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Vorentscheidung: Erster Titel für Seat

Premiere der Tourenwagen-WM in Japan: In Okayama wurden einige Weichen gestellt - Seat siegt zweimal, holt sich vorzeitig den Marken-Titel.

Johannes.Gauglica@motorline.cc

Hoch drobn in die Berg’: Okayama liegt mitten im japanischen Nirgendwo, trotz beschwerlicher Anreise und miserablen Wetters waren die Zuschauerränge recht gut gefüllt.

Sofern 2009 ein japanischer Hersteller (Subaru? Honda?) einsteigt, können wir noch mehr Interesse im motorsportbegeisterten Land der aufgehenden Sonne erwarten.

Für manche, wie z.B. Rickard Rydell oder Tom Coronel, die einige Rennen in Japan bestritten haben, war dies ein Besuch in ihrer eigenen Vergangenheit. Typisches „Fuji-Wetter“ erwartete die 29 Piloten

Bei den Independents fiel eine Vorentscheidung schon bei der Abreise aus Europa: Exagon Engineering muss aus Budgetgründen aussetzen, deshalb kann Pierre-Yves Corthals im Titelrennen nicht mehr mitreden. Die Entscheidung fällt zwischen den Proteam-Kollegen Sergio Hernandez und Stefano d’Aste.

Lauf 1: Jubel bei Seat

Augusto Farfus im BMW hatte die Pole Position für den ersten Lauf auf dem 3,7-Kilometer-Kurs mit seinen engen Kurven und Bergauf-Bergab-Passagen. Neben ihm machte Jörg Müller die Reihe 1 für das Schnitzer-Team aus Freilassing (beinahe Österreich!) klar.

In Reihe 3 platzierte sich d’Aste als schnellster Privatier; nur auf Platz 8 stand Gabriele Tarquini. Der Italiener war wegen eines „Abschneiders“ in Monza um 5 Positionen zurückversetzt. In der Gesamtwertung hatte Tarquini neun Punkte Rückstand auf Yvasn Müller, brauchte also ein gutes Resultat. Muller selbst startete von Position 10.

Am Start erlaubte sich Tarquini einen schweren Fehler, er wollte eingange der ersten Kurve alles erzwingen, war auf der Außenlinie und segelte ohne fremde Hilfe von der Strecke. Außerhalb der Top 20 kam er wieder ins Rennen zurück.

BMW-Pilot Müller führte vor einem sehr kämpferisch aufgelegten Tiago Monteiro im Seat, dessen Markenkollegen Rydell und Rob Huff im Chevy. D’Aste hielt sich zunächst auf Platz 5, verlor in Runde 3 durch einen Rutscher aber einige Positionen. Im Proteam gab es offensichtlich keine Teamorder, Hernandez und d’Aste betrachteten einander als Erzrivalen.

Für Yvan Muller war es der Beginn eines schweren Arbeitstages, er verteidigte die gewonnenen Positionen verbissen gegen eine ganze Meute von Konkurrenten.

Im letzten Drittel des 14-Runden-Rennens schaffte Rydell die Annäherung an den führenden Müller, hinter den beiden tobte ein Fünfkampf um Platz 3. Runde 11 sah den Platztausch an der Spitze, nicht ohne kräftige Widerwehr seitens des Deutschen; dann drehte der Schwede allerdings den Turboboost auf und brachte seinen Sieg in Sicherheit.

Noch-Weltmeister Andy Priaulx holte nach feiner Aufholjagd mit Platz 3 den verbliebenem Stockerlplatz, hinter ihm wurde die Auseinandersetzung in den letzten Runden rabiat. James Thompson im Honda kickte Tiago Monteiro kurzentschlossen aus dem Weg, bevor er selbst von Yvan Muller in die Reifenstapel geschickt wurde. Damit holte sich Muller noch zwei Punkte für Platz 7.

Stefano d’Aste hatte offenbar – vielleicht zu spät? – seine Siegerform wiedergefunden, er gewann die Independents-Wertung, aber Hernandez war auf Platz 2. Abstand 19 Punkte, das bedeutete für den zweiten Lauf: Hernandez musste nur vor d’Aste ins Ziel kommen, um den Independents-titel zu sichern.

Eine weitere Entscheidung stand bereits fest: nach einiger Rechnerei begann man in der Seat-Box zu jubeln. Die Spanier holen sich vorzeitig den Sieg in der Markenwertung der WTCC.

