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Peter Klein im Exklusivinterview:
"Neid ist der Vater der Niederlage!"

Teil 2 des Exklusiv-Interviews mit dem langjährigen ORF-Reporter Peter Klein: Über Abenteuer, die Familie Stohl, Neid, Werbung und vieles mehr.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Peter Klein privat

Zweiter Teil, aber immer noch erste Etappe des mehrteiligen und auf drei Etappen aufgeteilten Exklusivinterviews mit dem langjährigen ORF-Reporter Peter Klein. Wir befinden uns immer noch im Flughafenrestaurant in Cardiff, wo soeben Manfred Stohl beim WM-Finale in Wales den zweiten Platz erobern konnte. Ein dunkler Dezembertag, wir warten gemütlich auf den Abflug, draußen steigen die Flugzeuge gen Himmel...

Sie haben vorhin gesagt, es würde Ihnen leicht fallen, in Pension zu gehen, mit gewissen Herrschaften nichts mehr zu tun zu haben. Fällt es Ihnen wirklich so leicht? Bei der Geschenkvergabe in der Hotellobby, wo Sie von OMV und Red Bull verabschiedet wurden, hatte ich schon das Gefühl, bei Ihnen ein bisschen Melancholie vernommen zu haben, wenn ich das so sagen darf? Das wundert mich aber auch nicht, wenn jemand so lang dabei ist - denn die Wales-Rallye war ja Ihre letzte WM-Rallye, nicht wahr?

Ja, das war meine letzte WM-Rallye und ich habe mich gefreut, als mir die Redaktion auf dem Weg vom Hotel hier her auf den Flughafen mitgeteilt hat, dass aufgrund der sensationellen Leistung von Manfred Stohl die Sendezeit um 50 Prozent erhöht wurde. Ich freue mich deshalb, weil ich aus der Redaktion ausscheide und ich mir denke, dass die Kollegen nun wissen, was der Manfred leistet. Und ich hoffe, dass sie auch bald wissen werden, was ein Andreas Aigner leistet.

Melancholie ist das eine, Gram das andere - Sie sind nicht vergrämt, oder?

Warum sollte ich auch vergrämt sein? Ich habe im Rallyesport so viele tolle Leute kennengelernt und ich habe so viele Abenteuer erlebt, ich könnte Bücher schreiben - alleine darüber, was ich in Indien erlebt habe. Als die Rallye beispielsweise umgeleitet wurde und wir hatten plötzlich kein Quartier mehr.

Klingt abenteuerlich. Wie haben Sie reagiert?

Wir sind in irgendeine kleine Ortschaft reingekommen - mit einer halben Millionen Einwohner - so ist halt eine kleine Ortschaft in Indien - und ich habe mir gedacht: 'So, okay, und wo schlafen wir jetzt?' In der Nacht ist es bekanntlich ziemlich kalt in Indien. Ich bin in eine Polizeistation und habe geschaut, welcher Polizist der dickste ist - weil das der Logik entsprechend der Chef ist. Den habe ich mit zehn Rupie bestochen und wir haben zwei Zellen gemietet und haben da drin übernachtet...

Das sind Erlebnisse, die man nicht mehr vergisst. Ich habe sicherlich auch sehr viel Freizeit in den Sport investiert. Auch eigenes Geld, das ich niemandem verrechnen konnte. Aber meine Erlebnisse kann mir keiner mehr nehmen. Und es gibt sicherlich Dinge, die ich erlebt habe, die ich nicht erzählen werde - die sind in meinem Herzen, in meinem Kopf, in meinen Gedanken.

Aber ich bin auch so emotionell dabei. Eines der schönsten Erlebnisse war 1985, als der Rudi Stohl als Letzter, als Zwanzigster sieben Minuten vor der Ausschlusstoleranz ins Ziel gekommen ist. Und ich schäme mich nicht zu sagen: Ich habe mich irgendwo hinter einem Mechanikerauto versteckt und habe geheult, wie der Manfred in Zypern Zweiter geworden ist. Das hat mich irrsinnig berührt. Ich war dabei, als der Franz Wittmann in Neuseeland gewonnen hat - das war auch ein WM-Lauf, aber halt nur ein kleiner WM-Lauf, bei dem es keine Werksbeteiligung gab.

