
WTCC: Marrakesch | 07.04.2013
Überraschungssiege in Marrakesch
Was keiner geglaubt hätte ist wahr geworden. Pepe Oriola und Michel Nykjaer gewinnen die WTCC-Rennen in Marrakesch.
Er kam "nur" von Startplatz vier, doch im Rennen fuhr er ganz nach vorn: Michel Nykjaer (Bamboo-Chevrolet) ließ im dritten WTCC-Saisonlauf in Marrakesch sämtliche Konkurrenten hinter sich und holte sich seinen ersten Rennerfolg in der Tourenwagen-WM. Der Däne war in der Vergangenheit schon mehrfach knapp gescheitert. Dieses Mal hat ihm die Technik aber kein Schnippchen geschlagen.
Ganz im Gegenteil: Nykjaer fuhr ein starkes Rennen und rang Gabriele Tarquini (Honda), der von der Pole-Position aus losgefahren war, in einem spannenden Zweikampf nieder. Er sagt: "Ich hatte einen sehr guten Start und war rasch Zweiter. Dann versuchte ich, Gabriele zu überholen, doch er warf die Tür zu. Als er einen Fehler machte, sah ich meine Chance und schlug zu. Nun freue ich mich einfach nur über meinen ersten Sieg."
Doch der Reihe nach: Beim fliegenden Start zum dritten Saisonrennen behielt Gabriele Tarquini (Honda) klar die Oberhand. Dahinter kam es jedoch sofort zu ersten Verschiebungen. James Nash (Bamboo-Chevrolet) verlor den zweiten Platz noch in der ersten Schikane an den entschlossen agierenden Michel Nykjaer (Nika-Chevrolet) und auch Yvan Muller (RML-Chevrolet) ging vorbei.
Bennani steht dem Feld im Weg
Verlief all dies noch recht geordnet, so ging es im Hinterfeld einmal mehr drunter und drüber: In der ersten Schikane wurde Stefano D'Aste (PB-BMW) umgedreht, was für einen kleinen Stau am Kurvenausgang sorgte. Ebenfalls ins Hauen und Stechen der ersten Meter verwickelt wurde just der afrikanische Lokalmatador Mehdi Bennani (Proteam-BMW) - mit Folgen für den weiteren Rennverlauf.Dieser wurde zunächst aber noch von den beiden Weltmeistern Muller und Rob Huff (Münnich-SEAT) bestimmt, die sich ab Runde zwei ein starkes Duell lieferten. Und dann kam Bennani. Nach einem Reparaturstopp kehrte der Marokkaner ausgerechnet vor Huff zurück auf die Strecke, machte aber keine Anstalten, seine - ihn überrundenden - Hinterleute vorbeizulassen. Blaue Flaggen gab es keine.
In Runde drei kam es dann, wie es kommen musste: Muller, der seinen dritten Platz früh an Nash verloren hatte und dann auch von Huff kassiert worden war, sah vor der Zielkurve seine Chance, als sich Huff auf das Überrunden von Bennani konzentrierte und die Türe aufmachte. Alex MacDowall (Bamboo-Chevrolet) wollte seinerseits ebenfalls mitziehen, doch das wusste Huff zu verhindern.
Keine Glückssträhne mehr für Honda
Auch ganz vorn nahm die Action mehr und mehr zu: Ab Runde fünf setzte Nykjaer den führenden Tarquini unter Druck, um am Ende der sechsten Runde sein Manöver zu setzen und den Honda-Piloten auf der Außenbahn zu überholen. Und als wäre dies nicht genug gewesen: Kurz zuvor hatte der zweite Honda-Fahrer, Tiago Monteiro, seinen Civic ausgangs der ersten Schikane verschrottet.Weil Monteiro bei seinem Einschlag in die Mauern von Marrakesch auch ein Rad verlor, rief die Rennleitung das Safety-Car auf die Strecke, um die Aufräumarbeiten abzusichern. Und genau wie viele vor dem Rennwochenende in Marokko befürchtet hatten: Der Abtransport des Wracks zog sich hin. Immerhin gab es Nash die Möglichkeit, seine unter Gelb eroberte Position wieder zurückzugeben.
Der Chevrolet-Pilot war am Ende der sechsten Runde an Tarquini vorbeigegangen, obwohl dort schon gelbe Flaggen geschwenkt wurden. Vor dem Neustart in Runde zwölf, der vorletzten Runde, war die richtige Reihenfolge hinter Nykjaer aber wieder hergestellt und das Finale konnte beginnen. Noch zwei Runden - und die hatten es in sich. An allen Ecken und Enden des Feldes wurde erbittert gekämpft.
Nykjaer feiert ersten WTCC-Sieg
An der Reihenfolge in der Spitzengruppe tat sich aber nichts mehr. Und damit war die Sensation perfekt: Privatier Nykjaer fuhr als Sieger über die Linie und verwies Ex-Champion Tarquini und Nash auf die Plätze. Muller versuchte noch in der letzten Kurve ein Manöver gegen Nash und wäre dabei beinahe noch von Huff überholt worden, blieb aber Vierter und verpasste erstmals 2013 das Podest.Eine erneut starke Rennleistung zeigte Marc Basseng (Münnich-SEAT), der hinter MacDowall als Siebter abgewinkt wurde und damit Pepe Oriola (Tuenti-SEAT), Tom Coronel (ROAL-BMW) und James Thompson (Lada) hinter sich ließ. Fernando Monje (Campos-SEAT) und Darryl O'Young (ROAL-BMW) gingen auf den Rängen elf und zwölf knapp leer aus - genau wie Fredy Barth (Wiechers-BMW).
