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F1 GP von Saudi-Arabien: Schlussbericht Fernando Alonso gewann den Start, hatte danach aber keine Chance gegen die Red Bulls
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Rennen Saudi-Arabien: Perez-Sieg mit Diskussionen bei Red Bull & Aston

Sergio Perez gewinnt den Grand Prix von Saudi-Arabien vor Max Verstappen - Fernando Alonso verliert dritten Platz wegen umstrittener FIA-Strafe

Max Verstappen hat beim Grand Prix von Saudi-Arabien zwar die erwartete Aufholjagd hingelegt, für den Sieg hat es letztendlich aber nicht gereicht. Den sicherte sich beim Flutlichtrennen auf dem Stadtkurs in Dschidda sein Red-Bull-Teamkollege Sergio Perez.

Perez gewann vor Verstappen, Fernando Alonso (Aston Martin), George Russell, Lewis Hamilton (beide Mercedes), Carlos Sainz, Charles Leclerc (beide Ferrari), Esteban Ocon, Pierre Gasly (beide Alpine) und Kevin Magnussen (Haas).

Für Red Bull war es übrigens erst zum zweiten Mal in der Teamgeschichte, dass zweimal hintereinander ein Doppelsieg gefeiert werden konnte. Und zwar ein dominanter: "Phasenweise waren wir eine Sekunde schneller als der Rest des Feldes. Das ist auf dieser relativ kurzen Strecke schon viel", freut sich Motorsportkonsulent Helmut Marko.

Für Alonso wäre es das 100. Podium seiner Formel-1-Karriere gewesen. 19 Jahre, elf Monate und 24 Tage nach dem ersten in Malaysia 2003. Allerdings wurde ihm nach Rennende wegen inkorrekten Absitzens seiner Fünfsekundenstrafe eine weitere Zehnsekundenstrafe auferlegt, sodass er im offiziellen Rennergebnis vom dritten auf den vierten Platz zurückfiel.

Der Bonuspunkt für die schnellste Rennrunde ging an Verstappen, der damit die Führung in der Formel-1-Weltmeisterschaft 2023 verteidigen konnte.

Nico Hülkenberg (Haas) beendete das Rennen an zwölfter Position.

Insgesamt sahen 18 der 20 gestarteten Autos die Zielflagge.

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Wie lief Verstappens Aufholjagd?

Der erhoffte Raketenstart blieb aus, Verstappen konnte zunächst keine Positionen gutmachen. Seine Priorität war zu Beginn ganz offensichtlich, keine Kollision zu riskieren und die Reifen möglichst zu schonen. So spielte er den Speed seines Red Bull zwar aus, allerdings auf sehr kontrollierte Art und Weise.

Erst in Runde 12 hatte sich Verstappen an Hamilton vorbei auf Rang 8 vorgekämpft. Jetzt wurde die Luft langsam dünner. Unmittelbar vor sich hatte er Ocon, vier Sekunden davor fuhr Leclerc, der auf dem Soft gestartet war.

Ende Runde 16 lief Verstappen auf Leclerc auf und ging vor Kurve 27 sogar kurz vom Gas, um den Ferrari nicht zu überholen. Verstappen wollte am DRS-Detektionspunkt nach der Haarnadel hinter Leclerc sein, um bei Start und Ziel den DRS-Vorteil nutzen zu können. Doch zu dem Duell kam es nicht: Leclerc bog wenige Sekunden später an die Box ab.

Als in Runde 18 das Safety-Car auf die Strecke ging, nutzte Verstappen die Gelegenheit für einen Reifenwechsel. Er steckte von Medium auf Hard um, war damit auf gleicher Strategie wie die Autos vor ihm und lag an vierter Stelle. Jetzt hatte er es in der Hand, das Rennen aus eigener Kraft zu gewinnen.

Kurz nach Ende der Gelbphase fuhr Verstappen zuerst an Russell und dann an Alonso vorbei. Zu Beginn der 25. Runde gab es also erstmals eine Doppelführung für Red Bull. Perez' Vorsprung betrug zu dem Zeitpunkt 5,7 Sekunden, bei exakt gleicher Reifenkonfiguration.