Oder Raimund Baumschlager in Korsika. Eine unglaubliche Leistung von dem damals - ich weiß jetzt gar nicht, das muss auch schon wieder zwanzig Jahre her sein. Die Mechaniker, die aus zwei VWs einen gemacht haben. Baumschlager ist dort sicherlich die Rallye seines Lebens gefahren. Der hat, meiner Meinung nach, nie mehr nachher auch nur annähernd so eine Leistung bringen können wie dort. Er war damals verbittert, dass er einen Mann in einem Peugeot nicht hat schlagen können, das war ein gewisser Delecourt, der damals aber genauso unbekannt war wie der Baumschlager.

Hier in Wales sagte mir der Manfred Stohl, dass er noch nie so knapp vor einem Sieg gestanden sei. Grönholm hat ja einen kleinen Lapsus gebaut - es lag irgendwie in der Luft, dass Grönholm ausfallen könnte. Für Sie, für Ihre letzte WM-Rallye, wäre ein Sieg von Manfred Stohl doch der krönende Abschluss gewesen, oder?

Nein, nein. Das kann - auch für den Manfred, davon bin ich überzeugt - nur dann eine besondere Befriedigung sein, wenn der Grönholm als Zweiter hinter dem Manfred ins Ziel kommt. Aber wenn der Herr Grönholm ausfällt...natürlich muss man erst einmal ins Ziel kommen...

Aber der starke Werks-Ford, Grönholm ist noch dazu ein guter Fahrer - im Normalfall ist das ja unmöglich, oder? Es ist ja schon ein Wahnsinn, dass der Manfred überhaupt so weit vorne ist als Privatfahrer.

Der Manfred hatte von Haus aus solche guten Möglichkeiten und er hatte Gott sei Dank keinen Vater, der wie so eine Eislaufmutter über ihn saß - ich will da keinen Namen nennen, aber so etwas gibt es in Österreich auch. Aber Rudi Stohl hat den Manfred immer machen lassen - und der Manfred hat praktisch Step by Step gelernt. Denn eines muss man da auch dazusagen: Die Willenskraft der Stohls ist unglaublich, und auch deren Charakter.

Also mit einer guten Einstellung unterwegs.

(denkt lange nach) Der Manfred ist für mich von der Einstellung her - obwohl der Vergleich von der Optik her hinkt - ein Typ wie der Peter Seisenbacher war, den ich auch über viele Jahre hinweg begleitet habe. Der war immerhin Weltmeister, Europameister, ich glaube siebenfacher Militärweltmeister und zweimal Olympiasieger. Vom Kopf her, von der Willenskraft her, von der Einstellung her - Manfred hat zwar in der Saison 2006 ein bisschen geschwankt - aber das hat auch einen Grund, denn da war er hochschwanger. In Griechenland vor allem. Der Manfred war hochschwanger und hat mit entbunden und seine Einstellung zu seiner Familie und seine Liebe zu seiner Tochter - das ist für mich so etwas Wunderschönes, sodass ich nur den Hut ziehen kann.

Bleiben Sie jetzt, nach Ihrer Pensionierung, zuhause und verfolgen die Rallye über das Internet, beispielweise über motorline.cc - oder können Sie gar nicht anders als zu den Rallyes zu fahren?

Ich kann es zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Weil ich das ganze Jahr über versucht habe, Abstand zu gewinnen. Rallye hat mich fast dreißig Jahre lang begleitet. Der Rallyesport in Österreich interessiert mich nur sehr peripher - vor allem weil ich im Verlauf von vielen, vielen Jahren so viel Negatives und so viele Neider gesehen habe. Und vor allen Dingen: Es hat kaum einen Dank gegeben.

Ein undankbarer Job also...

Ja, ja. Man setzt alles als selbstverständlich voraus.

Jeder will vorkommen, jeder will erwähnt werden...

