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Uncle Sam ist zweiter Sieger

Die 49. Ausgabe des Daytona 500 brachte Drama, Schrott und Strategie - und den Beweis, dass die U.S. Army momentan einfach nirgends gewinnen kann.

Johannes.Gauglica@motorline.cc

Qualifying: Rookie & Ricky

Das Qualifikations-Procedere für die 500 Meilen von Daytona erklären zu wollen, ist Zeitverschwendung. Eine Unzahl NASCAR-Fans, Teammitgliedern und wahrscheinlich auch Offiziellen durchschauen es nicht, also tun wir uns das am besten gleich gar nicht an. Am Ende der massiv in den Medien abgehandelten Shootouts, Duels und Zwischenrennen sind jedenfalls 43 Autos qualifiziert. Ganz vorne in der Startaufstellung war David Gilliland.

Nie gehört? Im August 2006 landete der 30jährige einen fixen Drive im Nextel Cup, er ist also ein „Rookie“. Neben ihm einer im Spätherbst seiner Karriere: der für 2007 wieder aktivierte Veteran Ricky Rudd; beide fahren Ford, beide für Robert Yates Racing. Die Pole Position bedeutet für das Rennen selbst letztlich nicht viel, vor sieben Jahren hat der Polesitter zum letzten Mal auch tatsächlich gewonnen. In Reihe 2: Tony Stewart im schnellsten Chevy und Kurt Busch im flinkesten Dodge.

Linke Dinger

Wo war Toyota? - Acht Camry traten zum Qualifying an, vier waren am Ende qualifiziert, davon einer, nämlich Dale Jarrett, als „früherer Champion“ quasi ehrenhalber. Am besten war noch Michael Waltrip auf Platz 15, nach einer riesigen Kontroverse rund um sein Auto. NASCAR fand eine „illegale Substanz“ (wohlgemerkt: im Motor), daraufhin wurde der Crew Chief der Nummer 55 der Strecke verwiesen, Waltrip darf 100.000 Dollar blechen und startet die Saison mit Minus 100 Punkten!

Eine komplette Nullnummer verzeichnet das Team Red Bull, für beide Autos hieß es „Did Not Qualify“, es gibt noch viel zu tun. Phantastische Publicity also für Toyota, aber sie waren nicht die einzigen. In die letzte Reihe strafversetzt wurde der eigentlich auf Platz 4 qualifizierte Jeff Gordon – auch sein Chevy war bei der technischen Überprüfung „unregelmäßig“. Insgesamt wurden sechs Teams erwischt, NASCAR schlägt heuer mit voller Kraft zu.

Das Rennen: Kevin gegen die Army

Es war ein Krieg der Strategen: die einen verbissen sich in die Führung wie die Bulldoggen, so Polesitter Gilliland, dann die Brüder Kurt und Kyle Busch, und schließlich Tony Stewart – es nutzte ihnen nicht viel. Die anderen fuhren nach der Devise „heimlich, still & leise“ und tauchten erst gegen Ende quasi aus dem Nichts an der Spitze auf. Einer von ihnen war der bereits mehrmals zurückgetretene Mark Martin.

Es gab fünf „Yellows“ in diesem Rennen, und knapp vor dem Ende noch eine Rennunterbrechung. Stewart war gleich zweimal in Unfälle verwickelt, einmal in der Boxengasse (!) und nach einer zähen Aufholjagd dann 46 Runden vor Schluss, als er im Kampf mit Kurt Busch um die Führung kurz die Kontrolle über seinen Chevy verlor... – das war dann genug, um beide aus dem Bewerb zu reißen.

Die Gelbphase reduzierte die vorangegangenen zwei Stunden Arbeit in die Bedeutungslosigkeit, es wurde quer durchs Feld hart gefightet, zu hart für den im Mittelfeld gefangenen 2006er-Champion Jimmie Johnson: der Chevy krachte in die Mauer, flog zurück ins Feld und riss vier andere Autos mit (peinlicherweise ebenfalls Chevrolets). Ende einer mühsamen Dienstfahrt für die einen, Chance für einen letzten Boxenhalt für die anderen. Reifenpoker: Mark Martin im Chevy Nummer 01 in den Farben der U.S. Army fasste nur zwei neue Reifen aus, damit war er der Leader.

