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„Ich hoffe nicht, dass der Katzenjammer weitergeht…“

Nach den Fahrern kommt in unserer Serie nun auch der erste Veranstalter zu Wort. Helmut Schöpf zeichnet für die OMV Rallye Waldviertel verantwortlich.

Manfred Wolf

Die Traditionsveranstaltung im Waldviertel geht heuer zum dritten Mal unter dem Kommando von Helmut Schöpf über die Bühne. Im Jahr 2002 hat der Mann aus Böheimkirchen die Organisation – und damit viel Arbeit und viele Sorgen übernommen.

Die Vorbereitungsarbeit auf die Veranstaltung am letzten Oktober-Wochenende hat bereits in vollem Umfang eingesetzt, dementsprechend gestresst ist Helmut Schöpf auch – für motorline.cc hat er sich aber dann doch Zeit genommen, um ein wenig näher auf die Frage „Quo Vadis Rallye-ÖM?“ einzugehen.

Die erste Frage ist klar: Wie soll es mit der Rallye-ÖM in den nächsten Jahren weitergehen? Was erscheint Dir aus Veranstaltersicht am Wichtigsten?

Da gibt es für mich eine relativ einfache Antwort: Die Rallye-Staatsmeisterschaft muss dorthin, wo sie die Mehrheit der Aktiven, der Fans, der Sponsoren und natürlich auch der Veranstalter haben will. Das Problem dabei ist jedoch, alle Wünsche und Meinungen unter einen, für alle akzeptablen, Hut zu bringen. Und wie wir alle wissen, ist das leider kein kleines, sondern ein Riesenproblem.

Bevor wir aber irgendwelche Konzepte entwickeln, muss vor allem eines klar sein: Die Aspekte, die jetzt diskutiert werden – das ewige Hin und Her welche Klassen, welche Meistertitel – die werden nichts grundsätzliches an der Situation ändern.

Man muss sich vor Augen halten, dass sich die schlechte Wirtschaftslage der letzten Jahre auch in dem von uns allen geliebten Rallyesport deutlich niedergeschlagen hat, und die Auswirkungen spüren alle Involvierten nur zu deutlich. Egal, von welcher Seite man die derzeitige Situation betrachtet, es ist einfach Fakt, dass die meisten Beteiligten in der Rallyeszene nur mehr auf Sparflamme ihre Aktivitäten aufrechterhalten können.

Und da wird es nichts daran ändern, wenn wir jetzt plötzlich nicht mehr Gruppe A, sondern Gruppe N fahren, oder umgekehrt. Wir, und damit meine ich die Rallye-ÖM mit all ihren Fahrern, Veranstaltern und Funktionären, müssen zu einer professionellen Serie werden.
Nur mit einem klaren Konzept, auf das sich alle Beteiligen geeinigt haben, kannst du dich vermarkten. Und Vermarktung ist das Wichtigste – wir brauchen einen Seriensponsor, da musst du dich verkaufen können. Vom Seriensponsor wiederum hängt der Fortbestand der Meisterschaft auf dem jetzigen Niveau ab.

Du meinst also, wenn kein Seriensponsor gefunden wird, dann wird es die Meisterschaft in der jetzigen Form nicht mehr geben?

Der Level der Veranstaltungen ist in den letzten drei Jahren deutlich gestiegen – und die Kosten auch. Momentan steht vielerorts nicht mehr das Geld zur Verfügung, dass man braucht, um diesen Level halten zu können. Das gilt für jeden, sei es für die Fahrer oder die Veranstalter.

Die finanzielle Basis jeder einzelnen Rallye ist eine speziell für die jeweilige Veranstaltung geltende Situation, und es kommt viel darauf an, wie bei der betreffenden Rallye mit den Gemeinden zusammengearbeitet wird und wie es mit der Unterstützung durch Sponsoren aussieht. Die bezahlen schließlich auch den Löwen-Anteil. Zusätzlich zu den 500,- bis 600,- Euro Nenngeld pro Team muss vom Veranstalter das Doppelte bis Dreifache über Sponsoren aufgebracht werden, um die Veranstaltung kostendeckend über die Bühne zu bringen.