Natürlich. Jeder fragt: 'Warum der? Warum nicht ich?' Aber das hat es immer schon gegeben. Nur waren früher die Leistungen auch andere. Wenn ich mir heute die Qualität der österreichischen Rallyefahrer ansehe, dann muss ich sagen, dass diese noch immer über der Qualität der deutschen Rallyefahrer steht, aber sie hat bei weitem nicht mehr die Qualität der österreichischen Rallyefahrer in den Siebziger-, Achtziger- und auch noch Neunzigerjahren.

Das liegt vielleicht auch daran, dass es heute prinzipiell ein bisschen anders läuft, auch in der Rundstrecke. Früher gab es Fahrer ohne finanzielle Mittel, die auf abenteuerliche Weise Geld beschafft haben, wie zum Beispiel den Niki Lauda. Heute ist alles viel teurer, heute kannst du nicht mehr viel herumtricksen, du hast entweder einen großen Sponsor an der Hand oder eben nicht.

So sehe ich das nicht. Es gibt in Österreich nach wie vor sehr viele Motorsportler, die nach wie vor sehr viel Eigenkapital investieren - aus Liebe zum Sport.

Aber Geschichten wie die von einem Nigel Mansell, der mit seiner Frau gemeinsam am Streckenrand campiert - so etwas hört man heute nur noch selten.

Das war vielleicht mit ein Grund, zum Abschied eine Geschichte zu machen über zwei sehr, sehr positiv denkende aber doch schon ältere Personen, die eigentlich für ihre Generation ein Vorbild sein sollten. Und das wollte ich einfach herzeigen. Ich wollte damit auch älteren Leuten mit 50, 60 oder 70 sagen: 'Schau her! Was die noch alles können!' Der fährt von Vorarlberg ins Waldviertel mit irgendeinem uralten Ford auf seinem Autoanhänger und fährt dann damit die Rallye, kommt ins Ziel und wird halt 42. Super! Das war die Familie Adam - Hanide und Kurt Adam, er 70, sie 60. Beide fahren länger Rallye als der gute alte Rudolf Stohl.

Und diesen Abschiedsbeitrag hat man Ihnen übel genommen?

Das hat man mir übel genommen. Dass ich 'die wertvolle Sendezeit mit diesen beiden Herrschaften vergeuden' würde. Man hat sich sogar schriftlich darüber beim ORF beschwert. Und ich denke mir: Das ist nicht unbedingt eine meisterliche Einstellung.

Mir kommt vor, dass Ihnen die Menschen doch mit einem gewissen Respekt entgegentreten sind - sicherlich auch, weil Sie ja derjenige waren, der darüber bestimmt oder zumindest mit bestimmt hat, wer wie viel Sendezeit bekommt, wer erwähnt wird. Das ist sicher nicht leicht. Wissen Sie noch, wer Ihre Freunde sind?

Ich habe zu einer Zeit beim ORF begonnen, als ein gewisser Teddy Podgorski Sportchef war. Eine der ersten Pflichten, die ich von ihm gelernt habe war: Man darf sich, man sollte sich - als Reporter, Redakteur, Gestalter, wie man es immer auch bezeichnen will - nicht mit den Sportlern 'verhabern' also anfreunden. Das heißt: Ich muss immer 'Nein!' sagen können.

Ist das nicht schwer?

Nein. Man darf nur nicht geldgierig sein. Also ich kenne Journalisten, ich sage sicher keine Namen, die sind schon selig, wenn sie irgendwo acht Kugelschreiber mitnehmen können. Oder ich kann mich erinnern an eine Reporterlegende in Österreich. Der hat immer ganz genau gewusst, wann die Ansprache zu Ende geht - als dann der berühmte Satz 'Das Buffet ist eröffnet!' ausgesprochen wurde, hatte er den Teller auch schon in seinen Händen. Und hat sich dann natürlich auch noch das restliche Buffet einpacken lassen.

