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Hellcat

Jeep schenkt sich zum 75. Geburtstag den Trailcat: ein vor Kraft strotzender Koloss, von der Performance Abteilung Mopar auf 716 PS gepusht.

Jürgen Zöllter/mid

So griffig sein Name klingt, so griffig verzahnt sich auch die 39-Zoll-Bereifung mit dem Gestein: Jeep Trailcat. Ein katzenhaftes Wesen hat Mopar, die Performance-Abteilung von Chrysler/Dodge/Jeep, da geschaffen.

Der Trailcat kann selbst Pfade erobern, auf denen die Füße des Menschen entgleiten. Weil sie zu steil, zu glatt oder zu unwegsam sind. Damit wird der Zweisitzer zum Symbol des Freiheit spendenden und Natur erobernden Automobils.

Als solches soll er den 75. Geburtstag der Marke Jeep versüßen, den viele tausend Jeep-Fans in diesem Jahr in Utah feiern. Der Trailcat demonstriert die Vitalität der Marke, ist Beweis ihrer Dehnbarkeit und ein Dokument jener Größe, die Jeep zu dem gemacht hat, was sie heute ist: Die automobile Offroad-Marke schlechthin.

Zur Feier des Jahres nehmen wir im Jeep Trailcat das Allerheiligste der nordamerikanischen Offroad-Gemeinde unter vier "BF Goodrich Krawler KX"-Reifen: Canyonland um Moab. Zunächst erklimmen wir die Kommandozentrale rund 80 Zentimeter über dem Asphalt, drehen uns in Kohlefaser-Schalensitze ein, die wir aus der Dodge Viper kennen, und schließen das Außengatter.

Türen gibt es nicht. Zunächst auch keine Auffälligkeiten: Die Armaturentafel stammt vom Jeep Wrangler. Der Tacho reicht bis 100 mph, rund 160 km/h. Doch halt: der Schaltknauf mit eingraviertem giftgrünen Katzenkopf fällt auf und führt zu dem, was uns bewegt.

Wir drehen den Zündschlüssel und unsere Hand schnellt erschrocken zurück: Einem Kanonenschlag gleich, der den Wagen kräftig durchschüttelt, erwacht die stärkste Maschine, die jemals einen Jeep befeuerte. Aggressiv aufbellend, schamlos laut.

Mopar-Technikern ist es gelungen, das 6,2 Liter mächtige, von einem Kompressor beatmete V8-Aggregat aus dem Dodge Challenger SRT Hellcat in den Vorderwagen eines Wrangler zu zwängen. Dass der Wrangler im Verlauf nachfolgender Umbauten und Anpassungen gänzlich an Identität verlor, ist gewollt. Es entstand eine automobile Chimäre, halb Katze, halb Giftschlange. Wir springen los.

Das 527 kW/716 PS starke Höllentriebwerk ist mit einer Tremec Sechsgang-Handschaltbox kombiniert. Ein Automatikgetriebe, dass 880 Nm Drehmoment verkraften könnte, hat FCA nicht im Regal.

Und so muss dem Trailcat-Piloten eine stramme Wade beim Kuppeln helfen. Geschätzte zwei Zentimeter Kupplungsweg und das Monster schnellt mit einem Satz nach vorn. Gas, rasch kuppeln, in den zweiten Gang wechseln.

Am besten, man lässt die Hand gleich am Schaltknauf, denn schon wird die dritte Schaltstufe verlangt. Der V8 dreht explosiv hoch und drückt die Fuhre so vehement nach vorn, dass nur das schwere Kraftwerk vorn ein Aufrichten der Vorderwagens verhindert.

Auf dem Weg vom Wrangler zum Trailcat blieb kaum ein Bauteil unangetastet. Die Stoßstangen sind aus massivem Eisen geschmiedet, tragen vorn Zusatzscheinwerfer und hinten nichts. Alle Lampen leuchten mit LEDs.

Wegen des benötigten Bauraums für Motor und Getriebe wurde der Radstand um 30 auf 273 Zentimeter und mit ihm der Fahrzeugrahmen verlängert. Die Proportionen sind nun verändert, vom Wrangler überlebten nur Details.

Der nun längeren Motorhaube sind Power Domes gewachsen, die Windschutzscheibe baut fünf Zentimeter schmaler. An sie schließt der völlig neu konstruierte Rohrrahmen an, der als Überrollkäfig dient. Er bietet allerdings nur zwei Personen vorn entsprechende Kopffreiheit.

Im Fond findet der 90-Liter-Treibstofftank aus Aluminium Platz. Er liegt weit oberhalb des steinigen Untergrunds, über den diese Katze im Offroad-Einsatz kriecht. Jedoch ungeschützt vor Sonneneinstrahlung und lose mitgeführtem Gepäck. Wenigstens ein Schutzgitter sollte hier für minimale Sicherheit sorgen.

Die enorme Längsdynamik des Jeep Trailcat untermalt ein Orchester aus drei Musikanten, gewissermassen als Terzett. Den Rhythmus legt das bärige V8-Aggregat vor, und in den Gesang stimmen die grobstolligen Ballonreifen ein.