Beide Red-Bull-Piloten lieferten sich jetzt ein Fernduell auf höchstem Niveau. Eine Runde war Perez schneller, dann wieder Verstappen. So schmolz der Vorsprung langsamer ab als gedacht. Erst in Runde 33 konnte Verstappen die Differenz erstmals unter fünf Sekunden reduzieren.

Dann in Runde 38 Unruhe auf dem Red-Bull-Kommandostand: Verstappen meldete am Boxenfunk, dass sich seine Antriebswelle, die schon im Qualifying den Geist aufgegeben hatte, ruppig anfühle. Sein Renningenieur meinte zunächst, es handle sich um ein Missverständnis; doch Verstappen präzisierte: "Nein, ich meine die Antriebswelle! Bei hohen Geschwindigkeiten macht die merkwürdige Geräusche. Irgendwas stimmt da nicht."

Fast gleichzeitig meldete auch Perez am Funk Probleme, und zwar mit der Bremse. Die Crew gab aber kurz darauf Entwarnung: "Wir sind zufrieden mit den Bremsen. Ist nur ein bisschen Verschleiß."

Gab es bei Red Bull eine Teamorder?

Die letzten zehn Runden waren schon angebrochen, und Perez hatte immer noch fünf Sekunden Vorsprung, als der Mexikaner am Boxenfunk den Vorschlag brachte, man könne doch auch Tempo rausnehmen und auf Nummer sicher gehen: "Wir pushen für nichts", sagte er.

Doch Verstappen hatte wenig Interesse daran, die Positionen einzufrieden. Als sich Perez nochmal erkundigte, wie man den Rest des Rennens nun angehen wolle, erhielt er als Antwort nur: "Du darfst frei pushen." Was er ja eigentlich genau nicht wollte ...

Verstappen kämpfte aber vergebens und konnte seinen Teamkollegen nicht mehr attackieren. Als ihm klar wurde, dass es für den Sieg nicht mehr reichen würde, erkundigte er sich nach der schnellsten Rennrunde. Die lag zu dem Zeitpunkt bei Perez.

Antwort des Renningenieurs: "Darüber machen wir uns keine Gedanken, Max." Woraufhin der trocken antwortete: "Ich aber schon!"

Es hatte schon den Anschein, als würde Verstappen das Thema auf sich beruhen lassen. In der allerletzten Runde machte er aber nochmal Tempo: 1:31.906 Minuten. Mit dem Bonuspunkt entriss er Perez auch auf den letzten Metern die WM-Führung, die der Mexikaner sonst erobert hätte.

Perez ärgert sich: "Das Team hat mir gesagt, dass ich eine bestimmte Pace fahren soll. Ich dachte, dass Max die gleichen Informationen hatte. Darüber müssen wir reden." Helmut Marko sagt: "Das konnten wir nicht kontrollieren. Das ist Max."

"Ein gutes Ergebnis für das ganze Team", funkte Verstappen nach der Zieldurchfahrt. Teamchef Christian Horner meldete zurück: "Sorry für gestern!"

Warum gab es die erste Strafe gegen Alonso?

Dem Aston-Martin-Piloten passierte das gleiche Malheur wie Esteban Ocon in Bahrain: Er stellte sein Auto nach der Formationsrunde nicht richtig in seine Startbox, sondern stand zu weit links. Das wurde von der Rennleitung zunächst notiert, und schon während der zweiten Runde sprachen die FIA-Kommissare eine Fünfsekundenstrafe aus, abzusitzen beim Boxenstopp.

Als Alonso von seinem Renningenieur darüber informiert wurde, reagierte er erstaunlich gelassen: "Copy."

Zu dem Zeitpunkt lag er auf der Strecke in Führung. Alonso hatte den Start gegen Perez gewonnen und musste die Führung erst in Runde 4 abgeben. Perez hatte auf den Geraden überlegenen Topspeed und ging vor Kurve 1 mit DRS am Aston Martin vorbei. Dabei bremste er allerdings so spät, dass sein linkes Vorderrad kurz stand und qualmte.

Trotzdem war Aston Martin ein Sieger des Starts. Denn auch Stroll hatte sich von P5 auf P4 verbessert - mit einem sensationellen Überholmanöver gegen Sainz, außen vorbei in Kurve 13. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass Stroll später ausgerechnet in Kurve 13 ausrollte und damit in Runde 18 eine Safety-Car-Phase auslöste ...

War das Safety-Car deswegen nicht übertrieben?