Solche Leute hat es immer gegeben. Und es wird sie auch immer geben. Es wird immer Journalisten geben, die zu einer Pressekonferenz gehen, sich ihre Informationen holen, dann in die Redaktion gehen und ihren Beitrag machen und es wird immer auch jene geben, die ganz genau wissen, wo welche Pressekonferenz stattfindet und die dort eben nur das Essen genießen.

Um dann mit vollem Bauch nichts zu schreiben...

Oder halt Alibigeschichten. Ich kann mich erinnern: Mir hat man auch nachgesagt, womit ich bestochen werde, das waren verschiedenste Dinge. Es hat nie jemand beweisen können und ich bin auch nie bestochen worden. Ich habe immer 'Nein!' sagen können. Aber ich habe immer 'Ja!' zum Sport und zu den Sportlern gesagt.

Weil Sie vorhin gesagt haben, man dürfe sich nicht mit den Sportlern 'verhabern': Wenn ich mit jemandem die Safari-Rallye erlebe, mit dem in einer Zelle übernachte und so weiter...

Dann bin ich aber mit dem Kamerateam unterwegs und nicht mit dem Sportler.

Trotzdem kann ich mir vorstellen, dass sich automatisch eine freundschaftliche Beziehung ergibt, wenn ich mit jemandem so viel erlebe wie Sie es mit Stohl erlebt haben. Das geht doch dann gar nicht anders.

Nein, das stimmt nicht. Ich kenne den Rudi Stohl seit 1976 - und ich bin am 30. Jahrestag unserer Bekanntschaft zum ersten Mal mit ihm zum Heurigen gegangen.

Das haben Sie absichtlich 30 Jahre lang vermieden?

Nein, das hat sich einfach nicht ergeben. Wir hatten ja unterschiedliche Interessen. Er hat viel gearbeitet, ich habe viel gearbeitet. Für mich gab es ja nicht nur den Rallyesport. Ich habe immer alles gemacht. Ich bin zu einer Zeit in den ORF gekommen, in der man alles lernen musste. Ich war 1976 bei den Olympischen Spielen in Innsbruck in der Früh im Nordischen Bereich Regieassistent und am Abend war ich der Reporter für Eishockey.

Aber ich denke mir halt: Es ist nichts Schlechtes, wenn man mit einem Sportler eine freundschaftliche Beziehung hat - wenn man dann trotzdem objektiv sein kann. Eine gute Freundschaft darf darunter auch nicht leiden, eigentlich.

Sicherlich nicht. Mit dem Rudi Stohl verbindet mich schon eine gewisse Freundschaft, es ist aber eine gegenseitige. Das ist keine Dankbarkeit von ihm - es gab ja auch Leute, die sagten: 'Hätte es den Klein nicht gegeben, dann hätte es auch den Stohl nicht gegeben!'. (lacht) Da muss ich aber umgekehrt sagen: 'Hätte es den Stohl nicht gegeben, dann hätte es den Klein nicht gegeben!' Weil mit dem Stohl bin ich eigentlich erst in den Rallyesport hineingewachsen.

Zeitgleich auch mit dem Franz Wittmann, das muss man schon auch sagen. Oder Sepp Haider und wie sie damals alle geheißen haben. Wir hatten wirklich Größen im Rallyesport. Wilfried Wiedner - mein Gott, es gab so viele! Aber eine wirkliche Freundschaft - ich kann nicht sagen, dass ich ein Freund des Manfred Stohl bin. Das geht ja gar nicht, ich bin 30 Jahre älter als er. Aber ich sehe mich schon ein bisschen als eine Art 'väterlichen Freund', der aber schon auch sagen kann: 'Lieber Freund, was du jetzt gerade getan hast, war absoluter Mist!'

So etwas sollte man in einer Freundschaft auch sagen können, wenn es der Wahrheit entspricht.

Ja, dieses Recht habe ich mir auch immer vorbehalten. Ich versuche immer - oder jetzt, am Ende muss ich sagen: ich habe immer versucht, einigermaßen korrekt zu bleiben. Das habe ich immer versucht. Beispielsweise die Sponsoren angenehm ins Bild zu bringen. Präpotent ist die aggressive Werbung, ich hasse diese Holzhammermethode. Ich hasse es, wenn einer ins Studio kommt und er hat sein Kapperl auf dem Kopf.