Die Benzinpumpe im Heck stammt aus einem Lkw. Sie muss den gewaltigen Durst des Höllentriebwerks stillen und kennt keine Zurückhaltung. Doch während das Hämmern des Kompressors durchaus virtuos klingt, unterlegt vom monotonen Gesang der Gummis, so möchte man die offenbar im Stimmbruch befindliche Benzinpumpe am liebsten einer Hormonbehandlung unterziehen. Ihr nerviges Fiepen und Schnarren ist einfach zu viel.

Daran ändert auch zunehmender Fahrtwind bei höherem Tempo nichts. Der bläst ebenso heftig um die Hüften wie ums Haupt und bringt die als Sonnenschutz gedachte, provisorisch gespannte Zeltbahn zu lautstarkem Flattern.

Ob die irrwitzige Motorleistung für den auf Ballonreifen tanzenden Jeep nicht durch elektronische Assistenten im Zaum gehalten werden müsse, fragen wir Jeep Markenchef Scott Tallon. Und der blickt fassungslos zurück: "Natürlich nicht!" Und wir verstehen: Der Trailcat verlangt mutige, verwegene, um nicht zu sagen "richtige" Männer. Zumindest solche, die ihr Selbstverständnis auf amerikanische Robustheit stützen.

Im Gelände spielt der Monster-Jeep sein katzenhaftes Wesen noch eindrucksvoller aus als auf Asphalt. Mächtige "Dana 60" Achsen an langhubigen "Fox"-Stoßdämpfern sorgen in Verbindung mit extrem knappen Überhängen vorn und hinten für eine Geländefähigkeit, die dem Mercedes Unimog nahe kommt.

Im ersten, sehr kurz übersetzten Gang arbeitet sich die Katze langsam, aber beständig voran. Dank sperrbarem Differenzial sorgen immer mindestens zwei bodenständige Räder für Traktion. Wir kraxeln Steilstufen hinauf und tasten uns in Schluchten hinab. Schon nach wenigen Kilometern möchte man dem Trailcat zutrauen, auch senkrechte Felswände zu erklimmen. Naja, nicht ganz.

Wird Jeep vom Trailcat zumindest eine Kleinserie auflegen? Scott Tallon betont, dass alle wesentlichen Bauteile über die Jeep Veredelungsabteilung Mopar zu beziehen seien und suggeriert, das jeder handwerklich geschickte Wrangler-Besitzer die Metamorphose zum Trailcat wagen könne.

Wer's nicht ganz so üppig braucht, wartet auf ein Derivat der neuen Wrangler-Generation, das ähnlich kompakt baut wie der Nachfolger des legendären Willys, der Jeep CJ-5 von 1954.

Er entstehe auf Basis des komplett neuen Wrangler, ist zu hören, und werde durch extreme Handlichkeit überzeugen. Doch die Verantwortlichen verschweigen, dass mit dem Einzelstück Jeep Shortcut (Bilder links) dessen Akzeptanz bereits heute abgeklopft wird.

Nach dem Motto "weniger ist mehr" verkürzten die Ingenieure einen zweitürigen Wrangler um 66 auf 351 Zentimeter, beließen den Radstand jedoch bei 243 Zentimeter. Durch minimalistisch ausgeführte Stoßfänger und den Verzicht aufs Reserverad wurden nochmals ein paar Zentimeter eingespart.

Und schließlich wird auf Türen und Dach ganz verzichtet. Das nahezu nackte Auto steht auf 17 Zoll-Stahlrädern mit 37 Zoll großen Schlammreifen, die sich über Dana 44 Achsen mit fünf Zentimeter verlängerten Federwegen abstützen.

Angetrieben von einem serienmäßigen V6-Aggregat mit 3,6 Liter Hubraum in Kombination mit einer Fünfgang-Automatik fährt der Shortcut wie ein Wrangler vor, der gerade vom Fließband tropfte. Nur eben befreit von allem, was nicht der Fortbewegung im Gelände dient.

Doch halt: zwei Airbags und Sicherheitsgurte überlebten die Diät, nicht aber die Kopfstützen. Die niedrigen Rückenlehnen der rot gemusterten Sitze im Retro-Look sind stilechte Repliken aus den 50er-Jahren.

Ob das Abspecken wirklich soweit gehen muss, werden wir 2017 sehen, wenn Jeep beginnt, seine ikonenhafte Wrangler-Baureihe aufzufächern. Die ersten Reaktionen der Jeep-Gemeinde auf den Shortcut sollten die Marken-Verantwortlichen überzeugen: Sie reichen von "Sofort bauen" bis "Alles sollte abwaschbar sein".

Zweifel am Erfolg des puristischen Wrangler gibt es nicht. Diese sind allerdings von der europäischen Zulassungsbehörde zu erwarten, die weniger Verständnis für automobile Ikonen aufbringt als ihr nordamerikanisches Pendant. Vielleicht sollten die Prüfer zum 76. Geburtstag der Marke die Canyonlands bereisen... natürlich in einem Jeep.

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