Das Gefühl, dass die Gelbphase gar nicht nötig gewesen wäre, hatten viele Zuschauer. Die FIA erklärt sich: "Auf Basis der ersten Kameraeinstellungen war die exakte Position des angehaltenen Autos zunächst unklar. Darum war es die sicherste Option, das Safety-Car zu aktivieren."

Stroll (Energierückgewinnung) sollte übrigens nicht der einzige Ausfall im Grand Prix bleiben (Mike Krack: "Er hatte ein Problem mit dem Auspuff"). Später im Rennen musste auch Alexander Albon (Williams) abstellen. Der Thailänder klagte am Boxenfunk über einen Ausfall seiner Bremsen und musste aufgeben.

Warum konnte Alonso so gut mit Perez mithalten?

Eigentlich hätte man annehmen müssen, dass Alonso nach dem Führungsverlust in Kurve 4 rasch abreißen lassen würde. Dem war aber nicht so. Denn in den kurvigen Passagen hatte er das schnellere Auto, und auf den Geraden spürte er das Topspeed-Defizit weniger dramatisch, weil er sich bei Perez ins DRS hängen konnte. Erst in Runde 10 setzte sich Perez erstmals aus dem DRS-Fenster ab.

Damit war ein ganz entscheidender Vorteil Alonsos weg. Gleichzeitig bat ihn sein Team, seine Reifen nicht zu früh zu verschleißen: "Der harte Reifen sieht nicht gut aus. Wir sollten diesen Stint verlängern."

Hamilton und Logan Sargeant (Williams) waren als einzige Fahrer auf den harten Reifen gestartet. Offenbar war bei Aston Martin ursprünglich geplant, von Medium auf Hard zu wechseln. Doch weil der Hard laut den Daten, die man bei den anderen Teams beobachten konnte, zu langsam war, änderte man den Plan auf eine Medium-Soft-Strategie.

Aber Alonso machte keine Anstalten, deswegen das Tempo zu reduzieren: "Meine Reifen fühlen sich gut an. Wir können weitermachen."

Das war in Runde 14. Da hatte er schon 4,1 Sekunden Rückstand auf Perez, dessen Red Bull bei fortschreitender Distanz seine reifenschonende Charakteristik immer besser ausspielen konnte.

Was passierte beim ersten Safety-Car?

In Runde 18 kamen alle vorn liegenden Fahrer an die Box, um von Medium auf Hard zu wechseln. Nur Hamilton, der auf Hard gestartet war, steckte auf Medium um. Eigentlich wäre Medium-Soft die logischere Strategie gewesen. Doch für den direkten Wechsel auf Soft kam das Safety-Car zu früh.

Alonso nutzte die Gelbphase, um bei dem Boxenstopp auch gleich seine Fünfsekundenstrafe abzusitzen, und behielt dadurch seinen zweiten Platz. Gefolgt von Russell, Verstappen, Sainz, Hamilton und Leclerc.

Obwohl der Hard auf dem Papier der langsamere Reifen als der Medium ist, laut Pirelli-Informationen um 0,8 Sekunden pro Runde, funkte Alonso nach dem Boxenstopp begeistert: "Die Reifen fühlen sich gut an. Ich mag diesen Reifen."

Trotzdem konnte er mit Perez nicht länger mithalten. Der Mexikaner fuhr in Runde 23 die bis dahin schnellste Runde im Rennen. Alonsos Rückstand betrug jetzt 4,9 Sekunden, und nach hinten hatte er 5,7 Sekunden Vorsprung auf Verstappen - den er aber nicht lang halten konnte.

Letztendlich fuhr er als Dritter über die Ziellinie, 20,7 Sekunden hinter Perez und 5,1 Sekunden vor Russell.

Warum gab's eine zweite Strafe für Alonso?

Beim Boxenstopp, bei dem er seine erste Strafe absitzen musste, war es den Mechanikern fünf Sekunden lang verboten, Hand ans Auto anzulegen. Daran hielten sich auch alle. Nur der Mechaniker mit dem hinteren Wagenheber setzte den Wagenheber schon an, ohne das Auto anzuheben - und berührte dabei das Auto leicht.