Warum?

Weil das ein schlechtes Benehmen ist. Es wird ihm aber vom Sponsor vorgeschrieben und wenn er das nicht tut, dann zieht man ihm halt Geld ab. Ich bedaure den einen oder anderen Sponsor, der darauf besteht. Aber da kann man nichts machen - das ist halt so. Aber ich nehme mir auch das Recht heraus und habe das auch das eine oder andere Mal getan - dem Sponsor zu sagen, dass das ein schlechtes Benehmen ist.

Und sie zwingen ihre Sportler zu Taten, die wir eigentlich gar nicht wollen. Ich verstehe schon, wenn man aus dem Rallyeauto steigt und sich das Reifenkapperl aufsetzen muss, oder das Getränkekapperl. Aber ich muss in einem geschlossenen Raum, bei einer Pressekonferenz, nicht rein gehen und das Kapperl aufhaben.

In der Formel 1 trauen sich die Fahrer oft gar nicht mehr etwas zu sagen - die viel zitierten Knebelverträge der Hersteller, die als Automobilkonzerne natürlich jede Negativwerbung im Keim ersticken wollen, damit aber dafür sorgen, dass die Piloten oft nur noch Worthülsen von sich geben. Ich kann einen Sportler gut verstehen, wenn er zur Sicherheit, bevor er etwas sagt, dass ihm Probleme bereiten könnte, lieber von Vorneherein so wenig wie möglich sagt.

Das ist schon richtig - das ist heute so, quer durch den Gemüsegarten des Sports. Das kann ein Segler genauso sein wie ein Marathonläufer oder ein Rallyefahrer. Die haben schon ihre Standardsätze drinnen. Ich persönlich glaube allerdings, dass es schon Sache des Journalisten ist, dementsprechend zu fragen. Wenn ich eine Standardfrage stelle oder wenn die Frage nur ein 'Ja' oder ein 'Nein' verlangt, dann war es kein Interview.

Ja...

Das heißt. Ich muss als Journalist oder als Reporter dazu fähig sein, dementsprechende Fragen zu stellen und auch nachzuhaken - und man darf das nicht als Gefälligkeit unter den Tisch fallen lassen. Das wäre dann ein schlechter Journalist, der sich mit dem begnügt, was das Gegenüber sagt. Es kann natürlich auch sein, dass man gar nicht nachhaken will, weil es einen ohnehin nicht besonders interessiert.

Ja. Wo man sich denkt: Was soll ich den jetzt noch fragen?

So ist es. Ich kann mich erinnern: Ich habe mit dem mir heute nicht sehr gut gesonnenen Raphael Sperrer...

Warum nicht gut gesonnen?

Das weiß ich nicht. Oder ich weiß es schon - weil ich ihn kritisiert habe und er das nicht vertragen hat. Aber ich habe mit ihm einmal eine ganz tolle Geschichte gemacht mit einem sensationellen Interview, bei einer Rallye in Südafrika. Ein ähnlich gutes Interview habe ich von ihm nie mehr gehört. Nie mehr! Darum glaube ich, dass es schon am Filmgestalter, Reporter oder Interviewer liegt, aus dem Menschen etwas heraus zu holen.

Klar - ich kann dir als Sportler vielleicht nicht sagen, welches Auto ich im nächsten Jahr fahren oder welches Pferd ich reiten werde - aber es ändert nichts an der Tatsache, dass man sehr wohl Emotionelles aus den Menschen herausholen kann. Wichtig ist natürlich auch, dass der Sportler das nötige Vertrauen zu dem Reporter hat. Und wenn er ihm sagt: 'Pass auf, ich sag dir was, aber das darfst du jetzt nicht schreiben, das ist offrecord!' - dann musst du dich auch daran halten.

Wenn Sie hier - auf dem Flughafen von Cardiff, nach dem WM-Finale und dem zweiten Platz von Manfred Stohl - in die Zukunft blicken: Sehen Sie einen Weltmeister mit Namen Manfred Stohl?