Und genau hier wäre ein Seriensponsor natürlich extrem hilfreich. Denn dann wären die Veranstalter zumindest einen Teil ihrer Sorgen los Und nicht nur die Veranstalter. Grundsätzlich gilt für ein Team ja das Gleiche wie für eine Veranstaltung: Es geht nur mit einem gut gefüllten Geldbeutel, um ansprechende Leistungen garantieren zu können – gäbe es einen Seriensponsor, könnte man auch ein attraktives Preisgeld ausschütten.

Wie groß siehst Du die Chance, dass es für 2005 einen Seriensponsor gibt? Die OSK hat ja verlautbart, dass sie sich um einen Nachfolge-Sponsor nach dem Rückzug von T-Mobile kümmern würde.

Ob das wirklich etwas wird? Die Sponsoren sollten sich lieber gleich an die Veranstalter wenden – die OSK ist in solchen Dingen nicht unbedingt die richtige Adresse. Anfang des Jahres habe ich zum Beispiel ein eMail bekommen, in dem die OSK einen Veranstalter gebeten hat, dem Betreuer eines Rallyeteams Mediendaten zukommen zu lassen, weil er diese für Sponsoren bräuchte – und die OSK hätte keine… Dieses Beispiel lässt schon tief blicken: Wenn die OSK nicht einmal Mediendaten über die Rallye-ÖM besitzt, dann bin ich gespannt, mit welchen Argumenten ein Seriensponsor überzeugt werden soll.

Wieviel Geld müsste ein Seriensponsor mitbringen?

Das kann man so pauschal nur ungefähr sagen. Und es muss ja übrigens nicht ein einzelner Sponsor sein, es könnte ja auch ein Sponsoren-Pool sein, wo sich beispielsweise mehrere Partner aus der Wirtschaft zusammentun. Aber mit 300.000,- bis 500.000,- Euro pro Jahr sollte es sich ausgehen. Darin enthalten wären natürlich die Aufwendungen für TV-Verträge, Veranstalterunterstützung und auch ein stattliches Preisgeld für die Teams.

Gibt es überhaupt ein Konzept für eine Rallye-ÖM „neu“?

Es gibt mehrer Konzepte, Christian Weissengruber von der IQ Jänner Rallye hat ein grundsätzliches Konzept, das auch angeblich durch einen Sponsor unterstütz wird.
Ich hatte schon Anfang des Jahres ein Rohkonzept erstellt, dass alle österreichischen Rallyes – so viele sind es ja nicht – in die Meisterschaft einbinden würde, mit Punktesystem, mit Preisgeldsystem, mit allem drum und dran. Das habe ich an die OSK und an alle Veranstalter geschickt, mit der Bitte um Kritik/Meinungen/Kommentare/Vorschläge. Das Einzige, das ich gehört habe, war, dass man die Challenge und die ÖM ja nicht mischen dürfte… Ich hab’s momentan aufgegeben, in diese Richtung etwas zu versuchen.

Also ziehen die Veranstalter auch nicht an einem Strang?

Nein, ganz so ist es nicht. Aber für jeden Veranstalter haben solche Änderungen ja auch zwei Seiten. Auf der einen Seite bringt es dem Veranstalter und der Serie selbst etwas, aber auf der anderen Seite entstehen für den Veranstalter höhere Kosten. Wenn Du dann mit so einem Vorschlag kommst, dann sagt der – berechtigterweise – zu dir: Wie soll ich das finanzieren?

Und vor allem: Was für eine IQ-Jänner-Rallye gut und wichtig ist, kann vielleicht von den Organisatoren der Bosch-Rallye als völliger Blödsinn abgetan werden. Was in der Region Pyhrn-Eisenwurzen bei der Dunlop bestens funktioniert, kann zum Beispiel bei der ARBÖ Rallye Steiermark gar nicht gemacht werden.

Meist sind auch behördliche Auflagen und Richtlinien in den verschiedenen Bundesländern ein Hemmschuh für gewisse Aktivitäten, die eventuell in einem anderen Bundesland möglich sind und von den Fans dann vermisst werden.

Aber da beißt sich die Katze ja in den Schwanz: Weil mit einem potenten Seriensponsor würden wir Veranstalter uns ja leichter tun, dann käme von meinen Kollegen für gewisse Änderungen oder Neuerungen auch sicherlich leichter die Zustimmung.

