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Motorsport: Kommentar

Kolumne: Verbrennungsmotoren am Ende?

Vom Abgassünder zum Musterknaben: Der Ausstieg des VW-Konzerns aus allen fossilen Serien zeigt, wie rasch Werkseinsätze enden können.

Autor: Heiko Stritzke

Es hat mich nicht mehr wirklich überrascht: Volkswagen beendet alle Verbrenner-Projekte im Motorsport. Mich überrascht auch nicht, dass es wieder einmal eine Adhoc-Entscheidung gewesen sein muss.

Noch im August war Volkswagen Motorsport customer racing sehr entspannt, als ich dieses Szenario dort schon einmal ins Spiel gebracht habe: Wird eine Marke, die sich der Elektromobilität verschrieben hat, noch Motorsport mit Verbrennungsmotor betreiben? "Die meisten Autos, die wir derzeit verkaufen, haben einen Verbrennungsmotor", hieß es entspannt.

Nun ist es also raus: Selbst der Kundensport, obwohl eigentlich profitabel, ist vor der Verbrenner-Keule der Konzerne nicht mehr sicher. Lieber auf ein bisschen Profit verzichten, als weiter mit einer schmutzigen Technologie in Verbindung gebracht zu werden.

Und das ist das Problem, das auf den (konventionellen) Motorsport in den 2020er-Jahren schneller zurollt als mancher es glauben will: Wie lange wollen Konzerne noch Motorsport mit Sound (der eindeutig zum Spektakel dazugehört) mitmachen?

Politik lässt Herstellern keine Wahl

Es ist nicht so, dass nur Verbrenner-Hasser in den Vorstandsboards sitzen. Viel mehr haben sie keine Wahl: Die Politik hat die Batterie-Elektromobilität ziemlich irrational bereits zum Sieger erklärt und passt alle Gesetze in diese Richtung an.

Den Autokonzernen bleibt angesichts von Flottenverbräuchen gar nichts anderes übrig, selbst wenn sie diesen Weg gar nicht gehen wollten. Sie müssen Autos bauen, die Stand jetzt kaum jemand kaufen möchte. Wie viel die Politik nachhelfen wird, um das zu ändern, steht derzeit in den Sternen.

Realistisch betrachtet sehe ich persönlich einen Marktanteil von 25 bis 30 Prozent Elektroautos in den 2030er-Jahren. Die Politik will dann aber am liebsten schon 80 bis 100 Prozent sehen. Aber schweifen wir nicht weiter ab.

Was bedeutet das nun für den konventionellen Motorsport? Auf Hersteller wird über kurz oder lang kein Verlass mehr sein. Schon jetzt muss jede Rennserie nahezu um jeden Hersteller betteln. Lange vorbei sind die Zeiten, als schonmal Werke ohne Konsequenz für zwei Jahre gesperrt werden konnten, weil sie gegen das Reglement verstoßen haben (Toyota WRC 1995). Oder als die Hersteller jeden Diktaturschritt der FIA mitgegangen sind (F1-Ära Mosley).

Die Verbrenner-Zukunft gehört Ilmor und Co.

Kurz: Mittelfristig wird sich der Motorsport mit Sound lösen müssen von den Werken. Er muss sich zurückbesinnen auf reine Motorsportkonzerne wie Oreca, Ilmor oder Cosworth. Eine eigene Industrie müsste hochgezogen werden. Das gilt insbesondere für Deutschland, wo eine solche derzeit fehlt - aufgrund der Dominanz der Werke, die immer mehr Richtung Elektro drängen werden.

Dass sauberer Motorsport auch mit Verbrennungsmotoren möglich ist, zeigen die Supercars Australia oder IndyCar mit der Verwendung von Bioethanol. Ein Schritt, der im europäischen Motorsport leider völlig verschlafen wurde und sich im kommenden Jahrzehnt rächen könnte. Die Formel 1 versucht es jetzt immerhin mit E-Fuels. Vielleicht gerade noch rechtzeitig, vielleicht schon zu spät.

Das Problem bleibt jedoch: Welcher Hersteller will langfristig noch mit dem lauten Motorengeräusch eines Verbrennungsmotors assoziiert werden, das außerhalb des Motorsports als rückständiges Überbleibsel einer vergangenen Ära angesehen wird? Selbst wenn die CO2-Bilanz astrein ist, weil der Kraftstoff der Atmosphäre bei der Produktion so viel CO2 entzogen hat, wie er bei der Verbrennung freisetzt?

Konventioneller Motorsport muss überleben. Ein Großteil der Fans liebt den lauten Sound, weil er dazugehört wie die Stadiongesänge zum Fußball. Elektrischer Motorsport spricht eine andere Zielgruppe an. Beides hat seine Berechtigung. Aber der Zeitgeist wird die Hersteller langfristig vertreiben - selbst wenn Peugeot gerade nochmal immerhin ein Hybridengagement in Angriff nimmt.

Es wird für den Fan ein bitterer Einschnitt vor allem im Tourenwagensport sein, sich von leichten Identifikationsbildern wie großen Marken distanzieren zu müssen. Die Alternative wird jedoch sein, künftig nur noch Motorsport ohne Sound zu erleben. Und diese Vorstellung wollen wir wohl alle nicht.

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