Ich würde den Manfred sehr gerne als Weltmeister sehen. Ich bin der Meinung, dass er den Zenit seines Könnens noch nicht ganz erreicht hat. Ich glaube aber nicht, dass der Manfred Weltmeister werden kann - weil er nicht jene Möglichkeiten bekommt, die andere erhalten.

Man muss sich nur den Sébastien Loeb ansehen. Ich habe mit dem Guy Fréquelin gesprochen, den ich seit mehr als zwanzig Jahren kenne und mit dem ich schon einmal einen fürchterlichen Abend verbringen durfte, mit einigen Flaschen Rotwein. Ich weiß: Der hat den Loeb liebevoll aufgebaut, über viele, viele Jahre und dann saß er im besten Auto. Was der Loeb an Trainingskilometern hat, das hat der Manfred nicht einmal an Rennkilometern.

Jemand, der das gesamte Film-Material der Wales-Rallye bearbeitet hat, sagte mir, dass der Manfred bei dieser Rallye keinen einzigen Fehler gemacht hat, als einziger! Sogar der Herr Grönholm hat sich einen Fehler erlaubt. Der Manfred hat unglaubliche Vorteile. Er kann ansagen. Der Manfred kann sagen: 'Jetzt!' Und der Manfred kann sagen: 'Morgen in der ersten Prüfung passiert dies oder das!' - und das passiert dann auch. Vom Speed her ist der Manfred ganz sicher voll dabei. Ich glaube, dass er ganz sicher noch ein gutes Jahr haben wird, vielleicht sogar zwei.

Mehr nicht?

Der Manfred war 2006 Vierter in der WM. Er kann unter guten Umständen noch einmal Dritter in der WM werden. Das ist doch ohnehin schon ein Wahnsinn. Bitte, wo haben wir jemanden, in irgendeiner Weltmeisterschaft, in den Top 3? Und ich liebe den Alexander Wurz, ich habe mit dem unglaubliche Geschichten gemacht für den 'Sport am Montag', als er noch Formel Ford gefahren ist, als er noch keinen Führerschein hatte.

Sie sprechen von der Wahl von Alex Wurz zum "Motorsportler des Jahres 2006"?

Ich vergönne es ihm - aber das zeigt ja auch wiederum die Stärke des Alexander Wurz, dass er bei der Preisübergabe nicht dabei war und halt gesagt hat, dass er Termine hat. Der Alex Wurz hat sicherlich Termine - aber er hat vor allen Dingen einen Charakter.

Das verbindet die beiden, den Manfred und den Alex.

Ja. Was ich damit sagen will: Einen Mann wie den Manfred, nur weil er im Jahr 2005 den Herrschaften den Spiegel vors Gesicht gehalten hat, strafweise nicht mehr zum 'Motorsportler des Jahres 2006' zu wählen - das ist eine derartige Lächerlichkeit, über die man sich eigentlich gar nicht mehr ärgern kann, wo man die Herrschaften nur bedauern kann für so ein armseliges Gremium.

Trotz der Erfolge von Manfred Stohl führt der Rallyesport im Vergleich zur Formel 1 in den Medien ein Stiefmütterchendasein.

Es ist halt auch schwierig. Wenn ich heute sage, dass ich für ein 'Sportbild' vier Minuten Sendezeit habe. Jetzt gebe ich einem Fahrer 20 Sekunden, da ist aber kein Interview dabei - da sieht man ihn am Start und dann fährt er weg und dazu noch eine weitere Kameraeinstellung. Da kann ich 12 Fahrer herzeigen - und habe kein Interview gespielt. Darum finde ich es auch gut, dass wir 'OSP', früher 'TW1', und das Motormagazin 'Drive' haben, wo auch die eine oder andere österreichische Veranstaltung reinflutscht. Das hängt zudem auch immer mit der Jahreszeit zusammen - in dem Moment, in dem die Formel 1-Saison beginnt, hat der Rallyesport in 'Drive' keinen Platz mehr.

