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FIA-Wahl: Mayer vs Bin Sulayem FIA-Präsidentschaftskandidat Tim Mayer vor einem FIA-Logo
Tim Mayer

FIA-Wahl: Herausforderer Mayer will "Exzesse zurückdrehen"

Der frühere Sportkommissar Tim Mayer hat erste Details zu seinem Wahlprogramm veröffentlicht: Er verspricht, die "Demokratie in der FIA wiederherzustellen"

Tim Mayer geht in die Offensive: Der Kandidat auf die Präsidentschaft im Automobil-Weltverband (FIA) hat erste Details zu seinem Wahlprogramm öffentlich gemacht. Damit geht er auf Konfrontationskurs zu Amtsinhaber Mohammed bin Sulayem.

In Mayers Unterlagen heißt es: "Unsere Mission ist es, den Mitgliedsklubs eine überzeugende Alternative zur aktuellen FIA-Führung zu bieten - mit dem Fokus auf eine ethische und effektive Umsetzung der FIA-Ziele."

Bei der Vorstellung seiner Kampagne hatte Mayer die aktuelle Führung scharf kritisiert und von der "Illusion von Fortschritt und der Illusion von Führung" gesprochen. Wenig überraschend ist also, dass das Vokabular in seinem "Impact-Manifest" stark emotional und pointiert ist.

Allerdings irritiert im nun veröffentlichten Dokument die Mischung von Schriftarten und Großschreibung. An einer Stelle ist zum Beispiel zu lesen: "Die Führung der FIA wird in globalen Rankings fortlaufend als SCHLECHT UND RÜCKLÄUFIG bewertet." Ziel sei es, die FIA bis 2028 "in die Top 20 Prozent der weltweit anerkannten Dachverbände" zu bringen.

Was sich Mayer für seine Präsidentschaft vornehmen würde

Die angestrebte "Transformation von einer Kontrollkultur hin zu einer Servicekultur" ist über mehrere Schlüssel-Meilensteine hinweg skizziert. Der erste, "Tag 1", sieht vor, die "präsidentiellen Exzesse zurückzudrehen".

Dazu zählt insbesondere eine Beschneidung der exekutiven Befugnisse des Präsidenten gegenüber Gremien wie dem Vorstand oder dem Prüfungsausschuss - einschließlich seiner bisherigen Möglichkeit, gewählte Mitglieder "nach Belieben zu entlassen".

"In keiner Institution der Welt sollte es möglich sein, dass jene, die als Aufpasser gewählt wurden, vom Exekutivorgan entlassen werden können, das sie beraten und beaufsichtigen sollen", heißt es in Mayers Dokument.

Weitere Meilensteine umfassen die bekannte "100-Tage"-Marke, bis zu der Mayer die Führungsstruktur so umgestalten will, dass der Präsident eine klar definierte Rolle hat, aber keine exekutiven Befugnisse mehr innehat.

Bis dahin will er zudem eine Hilfsabteilung für Mitgliedsklubs schaffen, einen unabhängigen Finanzausschuss etablieren sowie einen unabhängigen Mechanismus für "Wahrheit und Versöhnung" einrichten, um "vergangene interne Missstände, Nötigung oder ethische Verstöße" aufzuarbeiten.

Mayer betont: Das ist kein Rachefeldzug!

Letzterer solle "kein Instrument der Vergeltung, sondern der Heilung" sein - mit externer Moderation, so kündigt es Mayer an.

Der Präsidentschaftskandidat war im vergangenen Jahr von Amtsinhaber bin Sulayem als FIA-Sportkommissar entlassen worden, will das aber nicht als Motivation für sein Handeln verstanden wissen. Er wolle schlicht eine Alternative zu bin Sulayem bieten.

Die weiteren Meilensteine für das erste Jahr betreffen vor allem die Finanzstrategie: Kosten sollen gesenkt, ein Teil der Einnahmen für Investitionen in Mitgliedsklubs reserviert und ein Diversifizierungsprogramm gestartet werden, um die "Überabhängigkeit von bestimmten Meisterschaften" zu verringern. Damit ist indirekt die Formel 1 gemeint - ein heikles Thema, da die FIA eine Trennung von Sporthoheit und kommerziellen Interessen einhalten muss.

So war auch die Entscheidung der aktuellen Führung, die kommerziellen Rechte an der Rallycross-Weltmeisterschaft zu übernehmen, umstritten und zog regulatorische Prüfungen nach sich.

Mayer will Manipulationen ausschließen

Die Meilensteine für die Jahre zwei bis vier sind umfassender: Sie beinhalten die Stärkung der Mitgliedsklubs und die Rücknahme bestimmter von bin Sulayem und Jean Todt eingeführter Statuten, die es dem amtierenden Präsidenten erschweren, bei Wahlen herausgefordert zu werden.

Hier ist die Wortwahl erneut kämpferisch: "Beseitigung von Statuten, die dem Amtsinhaber Manipulation ermöglichen".

Ein zentrales Element ist die Einführung einer Regel, wonach "jede Statutenänderung mindestens 120 Tage vor der Abstimmung veröffentlicht werden muss", damit die Mitgliedsklubs Zeit haben, die Änderungen zu verstehen und zu diskutieren.

Im Juni hatte die FIA-Generalversammlung umstrittene Änderungen am Wahlprozess beschlossen - trotz Kritik etwa vom österreichischen Automobilklub, der eine Verschiebung der Abstimmung gefordert hatte.

Mayers Präsentation endet mit einer erneuten Einladung an die Mitglieder, Rückmeldungen zu den Vorschlägen zu geben - die Kampagne bezeichnet dies als "Open-Source-Strategieentwicklung".

Welche Fragen noch offen sind

Während Mayer sich bislang vor allem über ethische Prinzipien und bessere Führungsstrukturen von der amtierenden FIA-Führung absetzt, fehlt noch ein entscheidender Baustein: die Bekanntgabe seines Teams von Vizepräsidenten, das aus einem weltweiten Pool von Automobilklubs zusammengestellt sein soll.

Es wird vermutet, dass dieses Team bereits steht, aber die Namen noch nicht veröffentlicht wurden - um Gegenmaßnahmen zu vermeiden, wie etwa das Unterstützerschreiben für den Amtsinhaber, das vor dem Großen Preis von Spanien von mehreren Automobilklubs veröffentlicht wurde.

Als David Ward 2013 auf eine Kandidatur gegen Jean Todt verzichtete, lag dies daran, dass Todt sich bereits die Unterstützung von elf der zwölf nordamerikanischen Automobilklubs gesichert hatte.

Für die Mitgliedsklubs, die in den kommenden Monaten ihre Entscheidung treffen müssen, dürften vor allem die noch ausstehenden Abschnitte zu Mobilität und Sport entscheidend sein - hierzu macht Mayers "Manifest" nämlich keine Angaben.

Hochtrabende ethische Ziele und gute Regierungsführung sind wichtig - doch am Ende zählt oft Pragmatismus: "Was bringt es meinem Klub konkret?"

Motorsport-Total.com

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