Aus Gelb wird Rot

In Runde 186 noch einmal gelbe Flaggen nach einem Unfall, wieder Blechschäden, glücklicherweise wieder keine Verletzten – und das Setup zum großen Finale: ein Sprint über zehn Runden bis ins Ziel. Die ersten Vier arbeiteten zusammen, Windschattentaktik an der Spitze des Feldes. Ende der Zusammenarbeit: sechs Runden vor Schluss musste sich Martin mit Zähnen und Klauen gegen Kyle Busch verteidigen.

Dahinter wurde in Dreierreihen um jeden Platz gekämpft – und es krachte nocheinmal. Dale jr. war betroffen, detto Truex, Montoya... – eine Reihe Autos und Wrackteile kugelte auf der Gegengeraden herum: rote Flagge, Rennabbruch!

Die Zeit arbeitete somit für Mark Martin, aber es würde einen kompletten Neustart geben, für zwei kurze Runden – ein „dash for cash“ nach über drei Stunden.

Demolition Derby

Dieses Finale war ein wildes Crash-Derby: Martin, zum 23. Mal in Daytona und bislang sieglos, hielt die längste Zeit Kyle Busch und alle anderen hinter sich, bis Kevin Harvick im Chevolet Nr. 29 einen guten Windschatten bekam und sich direkt neben Martins Nr. 01 katapultierte.

Die beiden lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ins Ziel – dahinter krachte es noch ein letztes Mal, ein Auto landete sogar auf dem Dach, Kyle Busch wurde ebenfalls aus dem Rennen gerissen. Mark Martin verteidigte sich mit allen Mitteln, aber Harvick schnappte mit 0,02 Sekunden Vorsprung dem populären Veteranen den Sieg weg.

Stimmen nach dem Rennen:

Mark Martin: traurig über die verpasste Chance oder stolz auf sein bestes Daytona 500 in 23 Jahren? - "Wahrscheinlich ein bisschen von beidem. Ich habe keinen Sieg in Daytona verlangt, ich wollte eine Chance - ich habe sie bekommen, und ich habe sie mir durch die Finger gleiten lassen. Mein Team hat mir das nötige Werkzeug gegeben, und ich hab es verpasst" - etwas Bitterkeit schwingt da mit, denn wer weiß, ob es für den 48-jährigen noch ein 24. Daytona 500 geben wird.

Sieger Kevin Harvick: „Wir haben unsere Schwierigkeiten gehabt, mit einem Loch im Kühler 20 Runden vor dem Ende, aber wir haben das Auto wieder repariert und haben uns zurückgearbeitet! Ich habe auch gewusst, dass ich sozusagen der „Böse“ sein werde, wenn ich Mark den Sieg wegnehme – aber ich bin einfach hart aufs Gas gestiegen und habe auf das Beste gehofft!“

Wortwechsel Harvick-Martin über die chaotischen letzten Minuten: „Am Schluss habe ich mich ganz oben an der Mauer gehalten, damit ich etwas möglichst wenig Hartes treffe, wenn’s soweit ist.“ - „Ich hab von all dem nichts bemerkt, ich war vorne!“ – „Es war hinter dir ganz unterhaltsam, glaub mir das!“ – „Ich kanns mir vorstellen, normalerweise bin ich da hinten und pralle von allen möglichen Hindernissen ab!“

Juan Pablo Montoya beendete einen mühsamen Arbeitstag auf Platz 19; kein Happy End gab es für Toyota - Platz 23 für Dale Jarrett war das allerhöchste der Gefühle.

Damit ist der NASCAR-Konvoi auf dem Weg durch die lange Saison 2007, gleich nächste Woche gibt es den nächsten Stop auf dem California Speedway.

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