Selbst Mercedes-Teamchef Toto Wolff, mit Russell Profiteur der Alonso-Strafe, findet die Härte der FIA hinterfragenswert: "Es ist mehr ein technischer Reglementverstoß und nicht wirklich ein sportlicher Vorteil. Du kannst den 'Jack' nicht einfach ansetzen. Hat er ihn angesetzt oder nicht? Darüber kann man diskutieren. Die Regel muss man sich anschauen", sagt er im Interview mit dem 'ORF'.

Alonso selbst trägt's mit Fassung: "Es tut nicht so weh. Ich war auf dem Podium, habe die Fotos mit dem Pokal, konnte Schampus spritzen. Jetzt habe ich halt drei Punkte weniger."

Aber: "Die FIA hat heute ein armseliges Bild abgegeben. Du kannst nicht 35 Runden nach dem Boxenstopp die Strafe aussprechen. Sie hätten mich früher informieren sollen, dann hätte ich noch elf Sekunden Vorsprung rausfahren können."

Gab's bei Mercedes eine Stallorder?

Hamilton hatte nach dem Qualifying erklärt, er habe ein anderes Set-up als Russell gewählt und erhoffe sich davon im Renntrimm Vorteile. Davon war zu Beginn jedoch nicht viel zu sehen. Mit den harten Reifen, die er für den ersten Stint gewählt hatte, ging nicht viel voran. Im Nachhinein sagt Hamilton: "Georges Set-up wäre besser gewesen."

Nach der Safety-Car-Phase hatte Hamilton dann allerdings den Reifenvorteil auf seiner Seite, weil alle um ihn liegenden Fahrzeuge jetzt den schlechteren Hard hatten, er selbst aber den schnelleren Medium. Prompt ging Hamilton an Sainz vorbei und eroberte auf der Strecke Platz 5 - noch bevor die Rennleitung DRS wieder freigegeben hatte.

In Windeseile hatte er zu Russell aufgeschlossen. Der regte am Boxenfunk an, ob es nicht schlau wäre, die Positionen einzufrieden. Seine Logik dabei: nicht mehr als fünf Sekunden auf Alonso verlieren. "Kämpfen können wir danach immer noch", sagte Russell. Was er nicht wusste: Alonso hatte seine Strafe längst abgesessen.

Für Russell spielte aber der Reifenverschleiß. Je länger der Stint dauerte, desto weiter musste Hamilton abreißen lassen. Letztendlich belegte das Mercedes-Duo die Positionen 4 und 5. Hamiltons schwarz-weiße Warnflagge wegen Zick-Zack-Fahrens zu Beginn des Rennens im Duell mit Leclerc blieb ohne Folgen.

Wolffs Fazit: "Wir nehmen einen kleinen Pokal mit, aber die Pace ist immer noch zu langsam. Red Bull ist eine Sekunde schneller, wenn sie es wollen."

Warum musste Piastri in Runde 1 an die Box?

Der McLaren-Rookie, sensationell von Platz 8 gestartet, wurde in Kurve 2 nach außen gedrängt. Bei einer Berührung mit Gasly verlor er einen Teil seines Frontflügels. Der musste natürlich gewechselt werden. Piastri fiel auf den 19. Platz zurück.

Im Finish lieferte er sich ein spannendes Duell mit seinem Teamkollegen Lando Norris. Piastri fuhr schlussendlich als 15. über die Ziellinie, Norris wurde 17.

Wie geht's in der Formel-1-Saison 2023 weiter?

Saudi-Arabien war das zweite von 23 geplanten Rennwochenenden. Der nächste Grand Prix steigt am 2. April in Melbourne (Australien). Danach hätte am 16. April eigentlich der Grand Prix von China in Schanghai stattfinden sollen, dieser wurde aber aufgrund von Unsicherheiten rund um die Corona-Einreisebestimmungen bereits vor Saisonbeginn abgesagt; sodass nach Melbourne erstmal vier Wochen Pause sind, bis es am 30. April mit dem Grand Prix von Aserbaidschan in Baku weitergeht.

Noch am Sonntagabend steigt auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de eine ausführliche Rennanalyse des Grand Prix von Saudi-Arabien mit Kevin Scheuren und Christian Nimmervoll. Der Livestream ist für 23:15 Uhr deutscher Zeit angesetzt. Wer da nicht mehr wach ist, kann sich die tägliche Formel-1-Show aber auch am Montag im Re-Live anschauen.

Motorsport-Total.com

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