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FIA ergreift Maßnahmen gegen "Porpoising" Red Bull könmnte von der neuen technischen Richtlinie profitieren
Motorsport Images

FIA ergreift Maßnahmen gegen "Porpoising": Vorteil für Red Bull?

Nachdem immer mehr Fahrer Sicherheits- und Gesundheitsbedenken wegen "Porpoising" geäußert haben, reagiert die FIA nun mit einer technischen Richtlinie

Die Befürchtungen von Red-Bull-Teamchef Christian Horner sind - zumindest auf den ersten Blick - wahr geworden: Die FIA hat am Donnerstag vor dem Grand Prix von Kanada in Montreal bekannt gegeben, dass sie beim Thema "Porpoising" einschreiten und Maßnahmen ergreifen wird, um das aerodynamische Phänomen in der Formel 1 zu unterbinden.

In Miami hatten Carlos Sainz und George Russell, Fahrer bei den mit am stärksten betroffenen Teams Ferrari und Mercedes, erstmals öffentlich Bedenken geäußert, dass das "Porpoising", also das "Hoppeln" der neuen Formel-1-Autos besonders bei hohen Geschwindigkeiten, langfristig gesundheitliche Folgen für die Wirbelsäule der Piloten haben könnte.

Am Freitagabend in Baku war "Porpoising" dann beim Fahrerbriefing ein Thema. Nach und nach meldeten sich mehr Fahrer mit Bedenken zu Wort, darunter auch, besonders eindrücklich, Pierre Gasly vom Red-Bull-Juniorteam AlphaTauri. Der siebenmalige Weltmeister Lewis Hamilton war nach dem Rennen so angeschlagen, dass zunächst sogar sein Antreten in Montreal in Frage stand.

FIA beruft sich auf Sicherheitsargument

Jetzt hat die FIA entschieden, dass es "im Interesse der Sicherheit" erforderlich ist, zu intervenieren und die Teams dazu zu veranlassen, die notwendigen Anpassungen vorzunehmen, "um dieses Phänomen zu eliminieren", wie es in einer Presseaussendung des Automobil-Weltverbands wörtlich heißt.

Bisher schien eine kurzfristige Regeländerung undenkbar, weil dafür während einer laufenden Saison normalerweise die Zustimmung aller Teams Voraussetzung ist. In seltenen Fällen kann die FIA allerdings auch ohne Einstimmigkeit unter den Teams intervenieren, wenn sie dies aus Sicherheitsgründen als zwingend notwendig erachtet.

Für Kanada noch keine Exekution vorgesehen

Daher wurde vor dem Grand Prix von Kanada eine technische Richtlinie erlassen, die zunächst zwei Sofortmaßnahmen beinhaltet. Erstens: Die Abnutzung der Unterbodenplanken wird genauer überprüft als bisher. Zweitens: Es soll eine Metrik für künftige Rennwochenenden entwickelt werden, welches Maß an Oszillation der Autos akzeptabel ist und welches nicht mehr.

"Die genaue mathematische Formel für diese Metrik wird derzeit noch durch die FIA untersucht. Die Formel-1-Teams wurden eingeladen, sich an diesem Prozess zu beteiligen", teilt der Verband in seiner Stellungnahme mit.

Bedeutet konkret: Die FIA wertet ab sofort neben der Abnutzung der Unterbodenplanken auch die Messwerte von Beschleunigungssensoren aus, um das Maß der Oszillationen, die auf die Fahrer wirken, zu überprüfen. Vor dem Samstagstraining wird den Teams dann ein Grenzwert mitgeteilt.

Wer den im Qualifying oder Rennen nicht einhält, könnte im schlimmsten Fall sogar disqualifiziert werden. So berichtet es zumindest das Fachportal 'auto motor und sport'. Alternativ kann ein Teilnehmer auch dazu gezwungen werden, die Bodenhöhe um zehn Millimeter anzuheben, wenn im Training ein Überschreiten der Grenzwerte festgestellt wird.

Zu Disqualifikationen und erzwungenen Set-up-Änderungen kann es aber zumindest beim Grand Prix von Kanada noch nicht kommen. In Montreal konzentriert sich die FIA erstmal darauf, die besagte Metrik gemeinsam mit den Teams zu entwickeln. In Zukunft soll dann aber hart durchgegriffen. Wann genau, das lässt der Verband offen.

FIA plant auch langfristigere Maßnahmen

Die FIA kündigt darüber hinaus ein technisches Meeting mit den Formel-1-Teams an, "um die Maßnahmen zu definieren, die die Neigung der Autos, solchen Phänomenen ausgesetzt zu sein, mittelfristig reduziert". Eine längerfristiger angelegte Maßnahme, die sich auf das Reglement für 2023 und die Folgejahre konzentriert.

Eigenen Angaben nach hat sich die FIA diesen Schritt nicht leicht gemacht, sondern nach den besorgten Äußerungen zahlreicher Fahrer mit den FIA-Ärzten Rücksprache gehalten. Dass Fahrer wie Hamilton zuletzt nach den Rennen über Rückenschmerzen geklagt haben, sei dabei ein Faktor gewesen - aber nicht der einzige.

Wörtlich heißt es: "In einem Sport, in dem die Teilnehmer mit Geschwindigkeiten von mehr als 300 km/h fahren, sind wir der Ansicht, dass die gesamte Konzentration eines Fahrers auf das Fahren fokussiert sein sollte und dass exzessive Ermüdung oder Schmerzen, die ein Fahrer erleidet, zu einem Konzentrationsverlust führen und signifikante Konsequenzen haben könnten."

Schuss für Mercedes nach hinten losgegangen?

In Baku hatte Red-Bull-Teamchef Christian Horner den vom "Porpoising" stark betroffenen Teams noch nahegelegt, "eine dickere Bodenplatte draufzuschrauben, wenn sie wollen, oder das Auto anzuheben. Das wäre die einfachste Lösung." Denn seiner Meinung nach wäre es "unfair, die zu bestrafen, die ihre Hausaufgaben gemacht haben".

Tatsächlich könnte die neue technische Richtlinie aber gerade für Red Bull ein Segen sein. Ferrari und Mercedes waren bislang vom "Porpoising" deutlich stärker betroffen und laufen damit viel eher Gefahr, durch die FIA zu einem Set-up mit mehr Bodenhöhe gezwungen zu werden. Und mehr Bodenhöhe bedeutet in der Formel 1 weniger Performance ...

Transparenzhinweis: In einer zuerst veröffentlichten Version dieses Artikels hatten wir berichtet, dass die FIA bereits in Montreal Set-up-Änderungen erzwingen und Disqualifikationen vornehmen könnte. Das ist nicht der Fall, wie eine Nachfrage bei der FIA ergeben hat. In Montreal werden zunächst nur Daten erhoben. Bestraft wird erst zu einem späteren Zeitpunkt in der Saison.

Motorsport-Total.com

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