Also wird der Katzenjammer über die Situation im österreichischen Rallyesport auch im nächsten Jahr weitergehen, oder wie?

Ich hoffe nicht. Trotz aller Schwierigkeiten: Dieses ewige Krankjammern tut unserem Sport nicht gut und hilft auch nicht wirklich weiter. Das muss auch die Fangemeinde einmal einsehen.

Die Kosten überrennen Teams und Veranstaltern und die Fans jammern und jammern und kommen nicht auf die Idee, mit den Aktiven an einem Strang zu ziehen um die Rallye-ÖM in eine attraktive Richtung zu lenken.

Wie sollen die Fans das bewerkstelligen?

Das fängt bei ganz einfachen Dingen an: Wenn sich zum Beispiel die Rallyefans ins Auto setzen und bei jeder bzw. bei möglichst vielen Veranstaltungen anwesend sein würden, anstatt sich im Internet darüber aufzuregen, dass die Online-Zeiten um fünf Minuten zu spät geliefert werden. Dann kommt Bewegung in die Region, die Fahrer, Sponsorenvertreter und TV-Zuschauer sehen viele Fans an den Sonderprüfungen und der Umsatz in den jeweiligen Regionen wird auch steigen, das bewirkt wiederum, dass die Behörden sowie die Gemeinde- und Wirtschaftsvertreter eine positivere Einstellung gegenüber dem Rallyesport bekommen.

Auch das Tabuthema „Eintritt“ darf einfach keines mehr sein. Sogar in Ungarn wurde bei der letzten Meisterschaftsrallye ein Eintritt von knapp über 8,- Euro verlangt – und auch bezahlt. Grundsätzlich muss mit der Meinung aufgeräumt werden, dass sich die Veranstalter dumm und dämlich verdienen und dass das Geld, das vom Fan kommt, irgendwo versickert.

Ich will jetzt wirklich nicht jammern, schließlich tu’ ich mir die Organisation der OMV Rallye Waldviertel ja freiwillig an. Aber das Geld vom Fan und auch der sogenannte „echte Fan“ in großer Zahl fehlt derzeit in der österreichischen Meisterschaft. Und genau deswegen ist auch das Sponsoren-Interesse und damit die finanzielle Basis der Teams und der Veranstalter gefährdet.

Jeder Veranstalter einer Rallye in Österreich und jedes einzelne, noch so kleine Team, tut sein Bestes, um guten Rallyesport zu bieten. Wenn diese Anstrengungen von den Zuschauern aber nicht honoriert werden, nutzt das gar nichts.

Wenn die Fans wieder zu den Rallyes fahren und sich nicht zu Schade sind, etwas länger als bis zur Nummer 15 an der Strecke zu verweilen, dann wird auch das Interesse der Sponsoren wieder ansteigen und damit auch die Möglichkeiten der Teams, attraktivere Fahrzeuge einzusetzen.

Das klingt wie ein Aufruf an die österreichischen Rallyefans. Was werden jetzt die Veranstalter, die Teams und die OSK machen, um das Optimale herauszuholen?

Das soll auch ein Aufruf sein. Natürlich wären mir persönlich ein paar WRC und KitCars auch das Liebste, aber bezahlen kann ich die nicht, das kann momentan keiner. Damit müssen sich die Fans endlich einmal abfinden. Und es ist ja nicht so, dass mit den „verbliebenen Autos“ schlechter Sport geboten wird, oder?

Aufgrund der finanziellen Situation und den Vorgaben der FIA und der OSK wird die Lösung für die ÖM 2005 sicherlich nicht einfach. Wir werden uns für die Saison 2005 einfach danach zu richten haben, was von den Teams und den Veranstaltern mit Hilfe der Sponsoren finanziert werden kann.

Ich glaube aber, dass im Rahmen der IG Rallye (Vereinigung der Rallye-ÖM-Veranstalter) in Zusammenarbeit mit den Aktiven und der OSK eine vielleicht nicht für alle wirklich optimale, aber doch akzeptable Lösung gefunden werden wird. Das Wichtigste für mich ist, dass jeder seine Daseinsberechtigung hat: Egal welcher Veranstalter, egal welches Team!

Wir danken für das Gespräch!

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