschaft ziehen, was mehrere Mechaniker gerade noch verhindern konnten.
1991 verlor er den Sieg beim GP von Monteral, weil er - überlegen führend - es vorzog, bereits in der letzten Runde dem Publikum zuzuwinken. Dabei starb ihm der Motor ab und er wurde letztlich nur Sechster.
Mansell wurde von mehreren Teamkollegen attestiert, dass ihn Abstimmungsarbeit wenig interessierte, dass er in einem schlecht abgestimmten Auto allerdings auch kaum langsamer war als in einem perfekt abgestimmten.
Herausragend waren natürlich auch sein extremer Mut und seine außergewöhnliche Kampfkraft. Legendär das Überholmanöver gegen Gerhard Berger 1990 in der superschnellen, überhöhten Peraltada-Kurve des Mexiko-GP - mit abgefahrenen Reifen und vor allem: außen! Mansell meinte zu diesem Manöver später: "Im Moment des Überholens habe ich die Augen geschlossen."
Nach seinem Formel-1-Abschied Ende 1992 wechselte er 1993 zur US-amerikanischen Champ-Car-Serie. Als erster Rookie überhaupt konnte er diese für sich entscheiden und war Ende 1993 sogar für einige Tage lang amtierender F1-Weltmeister und Champ-Car-Meister gleichzeitig.
2010 startete er als Chef seines eigenen Teams mit seinen Söhnen Leo und Greg in der Le Mans Series. Bei den 24h von Le Mans verstärkte er das Team als dritter Fahrer, crashte aber wegen eines Reifenschadens. Dies verstand er als Zeichen, seine aktive Karriere endgültig zu beenden.
Mansell, der auf Reichtum nie etwas gegeben hatte, führt heute auf der britischen Kanalinsel Jersey einen Gebrauchtwagenhandel samt angeschlossenem Automobilmuseum.
F1-Journalistenlegende Helmut Zwickl sagte einmal über Nigel Mansell, der für ihn im Lauf der Jahre zum Freund geworden war: "Er ist einer der nettesten Menschen, die ich kenne. Aber wenn er ins Cockpit steigt, schaltet er die Lichter der Güte ab."