Der Schweizer belegte abschließend Position 13, Rene Münnich (Münnich-SEAT) erreichte Platz 15. Franz Engstler (Engstler-BMW) kam nach einem kampfbetonten Rennen samt Reparaturstopp noch auf den 17. Rang. Norbert Michelisz (Zengö-Honda) musste seinen Rennwagen indes nach erneut technischen Problemen vorzeitig abstellen. Insgesamt sahen 17 Fahrzeuge das Ziel in Marrakesch.
Rennen 2
Es war eine Zitterpartie, doch er hat es geschafft: Pepe Oriola (Tuenti-SEAT), gerade einmal 18 Jahre jung, hat das zweite WTCC-Rennen von Marrakesch gewonnen und sich damit zum jüngsten Sieger aller Zeiten gemacht. Und das, obwohl ihm kein Geringerer als der dreimalige Weltmeister Yvan Muller (RML-Chevrolet) im Nacken gesessen hatte. Doch davon ließ sich Oriola nicht beeindrucken.Einmal in Führung gelegen, gab es kein Halten mehr für den jungen Spanier, den auch eine späte Safety-Car-Phase nicht aus dem Konzept brachte. Nachdem er den Restart in der letzten Runde für sich entschieden hatte, fuhr er extrem defensiv, aber sicher zu seinem ersten WTCC-Laufsieg. Nach Michel Nykjaer (Nika-Chevrolet) ist Oriola übrigens der zweite erstmalige Rennsieger des Tages!
"Es ist ein irres Gefühl", meint Oriola nach seinem Premierensieg. "Yvan hat hinter mir unheimlich viel Druck gemacht. Er war ständig in meinem Windschatten. Die Safety-Car-Phase hat mir geholfen, denn ich war mit meinem Material am Limit gewesen. Ich musste mich wirklich strecken. Wir haben lange darauf hingearbeitet, jetzt hat es endlich geklappt. Ich weiß nicht wie, aber es hat geklappt."
Doch der Reihe nach: Beim stehenden Start setzte sich zwar Pole-Sitter Fernando Monje (Campos-SEAT) noch durch, aber schon nach wenigen Metern hatte ihn Oriola niedergerungen und den ersten Platz übernommen. Und Monje blieb im Zentrum der Aufmerksamkeit: Noch in der Zielkurve der ersten Runde wurde er von Weltmeister Rob Huff (Münnich-SEAT) attackiert - und prompt krachte es.
Die beiden Markenkollegen kollidierten, wobei Huff einen Schaden an der Vorderrad-Aufhängung davontrug, zurückfiel und kurze Zeit später aufgeben musste. Monje konnte indes weiterfahren. Bis zur zweiten Runde. Auf der Gegengeraden verschätzte sich der Spanier auf der Bremse und krachte ins Heck von James Thompson (Lada), der seinem Rivalen anschließend die Meinung geigte.
Zeit genug hatten die beiden: Sowohl Monje als auch Thompson schieden auf der Stelle mit völlig ramponierten Fahrzeugen aus und verloren ihre Chance auf WM-Punkte. Die Wracks wurden indes überraschend schnell geborgen, sodass die Rennleitung nicht das Safety-Car bemühen musste. Für Oriola an der Spitze bedeutete das nichts anderes, als unbedingt die Flucht nach vorn anzutreten.
Schon ab Runde fünf fuhr der SEAT-Pilot jedoch mehr und mehr Kampflinie, um den von hinten Druck machenden Chevrolet von Muller auf Distanz zu halten. Letzterer zog alle Register seines Könnens, war aber nie nahe genug dran, um gefahrlos einen Überholversuch zu starten. Im Gegenteil: Tom Chilton (RML-Chevrolet) probierte es einmal bei seinem Teamkollegen, danach war aber Schluss.
Die Spannung hielt allerdings weiter an, denn in der Schlussphase des Rennens leistete sich Ex-Champion Gabriele Tarquini (Honda) einen Fehler. Der Italiener knallte über den Randstein einer Schikane hinweg, wurde ausgehebelt und prallte in Alex MacDowall (Bamboo-Chevrolet), der nicht den Hauch einer Chance hatte, der Kollision zu entgehen. Und dieses Mal kam das Safety-Car.
Minutenlang drehte das Feld in Schleichfahrt seine Runden, ehe die letzte Runde wieder unter Grün zu fahren war. Oriola machte seine Sache gut: Er erwischte einen guten Restart, setze sich etwas ab und brachte seinen SEAT nach 13 Umläufen auf dem Circuit de Marrakech sicher vor Muller über die Linie. Auf den weiteren Plätzen: Chilton vor James Nash (Bamboo-Chevrolet) und Marc Basseng (Münnich-SEAT).