Wann wurde der letzte Lada in Japan verkauft? Jaap van Lagen und Kyril Ladigin schafften die Plätze 18 bzw. 20.

Lauf 2: für’s Herz

Auf der Pole Position für den zweiten Lauf stand der auch in Japan (wie eigentlich überall) populäre „Major Tom“ Coronel im Benzin-Seat des Sunred-Teams. Die Satellitenmannschaft des Werksteams hat ja schon beim ETCC in Salzburg gut abgeschnitten, der junge Oscar Nogues wurde dort Dritter.

Jetzt war wieder der Routinier aus Holland am Werk, er riskierte eine mutige Reifenwahl: Slicks vorne, Regenreifen hinten. Reifen und Setup war auf der nassen, aber langsam auftrocknenden Strecke ohnehin der große Unsicherheitsfaktor.

Die Werks-Seat waren deutlich sichtbar auf Regen eingestellt, sie begannen schon sehr bald nach den nassen Stellen auf der Fahrbahn zu suchen. Auf gar nichts eingestellt war Gabriele Tarquini: nach Platz 10 im ersten Rennen verabschiedete sich „Spiderman“ mit technischem K.O. vorzeitig aus Japan.

Good news für Yvan Muller, er musste jetzt möglichst viele Punkte mitnehmen. Allerdings hatte auch er mit seinem Auto zu kämpfen. Seinen Startplatz in Reihe 1 konnte er nicht nutzen, Tiago Monteiro schob sich an Freund und Feind vorbei an die Spitze.

Coronel im Auto mit der Kriegsbemalung (Haifischzähne!) ließ ihm die folgenden Runden keine Ruhe, während Muller anfangs mit d’Aste zu raufen hatte. Der Italiener wollte seine Privatier-Titelchance unbedingt nach Macao bringen.

Konkurrent Hernandez tauchte nach kurzer Zeit in d’Astes Rückspiegel auf – der Italiener verbremste sich prompt und ließ ihn samt einiger anderer Autos passieren. Hart gerangelt wurde quer durchs Feld, auch Coronel und Monteiro an der Spitze schenkten einander nicht einen Millimeter.

Dahinter kam Augusto Farfus wieder stark auf: Der Brasilianer hatte die Trainings dominiert, im zweiten Rennen bekam er mit besserem Setup langsam wieder Oberwasser. Während Coronel für den Moment in Sicherheit war, entledigte Farfus sich Monteiros und war ab da der Jäger des Holländers.

In Runde 10 erlaubte sich Stefano d’Aste den entscheidenden Fehler: er wollte in einem Aufwaschen an Tiago Monteiro und seinem Erzfeind Hernandez vorbei, dabei verbremste er sich hoffnungslos.

Monteiro kreiselte von der Strecke, Hernandez hielt sich aus dem Gröbsten heraus, und d’Aste büßte in dem Crash das linke Vorderrad ein. Damit ist Hernandez’ Punktevorsprung in Macao de facto un einholbar.

Auch Andy Priaulx sagte zu seiner Weltmeisterkrone leise servus: er landete zweimal im Kies, das zweite Mal permanent. Vorneweg balgten mttlerweile Farfus und Coronel um den Sieg im Rennen. Die japanischen Fans bekamen die bestmögliche Werbevorstellung der WTCC zu sehen.

Letztlich hatte Coronel die Nase vorn, und sagte seinen Kollegen auch im regnerischen Japan „Eat my dust!“ – Sieg Nr. 1 des Jahres. Farfus muss um Platz 2 noch zittern, denn wegen technischer Unklarheiten an seinem Auto ist das Resultat vorderhand noch inoffiziell.

Somit könnte Sergio Hernandez sogar noch auf Gesamtrang 2 aufrücken! Der Spanier ist heuer der König der Unabgängigen, er reist als de-facto-Champion nach Macao.

Die Punkte in der Gesamtwertung: Yvan Muller hält bei 100, Tarquini bei 86, Huff bei 73. Maximal 20 Punkte sind in Macao noch zu holen, Tarquini muss auf Mullers Pech hoffen. Aber es sieht für den Franzosen, der 2007 ganz knapp an Andy Priaulx gescheitert ist, heuer sehr gut aus.

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