F1 Kuriosa | 17.11.2006
"Der Bursche ist wie Dynamit"
Im Rahmen seiner "Grand Prix Story 2006" wirft Heinz Prüller auch einen Blick auf Schumi, Motorline.cc bringt einen Auszug daraus.
© Heinz Prüller: Grand Prix Story 2006
Michael Schumacher fuhr in Brasilien seinen 250. und letzten Grand Prix, dankt aber als König der Formel- 1 ab. Nicht ganz freiwillig, aber auch nicht wirklich rausgedrängt. Typisch für seine Traumkarriere: Das meiste war grell und strahlend, manches ein bissl unscharf – schon ganz am Anfang...
Weil Jordan- Pilot Bertrand Gachot - der erste mit dem EU Sternenkranz am Helm - wegen eines Disputs mit einem Londoner Taxichauffeur kurzfristig ausfällt, braucht Eddie Jordan 1991 dringend einen Ersatzpiloten für den belgischen Grand Prix in Spa. „Schumacher?“
Ein deutscher Sportwagenpilot? rumpfen viele die Nase. Aber er begeisterte alle bei heimlichen Testfahrten: „Dieser Bursche ist wie Dynamit!“
Und Eddie Jordan handelt einen Supervertrag aus: „Mercedes zahlt uns für Schumacher 150.000 Pfund pro Rennen, zusätzlich noch 3,5 Millionen Pfund pro Jahr!“ Mit der Klausel: Sobald Mercedes mit einem eigenen Motor in die Formel-1 zurückkehrt, muss der Youngster den Silberpfeil fahren. Diese Sensation hat Mercedes verpasst – wie anders hätte sich die Formel-1 entwickelt? Oder wenn Ayrton Senna überlebt hätte?
In Spa, wo ihm gleich nach dem Start die Kupplung k.o. geht, schläft Schumacher noch einmal in einem Jugendhotel. Beim Italien- GP schon etwas luxuriöser: Flavio Briatore hat den aufblühenden Superstar in einer dramatischen Nacht in der Villa d'Este am Comosee, mit Bernie Ecclesstones Hilfe, von Jordan zu Benetton umdirigiert.
Dort zerstört Schumi Karrieren seiner Stallkollegen Nelson Piquet und Ricardo Patrese, gewinnt schon 1992 in Spa seinen ersten Grand Prix. Erste Vergleich mit dem grandiosen Ayrton Senna – gezogen von Martin Brundle, der gegen beide fuhr:
„Schumi ist mit 22 schon reifer und schneller, als Senna es mit 22 war. Er bringt dich im Kopf um. So schnell, so professionell, so gesund. Damit macht er alle Teamkollegen und Gegner fertig. Reflexe wie eine Katze. Und selbstbewusst, wie ich noch keinen erlebt hab!“
Ayrton und Michael kennen einander seit einem Abendessen am Comosee 1991. „Wann immer du Hilfe brauchst, komm zu mir“, schlägt ihm Senna freundschaftlich vor. Aber bald wird daraus Pulverdampf.
Erstmals durch ein Missverständnis beim Hockenheim-Test 1992 und Sennas dramatischem „Besuch“ in der Benetton-Box, wo ein McLaren- Mann die Streithansln trennen muss: Knapp an einer Schlägerei vorbei.
„Ayrton hat mich am hals nur ein bissl gekitzelt“, spielt Schumi die Affäre runter. Dafür fühlt er sich in Interlagos von Senna (Motoraussetzer) blockiert. Und in Magny-Cours dann die erste direkte Karambolage. Sennas mahnender Zeigefinger für den Himmelsstürmer ist weltweit im TV zu sehen. Eifersucht, weil der „Siegfahrer zum Nulltarif“ schon an der (damaligen) 23 Millionen-Dollar-Gage von Senna rüttelt?
Als Senna anfangs 1994 zweimal mit Defekt ausfällt, beobachtet er, auf Reifenstapeln sitzend, argwöhnisch, wie Schumi zweimal gewinnt. Danach kommen Verdächtigungen wegen der verbotenen Traktionskontrollen auf.
Senna: “Wir wissen, dass wir gegen ein irreguläres Auto kämpfen.“ Am 1. Mai stürzt im Ferrari-Autodrom von Imola die Sonne vom Himmel: Senna verunglückt in der Tamburello-Kurve, 200 Meter vor Schumacher in Führung, tödlich.
Für Michael ist das „sehr schwierig zu überwinden, zu verkraften, zu verstehen, weil ich noch nie mit dem Tod konfrontiert wurde.“ Darum widmet er ein halbes Jahr später Senna seinen ersten WM-Titel. „Meinen ersten“, fügte er hinzu.
Weitere Infos zu Heinz Prüller und der Grand Prix Story 2006 finden Sie unter www.heinz-prueller.at