Man darf eines nicht vergessen: es ist schon verdammt schwer, mit dem Aufwand, der mir gestattet wird beziehungsweise wurde, Sendezeiten zu füllen. Ich habe von der Waldviertel-Rallye für 'TW1' eine Stunde gemacht. Man muss einmal einen Film mit der Länge von einer Stunde machen - ich sage einmal sehr vorsichtig: Das schaffen nur ganz, ganz wenige.

Und ich habe Stundensendungen gemacht, da war die Rallye am Samstag vorbei, am Sonntag habe ich noch einen Beitrag für 'Sportbild' geschnitten und einen weiteren für 'Aktuell'. Dann habe ich noch begonnen, die eine Stunde zu schneiden, die musste ich am Montag fertig stellen, da musste ich zwischen vier und fünf Uhr synchronisieren gehen, weil es dafür später keinen Termin mehr gab.

Ich konnte mir nur Brücken bauen, ich konnte mir keinen Text schreiben - und sicherlich ist mir da der eine oder andere Versprecher oder die eine oder andere Fehlinformation passiert. Dafür gibt es auch keine Entschuldigung, denn der Zuschauer hat das Recht darauf, richtig und vollständig informiert zu werden. Oder jetzt habe ich 28 Minuten von der Wales-Rallye - und bedingt durch einen Todesfall und einen Spitalsbesuch habe ich dafür nur 1,5 Tage zur Verfügung, den Beitrag zu schneiden.

Da legen Sie dann selbst Hand an? Beim Schneiden?

Nein, nein - da habe ich schon einen Cutter. Aber was geschnitten wird und wie es geschnitten wird, die Thematik, die gebe ich vor. Den Text mache ich. Die Musik suche ich aus. Auch synchronisieren tue ich es.

Haben Sie jetzt schon im Kopf, welche Musik Sie für den Beitrag nehmen werden?

Ja. Die Musik habe ich schon ausgesucht. Manches ergibt sich erst vor Ort - aber das Meiste wird schon vorher durchdacht und vorbereitet. Die Geschichte mit der Familie Adam, auf die ich sehr stolz bin - da sind nach der Sendung 17 Mails gekommen, alle positiv. Da hatte ich auch fünf oder sechs verschiedene Musikstücke drinnen.

Kann man sich das so vorstellen, dass bei Ihnen zuhause jetzt ein Vierteljahrhundert Rallyegeschichte in Filmform lagert? Oder liegt das alles beim ORF?

Das liegt alles beim ORF. Die Produkte gehören ja auch dem ORF. Die Filme liegen alle im Archiv - und ich bin ziemlich sicher, dass man schon bald auf 'TW1' Beiträge aus den Achtziger- und Neunzigerjahren sehen wird. Wo wir die Rechteinhaber sind und das auch spielen können.

Sie beenden Ihre Karriere im ORF - aber würden Sie Interesse haben, wenn jetzt beispielsweise ein privater Sender bei Ihnen anfragen würde?

(überlegt) Wenn ich ehrlich bin: Österreich würde mich nicht interessieren.

Und die Rallye-WM?

Wenn die Voraussetzungen gegeben sind, auch finanzieller Natur - denn eines muss ich ehrlich dazusagen: Das gute Geld habe ich bei der Rallye nicht verdient. Das habe ich woanders verdient. Bei der Rallye war ich halt mit dem Herzen dabei. Mit Emotionen. Wenn das alles stimmen würde, dann könnte ich mir das vorstellen - ich hatte auch schon Angebote, aber wenn man von mir nur profitieren möchte, dann geht es natürlich nicht. Aber ansonsten bin ich sehr zufrieden und habe viele, viele andere Pläne hinsichtlich meiner Zukunft.

Gibt es etwas, das Sie den Rallyepiloten mit auf den Weg geben wollen?

Ja, den Satz: Neid ist der Vater der Niederlage.

Die weiteren Teile des mehrteiligen Gesprächs mit Peter Klein finden Sie in der Navigation rechts.

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