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Jules Bianchi: Was blieb von der Tragödie?

Verbesserungen der Sicherheit und der Wunsch nach „Gerechtigkeit“ - Wie Jules Bianchis Tod die Formel 1 in einem Jahr verändert hat.

"Jules hat bis zum Schluss gekämpft. Heute ist sein Kampf beendet", schrieb die Familie Bianchi am 18. Juli 2015 in einem Statement und verkündete den Tod ihres Sohnes in der Nacht zuvor. Er hatte nach seinem Unfall beim Japan-Grand-Prix in Suzuka 275 Tage im Koma gelegen, ehe er in einer Klinik in seiner Heimatstadt Nizza seinen Kopfverletzungen erlag. Heute vor einem Jahr beklagte die Formel 1 ihr 33. und vorerst letztes Todesopfer im Rahmen eines Rennwochenendes. Was ist von der Tragödie geblieben?

In erster Linie tiefe Trauer, die in einer bewegenden Beisetzung an der Cote d'Azur Ausdruck fand, als auch Piloten den Sarg zu den Klängen des Eagle-Klassikers Hotel California durch die Altstadt Nizzas trugen, ehe die Asche des Franzosen eine Tage später über dem Meer verstreut wurde.

Bianchi, der im Alter von 25 Jahren seine sportliche Karriere und sein Leben noch vor sich hatte, ist aus dem Paddock seitdem nicht verschwunden. Seine Fahrerkollegen erinnern mit Stickern mit der Aufschrift #JB17 - seine Initialen und Startnummer - an ihn. Bei seinem Team Marussia, das heute als Manor startet, kommen Erinnerungen immer wieder hoch. Und sorgen sogar dafür, dass Pascal Wehrlein in einem unbedachten Moment von Mitarbeitern "Jules" genannt wird.

Die Familie Bianchi hat mit dem Schicksal nicht abgeschlossen. Sie hat rechtliche Schritte gegen den Automobil-Weltverband (FIA), die Formula One Group (FOM) und das Team eingeleitet und hofft, dass es bei einem möglichen Prozess vor Gericht Antworten auf Fragen gibt, die aus ihrer Sicht nicht geklärt sind. Und die Personen, die sie für den Unfall verantwortlich macht, zur Rechenschaft gezogen werden. Vater Philippe Bianchi sagt: "Wir wollen Gerechtigkeit für Jules."

Denn in dem 396 Seiten umfassenden Unfallbericht der FIA heißt es unter anderem, dass Bianchi auf regennasser Fahrbahn in Suzuka "nicht ausreichend verlangsamte", um seinen Crash und seinen Einschlag in einen für eine Bergungsaktion im Kies stehenden Radlader zu verhindern. Bianchi sen. ist der Ansicht, dass die Schuld trotz geschwenkter gelber Flaggen keinesfalls bei seinem Sohn lag. Vielmehr habe es gravierende Fehler bei der Durchführung des Rennens gegeben, so der Vorwurf.

Er droht, dass die "Verantwortlichen bezahlen" müssten. Bernie Ecclestone und Co. lässt das kalt, schließlich gab es in der Geschichte der Beletage des Motorsports erst einmal den Fall, dass für einen tödlichen Unfall Schadensersatz gezahlt wurde. Als die Angehörigen Mark Donohues von Reifenhersteller Goodyear für den Tod des US-Amerikaners 1985 - zehn Jahre nach der Tragödie von Spielberg - 9,6 Millionen US-Dollar erstritten.

Trotzdem gab es Reaktionen auf den Crash, bei dem Bianchi unbestätigten Informationen zufolge Belastungen von 50 g ausgesetzt gewesen sein soll, also dem 50-fachen seines Körpergewichts. Die Formel 1 führte das Virtuelle Safety-Car (VSC) ein, um Bergungen ohne das Herausschicken des Führungsfahrzeuges und ohne Einfluss auf das sportliche Renngeschehen sicherer zu machen. In der kommenden Saison soll mit dem Halo-System ein baulicher Kopfschutz eingeführt werden.

Jules Bianchis Leben hätte das wohl nicht gerettet. Zu heftig war die Wucht des Einschlags in das tonnenschwere Fahrzeug, das einige Meter nach hinten flog, als er mit dem Helm darunter schoss. Aber der Bügel um das Cockpit könnte eines der letzten vorhersehbaren Risiken in der Formel 1 eliminieren: herumfliegende Trümmerteile und Autos, die auf Höhe des Fahrers über andere fliegen. Denn zuletzt waren stets diese Faktoren involviert, wenn es brenzlich wurde. Dass solche Lücken gestopft werden müssen, führte der Unfall den Machern vor Augen und wurde zum Mahnmal.

Die Bianchi-Familie hat jedoch noch einen anderen Weg gefunden, mit ihrem Schmerz umzugehen und eine Stiftung gegründet, die junge Talente im Kartsport unterstützen soll. Die Fans an den Strecken erinnern heute noch immer mit Transparenten an ihren Helden, der als Topkandidat auf ein Cockpit bei Ferrari galt und sich im Paddock als Strahlemann beliebt gemacht hatte. Doch es könnte der Tag kommen, an dem die Formel 1 wieder Trauer trägt - der Tag, an dem sie um die Nummer 34 weint.

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